Uichtfreund der Gegenwart {chilpern, fo werfen fle ihnen,
gan; wie fte find, jitbifde Talare um, und fdhicten fie ins
fiebzehnte Sahrhundert nad) Holland, und damit ijt Wes
gethan. Wollen fie Moliere’s Scheinhetligen recht verftand-
Yich und geniefbar machen, fo verfabren fie folgendergeftalt:
Was ver franzofifehe Dichter ein mal fagt, fagen fie Drei
bis vier mal. Wus feinen furjen Andeutungen machen
fie ganze Wuftritte. Goldoni hat ein Lujtipiel ,, Moliere”
gefdrieben, in feiner gang fcherghaften, leichtfiiBigen Weife.
Jn diefem Sticke weih fic) Mtoliere die Mletder eines
Heuchlers in feiner Nachbarfdhaft gx verfdaffen, und fpielt
in ihnen zur grogen Beluftigung des Publicums феи Зи
tiffe. Diefen Bug laffen fic) unfere Dichter nidjt entgehen,
aber fie verbeffern und erheben ей абы oberflachliden
Stalidner, indem fie den didhtenden Schaufpieler tn’ der
Mase ver erjten Geridhtsperfon Frantretchs auftreten Laffer.
Auf den erften Blié erfcheint vies Wagitid abfurd; es
wilrde den Hof und die Stadt emport und der Abfid)t Mo-
Liere’S grade entgegengemirtt haben. Aud) ijt die alte Fabel
dah der Prafivent Lamoignon das Urbild des Tartiiffe ge-
wefen, von gtimdlichen frangififden Forfdern Lingft wider-
legt. Soll fic) aber eit Poet an foldhe Keinigkeiten Побен
Gewif eben fowenig als varan, dab gefchichtliche Nachrid)-
ten jeder Art uns Ludwig XIV. al8 einen Monarchen fait
pern, der bei allen feinen WAusfehweifungen die dufere Wiirde
im hochften Grade zu bewahren wufte, fo dak еек Зее
gtiff in der Borjtelfung aller Gebildeten mit fetner Perfon
gany verwachjen ijt, Goll deswegen etwa derfelbe Poet
die feine und gefehmadvolle Erfindung aufgeben, Diefen =
nig al8 einen Licherlichen Gant den Sehaufpielerinnen bis
in die Garderobe nachlaufen zu Laffer? Ganz ebenjo vers
Halt e8 fic, wenn in einem dritten Sticke ein Lied, weldes
der einundswamighibrige Slingling Goethe unter gang bez
{timmten Unjtinden fiir ein deutfdhes Marcher gemacht,
{chon von dent gwolfjabrigen Knaben als Lebhaber einer
паи фен Schaufpielerin und zwar in frangojifder Spracje
gedichtet wird, Damit ein Frangofe feine tinftige Grife den
Deutihen alS Prophet verfiinden мии. Фей das nicht
emt, was man in jener Beit alS miglid) voransjegen
fann, mit einer erjtaunlichen poetifchen Rihnbett Troy bie-
ten? Und wwiirde. der Didter der Minna von Barnhelm
nicht feinen glitclicjen Nachfolger beneidet haben, wenn er
geagudet hatte, was man einen Framojen in Der Beit des
fiebenjdbrigen Krieges auf bem Theater denfen und aus-
fprechen au (afer berechtigt ijt? Nur das begreife id) nicht,
wie dem veutidhen Publicum in der Stelle, die Du mir
mittheilft, Vernadlapiguug der Dramen und Lujtfpiele der
jiingiten Vergangenheit vorgeworfen werden fann, da die
fanmilichen Stiee, dic ich Div al8 Beifpiele angefithrt, aller
Orten mit grokem Beifall aufgenommen worden find.”
So hat mein Freund gefpredyer und mid) vollfommen
liberzengt. Sch weif nun, Dak wit Shatspeare vollfontmen
fiberwunten haben, nicht nur im Urtheil tiber thn, fondern
aud Ш Тех Ума феи Kunjt. Und teh habe mir ge-
{obt, mir nie wieder durch) Das Anfehen oder Lefen eines
feiner ФН „беден ана“ и bereiten. xX.
	Cin Oefpradh.
	Cajus. Sie рабей ме Зие умшемияии 8 сим Ende
Der Mdrz-Nummer gelefen; was fagen Sie dazu, Daf man
Dergleichen jet wieder abpruct ?

Vittus. C8 hat mich gewundert.

Cajus. Nicht wahr?

Vitius. Gewundert, dak man diefe Briefe nicht langft
wieder abgebdructt hat.

Cajus. Wie?

Litius, Und dag man, wenn e8 endlich gefchieht,
nidht grogere Schrift dazu walt, diefe golonen Worte nicht
an die Spike der Nummer ftellt, ftatt at bas Cube, wo
fie fich wie Uicenbiiger ausnehmen.

Cajus. Ste fcerzen.

Titings. Der Spaf vergebht cinem wobl, wenn man
an bas deutiche Theater erinnert wird.

Cajugs. Oder wenn Ste im Ernjt reden, fSunen Ste
doch mur dad Theater yu Anmmermann’s Beit meinen. Was -
rum fol aber Wiles, was ein Huger Mann yu feiner
Beit Kiuges gejagt hat, fie alle Bett Recht behalten?
G8 hringt mich numer anf, wenn mir zugemuthet wird, ar
gewilfen Unftecblicen nicht bas geringlte Sterbliche gu febert.
7 BGolone Worte!” Warum anders werden wir mit der Zeit
gu armen Teufeln, alS weil wir die Crbjchajt der gofonen
Worte unfrer When fo begierig und glaubiq antreten, daf
wit gang dariiber verfdumen, in unfre eignen Schachte eine
gufabren. Ya und ware noch Wes Gold, was glangt!

Titinus. Wenn jene Briefe glangen, fo ift e8 dod vor
Ulem их ihre Cinfachheit. Fr Uebvigen witnfde ich
ею Shnen, dak das Gold darin ither hundert Sabre
auger Surs fein моде.

Cajus. Sie haben viel Geduld.

Vitinus. Hatte ich weniger, fle ware mix {ing{t aus-
gegangen. Oder glauben Ste wirflid), dak e8 in filxjerer
rift mit unferer Birhue beffer ftehen werde?

Cajus. 94 glaube noch mehr, dag e8 heut fchon
beffer mit thr fteht, und gerade рати ereifre id) mich ge-
gett Das Sichanflammern an Unfidtet, die vor dreifig Gah=
ren den Nagel auf dew Kopf getroffen haben migen und
Heut nur das Werdende entmuthigen und das Gewordene
in ein fcjiefes Licht ftellen Шииен. Over fann man ju
einer Beit, wo Ranfe’s, Sdjfoffer’s, Mommifjen’s und wie
viel Anderer Werke зи VolfShitdern werden, wirklich nod
von hiftorijden Dramen abrathen, weil e3 uns Deutfden
an gefchichtlichem Ginn feble? wirflich nod) ,da8 Haus-
lide, Gentimentale” infer LebenSelement” nennen, und
Darumt etfrig yu einer mbglichft freien Behandlung biftori-
fher Stoffe gureden, da May und Thelfa dem Publifum
rod) am Ende alfein bie Mithe, ren Wallenftein gu fehen,
vergitten ?

Viting. Auf welche diefer beiren Fragen joll ich su-
exft antworten ?

Cajus. Wenn Sie itherhaupt cine Antwort haben,
fo wird e3 wohl an Giner genug fein; denn duft dies
Wes nicht auf vaffelbe hinaus, auf vas BVerhaltniz des
Lramas yur Hiftorie ?

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