Erfenninif. Pifder begetdnet den Weg, der hier gu madyen war, purch gwei Perfdnligfeiten, pie einander al8 charaftervolle Hohen- puntte gegentiberftehen: purd) ben Bhilofophen Kant und den Dichter Goethe. ,, Und gwifden diefen beiden fo verfdhiedenartigen Geiftern, von denen der eine die menfdliche Ratur mit fritifdem Scatfinn jerlegt, wihrend fie der andre in ihrer Lebensfiille vidhtet, fteht Schiller in einer beweglicen Mitte: er durdmift ven geiftigen Qwifdenraum, der jene beiten trennt; er gebt, i= dem ev philofophirt, von Kant zu Goethe Over, um eS anders auggudritden: ev evfiillt vie Wufgabe fiir fic) wie fiir pie Wiffen- fcjaft, die beqriffltche ErfenntnifE gu der Hibe hinanfgufiihren, die per Kiinftler Goethe, im lebendigem Zujammenhang mit der Natur, fdon erftiegen hatte, und dem gereiften Afthetifden Bez wuptfein, ver gangen afthetifden Weltanfdanung feiner Beit den wiirdigften, den wiffenfcaftliden Wusdrud gu geben. Wls [Фен haben wir feine philofophifden Whhantlungen gu betradyten. Schiller ward nit erft durd) Kant der philofophifden Be- tradhtung gugefiibrt. Wie febr ev davanf angelegt war, fid) grade auf diefem Wege gur filuftlerifdren Meeifterfdaft ourdguringen, weist Gifder febr Мат und fain an den Antecedentien nach, die nod) an der Griinze von fiinftlerifder und philofophifher Welt betradtung ftehn. Che Schiller mit dev Kantifden Philofophic irgendwie befaunt geworben, aihmet er ihren Geift fdon in feinen mpbhilofophifden Briefer (1786 bis 1789), die tu ihren Meful- taten, im Begviff ver Tugend und м реш Зее паб ЯН der menfdliden RKrafte, durdaus von ihm erfiillt find. Gon „ое ЯВ aber tragen den Bwiefpalt gur Sdyau, den Schiller hinfort auf wiffenfdjaftlidem QWege gu [dfen unternimmt: das unfidere Sdhwanlen gwifden der movalifcden und der afthetifden Uufgabe rer Kunft. Bon vem moralifden Gefidtspuntt fam er her, Sn diefem Ginne batte er fic) fcyon Sfter ausgefproden. Wud feine friiheren Dichtungen verleugnen diefe Gefinnung nidt, verrathen fie in manden unreinen Clementen. Der freie fittlide Зе сей ihm nur in dev abfoluten Herrfdaft iter die finnlide Natur. Wenn pie Kunft fret und gbttlidy tft, was fann fie da anbderc8 wollen, al8 movalifd@en Sweden dienen? — Yun fand er endlid) in Kant’s fritifden Werke diefe moralifde Rich. tung 3ufammenhdngend ausgeiproden, fyftematijdy befeftigt, Bu- qleid) aber fay er aud) die Uufgabe vollbradt, die Erfenntnife- vermigen des Menfden ihrer ganjen Bedeutung nach) gu unter- fuchen. G8 war feine Bhilofophie, die er hier in grokem Sinne und mit ftrenger Methode gum Wusdrud gefommen fah; dak er fofort ihr Anhanger ward, fann uns in feiner Weije befrembden, ein Bug ver innerlidften Bermandt(dhaft fithrte den Dichter in pas Lager der fritifden Philofophen. Hier aber orangt es ibn nun aud) fofort gu feiner eigenen Mufgabe juriid. Bon hier aus pas Wefen rer Munft zu begreifer, — diefe Mtdglidfeit mu ihm geboten fein, vied tieffte Vediirfnrig mug er befriedigen Eonnen, fonft hatte alle Bhilofophie nur ein auerlidjed Sutereffe fiir ihn. Wie er nun diefe Wnfgabe, von Kant ausgelhend, unter wedfeln- pen Gefidtapuntten, ourd) die miihevollfte Arbeit vordvingend, ето feiner Anlage gem erfiidt und als unabbangiger Gr- oberer dafteyt, um das gewornene Bewnstfein fortan in den Sdhipfungen feiner Fitnftlerifrjen Meifteridaft anggubveiten, hat per Verfaffer mit mufterhafter Karheit dargeftellt. Im Geifte der Kantfdhen Philofophie beginnt Gdiller, unv fo erfdeint thu denn gundchft die Kunft unter dem moralifden Gefidytspuntt, unter dem fie nothwendiger Weife unnatiirlicsen Bwang erleiden mug; aber in dem Didter Fann fid) viefe GCinfeitigteit per 1b ftvaction nidjt Longe bebanpten, und {don in, Anmuth un Wiirde” wei cx cine Brite yu finden, Lie aus dem eid) des nur auf fic) beruhenden Сейв in die finnlide Natur hintiber- (Не. Wit dent Begriff dev fittliden Grazie entfernt fid) Sdiller Jchinen Klarheit, уе alle Gdwierigheiten begrifflidher Cntwide: Kung weg3urdiumen und fid) unmittelbar an das Verftandnif und die Empfanglidfeit res ЗибИНии8 gu wenden wei. Зи рихф: aus anderer Behandlung tvitt ptefelbe Wufgabe in einer frither (1854) erfdienenen Whhandlung von Wilhelm GHemfen * auf, — die bet ЦИ im fetnerlei Weife Erwahnung gefunden hat. Gifdhers geiftretd) populdve Darftellung geht hauptfadlid darauf aus, die philojophifde Chitigheit pes Didsters als pen Gang feiner nothwenrigen inneren библия зи faffen md als foldben tiberfidjtlid), mit fiebevoller Hingabe darguftellen; — Hemfen fudt vor Wem Феи Шефа ен Феи, dev in Schillers Arbeiten niedergelegt ift, gufammengufaffen und ans gupragen, und indent ev died Gefdaft mit fiderem Bewufstfein bon der Vereutung ver Sdhiller fdien Philofophie vollgieht, halt ev Purdjans bavan feft, itberall aud) ihre Grangen und das Bee vingte ihrer Grfolge nadguweifen und mit ansfitbrlider RKritit, wie fie der jebige Standpuntt per Wifferfdhaft an vie Hand giebt, den veinen Gewiin vom Mangelhaften und Buviicbleibenden gu foudern, Bei Sifder flieRt denn anc) ver BVortrag bequem ind leicht dabin, und man michte fagen, dak er dad einfade Hans- flein des Philofophen in gierlidhe Falten geworfen und angenelm arvangirt hat; Hemfen im Gegentheil fonumt e8 darauf an, fetnen Maun hei jeder guten Gelegenheit зи unterbreden und thm tn ftvengftem Deutfdy feine Whirrungen nachgurednen, vamit die bleibente Wahrheit um fo reiner und fdirfer gu Tage tvitt. Hemfen fommt e& nur auf ven Gebhalt, Pifder auch auf vie Darfrellumg vesfelben an. Mnf einen fritheren Bortrag ves Verfaffers, „ре Фей бе: Fenntutife Scjillers,“ ift int Suniheft des Literaturblatts anfmert: fam gemadt. Der gegenwartige fann als cine Fortfesung des felben betrachtet werden; ev fitiipft da an, wo jener aufhirt, de ex das philofophifde Treiben Schillevs in feinem ganzen Verlauf betrachtet. Gifdher verfteht e8, aus dew vorbereitenden Anfangen, aus bem, was fic) nod) etnfam in der Bruft des raifonnirenden Didhters anfphint, die Grunvlage wie die Mothwenvdigteit ver fernern Gntwidelimg gwanglos herguleiten. Sdillers geiftige Organifation tragt von vornberein dex ZBwiefpalt in fic, ven nur er jelbft gu Lifer im Etande fein wird: bas hidfte Bee diivfuif des Geijtes nach freier, fdhranfenlofer Bethatigung, das lebhaftefte Bewuftfein von per Hoheit ves iiber ber Sinntidhfeit fichenden movalifden Menfdjen, ven letdenfdhaftlidyen Trieb, eben diefen cinfettig zur Hohe bhinanfzufithven, — amd baneber den vollen Jnjtinft fitr harmonifde Ansgleichung von Geift und Natur, von Idee und Wirkliftett, ohne vie der Kitnftler in ihm ju Grune gehen miipte. Nur eine fo angelegte Grife fonnte den Streit gum Austrag bringen, der die geiftige Welt nod) immer ungeftiim bewegte. Indem ex nit Гебен они, ohne den snbalt ver beiten Parteien in ganzer Fiille in fic aunfgunehmen, ward ¢8 fir ihn aud) unerlaglic), dicfen Doppel- inhalt, dev die Ginheit feines Wefens jerriffZ, yu einer Verfoy- UNG gu yWingen, gegen die den Streitenden feine Appellation mehr ithrig blieb. Nur anf objettivem Gebtet fonnte er Dtefen innerliden Kampf anéfedten; unt fo ward der Weg, auf dem ex fic) fein voles harmonifdes Dafein miihvotl guriideroberte, gugleid) die Bahn der freien Wiffenfdaft, auf ber fie von der Sinfeitigtett der fubjeftiven Wbftraction gut concreterer Grfenntnif bordrang. An ven Begriff tes @фёнен, vas Geift wu Sinnlidfteit gu freiev Harmonie veveinigt, fuiipft ИФ diefer Fortfdvitt per * Sahiller’s Anfichten fiber SGHinheit und Kunft im 3ufammens hange getwitrdigt, Suaugural-Differtation von IW. Gefen. — Gite tingen 1854.