won Kant, und der afthetifde Gefichispuntt tritt neben den
moralifden. Oder, пе Эф fagt, „008 movralifde Зое
ftellte fics fchon guriicd gegen dad afthetifde, e8 hatte fid) mit
сеет ausgefshnt, eS war nicht weit entfernt, fid) demfelben un-
terzrorpnen. War in den Kiinftlern die Scdnheit nuv erft die
Porftufe und vas unvollfommene Ginnbild pes Guten qewefen,
	jo ефаиЕё fie jeBt al8 еси ФьоЦеиоииа. War e8 ти die
	moralifde und tntellectnelle Crgtehung des Weenfdjert, der dre
RKunft vient, fo wird eS jewt die dfthetifde Crztehung,
weldje vie Kunft madt.” Зи diefem Mefultat gelangt Sdiller
in den Briefen iiber vie afthetifde Erziehung des Mrenfden, —
in denen fich, wie Fifer febr vidjtig fagt, die Phtlofophie unferes
Didters als ein Ganzed wiederholt und entwidelt. Und hier
tritt nun in der That der ее Фура ber den
moralifgen; — aber e8 gefdieht erft im Berlauf der Ahhandlung
felbft, und Anfang und Ende derfelben ftimmen nicht mehr gu-
fammen. Die abfdlieende fcone Darftellung des afthettfden
Staats (neben dem dynamifden und ethifden) zeigt uns erft
gang und vollftindig, wobtn der philofophirende Didjter gefom=
men tft: vom freien politifden Staat ging ev aus, gu dem die
fine Kultur hinfiihren follte— und nun bletbt ev bei dtefer,
alg dem Lesten Eudpunkt feiner Unterfudjung, befriedigt ftehn.
pmMitten in dem furdtharen Mei) der Krdfte und mitten in dem
heiligen Reid) ver Gefege haut der afthetifdhe Bilbungsirieb un-
permerft am einem dvritien frdblidjen Weide des Spiels und des
Sens, worin er dem Menfden die Feffeln aller Verhaltniffe
abnimmt, und ihn von Wem, was Bwang heikt, fowohl ии
Phvfifden, als im Mtoralifden, enthindet.... Greiheit gu geber
purd Freiheit, ift pas Grundgefes diefes Meids, Der Бупаш Фе
Staat fann vie Gefellfchaft blos miglidy madjen, indem er die Natur
pur Natur bezahmt; der ethifde Staat fann fie blog anovalijd)
nothwendig madden, tndem ev ben etngefnen Willen. vem allge-
meinen unterwirft; der afthetifde Staat allein Fann fie wirflid
maden, weil ev den Willen des Gangen durd) die Natur des
Sndivinuums oollzielht.”

Shiller ift nun da angefommen, wohin er wollte. 8 ift
Goethe jche Unfdauung, die bler in wiffenfdjaftliden Formen
auftritt. Das heilige Priefterthum der Kunft, vas fiir Schiller
von je die innerfte Quelle des Schaffens war, ift hier in feiner
reinften Gorm zum Wusdrud gelangt; jest dient e midjt frembden,
hiberen Qweden mehr, eS trigt fetnen hsdften Zwek in fic
felbft. Denn der Inhalt dev Kunft tft thm nun der Inhalt dev
fhinen Menfeyheit itberhaupt; e8 giebt nun nidjts mehr, dag
parliber hinangginge, und was die Kunft fonft nur begritnden
und vorberetten follte, das erfiillt, pag vollendet fie aud. Go
find wir benn in einem mbfteridjen Birkel herumgefiihrt; WUnfang
und Ende flieBen in einander. G8 mu dies als der hervor-
ragendfte Mangel ver Schiller fden Philojophte betradjtet werden.
Weder Fifer mod) Hemjen haben ihn tthergangen; aber ed geigt
fi) hier wieder der groke Unterfdied in threr Darftellungsweife.
Hemfen betont audy hier mit aller Strenge, was heutiges Wiffer
und heutige Unfdauung in Sdhillevs Philofophte hetimpfen mug:
poer afthetifde Staat, der Staat des fahinen Sdjeins edt den
Gtaat der Freiheit, der uns im Anfang als Wofdlug verfindet
war. Da haben wir eine unfidtbave Kivdje der reinen Menfdj-
eit, die in ihrer hohen Sudiffeveng einer villigen Entfremoung
von vem Gebiete der fittlidhen Freiheit, ver Welt es Handelns
anheim fallen тиб.” УНфег Ронин im Grunde wohl gu den
ли ен Refultat; aber es liegt ihm nidjt baran, e8 energifd)
ansauipreden. Gr geht viel gu febr bavauf aus, Sdillers ganjes
	philofophifdes Gein in anfdaulichem Rujammenbange dargue
	ftellen und fitv das Publitum gu appretiven, al8 ав её Бег jeder
Geleqenheit feinen Schriftftetler corrigiven То. Wher wie ge-
	winneny aud die Letdttgtett und Klarheit tft, mit dev er Dreyer
geiftiget Cniwidelungsgang veproducivt, fo vevmiffen wir dod
zumeilert eben jene Kvitif, bie Hemfen um fo confequenter und
umftindlider ausiibt Denn der Fall ijt ein ganz befoudever.
Gdhiller ift nirgends ver fyftematificende Philojoph, ver rie Spee
culation nur um der Speculation willen treibt; er bemabhrt fid
immer al8 dev Kitnfiler, dem die fpeculative Chatigteit fid) als
Hervgzensface arnheftet, der fid) iby hingeben muk, weil er fte mur
jo von fid) abmazen und begwingen fann. Und daber fptelen
ии aud in feinen Unterfuchungen Hinftlerijde Divinatton,
firenge Wethove und rbetorifder Wufjdwung neben und durdy
einanbder; ber Widerfprud) diejer ringenden Elemente bleibt nicht
aus, und die einfeitig ihren Weg verfolgende Whftraction tretht
fic) felbft in Confequengen hinein, bei denen fic) ver angithende
Dichter nidjt auf die Dauer wird berubigen Юииен. Hemfen
nut bewahrt iiberall ven fidheren Taft, diefe Confequenjzen зи=
rlidsumeifen, um nicht den wabrhaften Fortfdritt per Speculation
mit den WAbiveungen zu confundiven, vie eit allgu jubjeltives
Spiel ves Gedanfens evgengt; er gerfprengt damit freilid) aud)
das gefdloffene Bild ber Perfinlidteit, und behdlt nur das in
Handen, was als objectiver Gewinn fiir vie Wiffenfdaft gelten
foll. Sifder thut vow dem allem mur das Gegentheil; unr dod)
erfdeint e8 ung, al8 hatte das Verfahren des Cinen und des
Wndern fehr wohl veveinigt werden finnen. Wm lebhafteften
empfinben wir died, wo Pifder gu der Abhandlung ,iiber naive
und fentimentalifhe Didtung’ gelangt. Gdjiller, ber fidy nady
langer Geiftedarbett ben aAfthetifhen Stat aufgebaut und ein
objectives Bringip fitr bas Sdine aufgefunden, hat mim nod)
ein tieffted Beniirfuif gu befriedigen: das Wefjen der Kunft auf
feinem befonderen Gebiet und in der Mitdfidt auf feine cigene
Untage gu beqreifer. Go weit ev died vermodt hat, ift es mit
berwunderungsmitrdiger Ginfidt in eben diefer Whhandlung ge-
fdehen; und ЗИ darf fie febr wohl ,,Schillers ajthetifde
Selbfterfenninif’ nennen. Wher diefe Selbfierfenninig hat purdj-
aus ihre Schranten. Gie fpringt mar gu oft in die zweifelhafte
Yolle hinein, als Medtfertiqung aufgutreten, und gerdth fo
int Ginfeitigfeiten, aus denen fid) der reinere Inftinft des Diditers
nur auf Koften der Logifden Bermittelung wieder herawsfindet.
Diefer gebeimen Redtfertigung, wie ver Meinheit der Abftraction
git Liebe treibt er den Gegenfats des naive und des fentimenta-
lifhen Didters bis ins lebte Crtrem, wo Beive anfhiven, wahre
Dichter zu fein; und nadjdem er died Spiel vollftindig purdge-
fiibrt, mu er am Ende dod) geftehu, ,,daf weder der naive, nod)
der fentimentalifehe Chavatter, fiir fic) allein betrachtet, das Jdeal
finer еше gang erfdipfer, 218 ‘mur aus der innigen
Verbindung beider hervorgehen tann.” Die Speculation ое ИБ
in, das abftvacte Sveal ver reinen Kunft mit dem Iveal feines
befonderen Gebiets, der Poefié, zu verwedfeln, und fo ftellt er
pas Urbilr eines gang eigenthiimlidjen Joylls auf, das, fo finn:
poll e8 erdadt ift, feinen Widerfprudy und feine Unmbglichteit
in fic) trigt; der ,Begriff eines vdllig aufgelisten RKampfes”,
wo ,,atler Gegenfag ver Wirklidjfeit mit rem Jveale aufgehoben
fei’ und ,,die Iuhe der Vollendung’ ,,vor rem Sefithle eines
unendliden Bermbgens hegleitet werde”, ift ein Begriff, pew
pie Poefie in Feiner Weije varftellen, den uur eine ungewshulidye
Kraft der Wbftraction fefthalten und auf fic) пебщен Fann. Wher
Shiller fann fic} ancy foo fm midjften Gake den Sinwurf
nicht erfparen, wie fcjwierig ¢8 in déefer vorgeftellten reinen Did:
tung werren mug, „№ Bewegung hervorzubringen, ohne
weldye dod) iiberall ше росе Wirking fic) penfen apt”.
Und bet allem Drang ivealer Begetiterung hat ver Dichter die
Aunfgabe, die der Philofoplh ihm ftellte, niemals Шен иен;
penn fie war nidt zu [dfen.