ber griechifden Welt madhten, und nun dennod) feine Gchiloerungen gegenitber unferen heutigen reineren Gefchidhtéanfdyauungen nidjt mehr genieRbar findet, fo miiffen wir in Betreff der Hypatia be- filvchten, dak ein Hbberes gefdidjts-philofophifdes Bewuftfett eines Sages aud) diefe Bilder als ungulanglic) und otelfad) ver- geidjnet erfennen wird. Dann wird es fid) an diefem Werke, wie an allen Kunfiwerfen, in denen die geiftreide Sntention ftarfer ift, alg die finnlidke Energie ber Geftaltung, nur gu eilig raden, pat ber Berfaffer feine Kraft nidt gunddft auf die fefte Beid- nung feiner Giguren, fondern mit Borliebe auf die Auspragung und In-Geene-Gegung von Sdeen gerictet hat. Wir finden viefe glingende Sdmade auch auf andern Gebieten. Die Richtung, die Raulbad in dev Malerei eingefclagen hat, leinet an demfelben Mipverhaltnif awifdhen groken Iutentionen und conventioneller, ber Matur entfrembeter OQurdfithrung. Ja die Aehultchfeit mit Kingsley wird nod) fdlagender, wenn wir in Kaulbadhs Bilvern bie gleide Meigung зи extremer dharatterfofer Gdinheit und ing Srakenhafte geftetgerter Haglichfeit bemerfen. Ciner wabhren hifto- vifdhen Kunft varf, nad) einem Wusdrud 9340178, bas Charat- teriftifde und bas Sdhine nie auseinanderfallen,” oder beide Ele- mente gehen aller Realitat verluftig. Der hiftori{dhe Roman aber, Deffen Helden und nidt gundchft, wie bie Walter Scott’fden, von ihver menfdjliden Geite intereffiren, wiry durd) feinen Феб ant Cultur-Sdeen nur gerade fo lange vor dem BVergefjen gefdiigt werben, als diefe Sdeen neu find oder mit Geift und Crnft einer neuen Cendenz dienen. Lie Sibylle von Libur, Schaufptel tn dret Wufzigen von Emilie Ringsets. Minden. Literarifch-artiftifche Nnitalt der $. ©, SCottafden Buchhandlung. 1858. Фе Ффий, Den die Berjaljerin der Berontca im diefem neuen Sdhaufpiel ither ihr erftes hinaus gethan hat, {djeint ung unverfennbar gu fein. Shr Stil ift energifcer, die Umvriffe ihrer Geftalten find fcbarfer geworden, und die Farbe der Leinen- {chafien, die in ber Veronica nur febr gaghaft durd)fdbimmert, belebt hier mit mannigfader Whfinfung das Bild. За е8 feblt nidt an Biigen, wie fie fonft nuv einer febr geveiften manne lichen raft gelingen, und wenn e8 ju einem Drama auésreidte, merfiwiirbige Charattere in gewiffen Beziehungen neben einander gu ftellen, ihr Jnnerftes Herausgufehren und einen die Gelbftge- fpradje be8 anbern belaufden 3u Iaffen, fo ware aud ein Drama- tifder Fortfdritt in per Sibylle gu riihmen, Denn allerdings ift hier die innere Vewegung madtiger, als in der Veronica, und daB BVedlirfuig zeigt fic), feelt{dhe Borgdnge mit hiftorifden, innere Brogeffe mit dugeren Creigniffen in Berbindung yu fegen. Neben dem alten Tiberius, deffen Wlleinwille fic) vagegen ftraubt, alg Herren tiber fid) endlid) doch den Tod anerfennen зи follen, neben баре бах und feine Hoffrungen auf den Chron tvitt bie weltentfrembete Gibylle, die Tange Sabre in Dumpfen Whnungs- fhauern hingelebt und mit finftern und lidten Damonen Verkehr gepflogen hat. Ginen Mugenblid fdetnen vie Gahidfale pdtefer bedentenden Geftalten fic) einander nabern зи wollen. Tiberius, bor dem die Sibyle ein gweideutiges Wort von bem Kinig, der e8 in Swigfeit fein wird, hat fallen laffen, will ras zauberkraftige Weib fic) gugefellen, um mit ihrer Hitlfe fic) dte Unfterbdlichteit зи ertropen. Caligula wird in ihre Hable gefdidt. Die Wner- bietungen, die er ihr madt, fdjeinen fte gu verloden. Wher das Dagwifhenbraujen ddmonifder Gewalten zerveift den Faden, der fic eben gu wirflic) pramatifder Vertniipfung anlieR, und die letste Halfte ves Gedidhts bewegt {id in refultatlofen Gcenen am wiffe Cigen{daften der weibliden Matur, Unfdjuld und Veidtpinn, pie in einer Philine in veigender Verivaglidfeit neben einander beftehen, find in ihr dergeftalt itber bas Mtak hinaus getrieben, pa wir an eine Geftalt, die folde Widerfpriice vereinigt, nid gu glauben vermigen und an ihren Gchidfalen nur einen febr oberfladlidien Untheil nehmen. Und fo fehen wir auc) dem lepten gewaltigen Iingfampf des riefigen Gothen mit bem Gelden unfe- re8 Buds, vem Mind) PBhilammon, in giemlider Gemiithsrube зи. Wir horen fie von dem hohen Thurm herab in das Meer ftiirzen und ,,die erregten Wellen grollend gegen die Mtaner {dlagen”; aber naddem wir uns an dem furdtbar fadhinen Gdau- {piel dev in der Luft fic) umflammernden WAthletenletber ergisst haben, iff e8 uns tm Grunve gleidgiiltig, ob diefe Kvaftproduction Ну bas Leben des Ginen ober des Andern nachtheilige Folgen habe ober nidt. Die ,Meaffivitdt’ pes Gothen hat, №06 des ftarfen Hervorhebens feiner cinfaltigliden Mobleffe, uns nur felr auperlid) gu intereffiren vermodjt; und der junge Mind, den wir betm Beginn ver Erzahlung in der einfamen Laura am Saume der Wilfte (orethundert Meilen von ver Stadt) fennen lernen, wte er urd) alte Tempelfresten, in denen Weiber vorfommen, eine pliglide Sehnfudt nad der Welt in fics erwaden fihlt, hat fics im Verlauf ver Gefchidhte fo vsllig weltlaufig ermiefen, fo raf) die Bellommenheit feiner Klofterjugend abgefdiittelt, bak wir dex piydjologifden Faden gu fetner innern Erfeuntnif aus den Handen verlieven, und die romanbhafte Entwidlung fetnes Lebens ohne tiefere Bewegung verfolgen. Dies Alles Hunte nun den falfdhen Sdein erweden, als hatte per Verfalfer iiber feinem Hang gu frappanten Wbenteuern, glan- gender Kraftftitden und allem bunten Durdetnander jener merf- wilrdigen Weltepoche die geiftige Gette feimes Stoffes vernadlaf- figt. Died ift Eeimesweges der Fall. Aber wenn er aud forg- faltig die grofen Gegenfage de8 abgelebten, im Nenplatonismus nod einmal anffladernden Hefdenthums und ciner herridfitdtigen, verwilderten driftlidjen Hievarchie nicht nur gu Letblidjem, fondern aud gu griindlid) geiftigem BufammenftoR bringt und иен» und Germanenthum benugt, um diefen Hauptfampf mannigfad gu beleudhten, fo ИЕ pod) die Wrt, wie died meift in Lingeren Gee [pracjen, Vehrvortragen oder Predigten gefdieht, nidt geetgnet, dev mangeluden SMufion зи ОЙ зи fommen. Dtefe Partieen, bie den Gedanfengehalt der Beitperiode gufammenfaffen, ftehen in boctviniver Breite gwifden den haftig hineilenden Creigniffen. Wir verfennen nidht die ganze Gre der Wufgabe. Es bedurfte eines Didhtergenins vom erften Range, um in das Bnnere einer fo fiiirmijdjen Zeit auf itberall finnlidy lebendige Weife einsufithren, Aber von einem ,,Gening unferes Jahrhunderts ware dies gu ev- warten gewefen. Un feiner Stelle finden mir einen geiftvollen, belefenen, wigigen Mtann, dev gugleid) ein trefflider Ranzelredner ift und feine philofophijden Unfdsauungen in beredter Weife, oft jebod) mit allgu modernem Humor gemitrgt, vor uns ansbreitet. Hiermit iff fon gefagt, dak wir ihm fitr eine Fille von Bee Iehrung gu danfen haben. Wher Belehrung ift ein Nebenverdienft eines Kunfiwerkes, bas wir um fo leidjter gu tiberfehen verfud)t werden, je weniger die widhtigfte Forbderung erfiillt wird, ав wir von bem Leben des Biles itherzeugt, von dev finnlidjen Wahr- heit dev gefchilberten Welt ergriffen werden follen. Biider haben ihre Schidjate, und alle BVorherfagungen der- felben find miflid. Der Verfaffer рег Borrede ift der Meinung, Kingsley’s Hypatia und ver ,,Anaftafius” yon Thomas Hope feten ,,die beiden eingigen gefdjidjtlidjen Lebensbhilver, mwelde die RNadjwelt Lefen werde.” Wir glauben, da} e8 nicht jdjwer halten diirfte, aus langft verblidenen Literatur-Gpodjen Werke пафуие Weifen, die mit abnliden filnen Hoffrungen begriift wurden. Wenn man pes Auffehens gevenkt, weldes Wielands Romane aus