suerft vie Siebe und endlid) aud) die Dantbarkeit ab. Gr brict
ihr bie Treue, und fie mu die Memefis erfennen, die ihren eige-
nen Treubrudy an ihr heimfudt. Als aber and) die eigenen Kin:
ber fic) von iby abwenden, und fie erfennt, da fie felbft in ben
Herzen ihrer Theuerften feine Oeimath gewinnen fonnte, fliichtet
fie fic) guviid in vie Wildheit, die ihr angeboren worden, und
беде bie granelvotle That gleidfam wie eine Sithne fiir den
Brudy mit ihrer eigenen Yatur, der feine Heilung finden follte.
Wn ihren eigenen Rindern wird fie wieder yur Koldjierin. Wber
mit dem unfodulbigen Blute, das fie vergoffen, ift pie Qual der
Rubelofigkeit дез. Cie hat nad langen oumpfen Leiden, in
denen ihre edlere Yatur milhfain fic) behauptete, und ihr ftarfer
Geift fid) unter das Sdhidfal bengte, eine volle, mit ganzem
Willen vollbradte entfewlicde Frevelthat gu biker und , geht hin-
weg, ben ungehenern Sdymerg fort mit fid) tragend in die weite
Welt.” Der Bwiefpalt ibres Lebens ijt geldf’t, pie lige, der fie
fic) unterworfen, von iby gefallen. Bugleid) aber hat fie den
gaugen Umfang bed Ungltids und der Sduld fennen gelernt,
wie fein anteres Weih, und fteht am Saluffe qewiffermafer
iiber der Barbaret und der Bilbung gugleich, uur noc) den Git-
tern verantwortlid), in einfamer furdtharer Grife, bet lebendigem
Leibe von allen Lebendigen gefdieden. к

En wenigftené glauben wir vas leste Gefprdd) Safons und
Medeas reuten gu milffen, obwoh{ der Didhter nicht vorfidhtig
genug andere Deutungen fern gehalten hat. Aber wenn and)
liber den legten Wusgang ver Heldin Gireit entfteben finnte, ja
wenn fic) derfelbe als ein dramatifder Miggriff herausftellen
follte, fo wlirbe bod) bas Werk bleiben mwas ed ift: eine ber er=
habenften tragifden Didtungen, vie wir in allen Viteraturen 31
bewunbdern haben.

Uber viele Didtrng ift fretlic nidyt dagu gefchaffen, den Lauter
Beifall ver Menge gu erringen. Bhrem Bithnenerfolq fteht fcyon
der Umfang im Wege; penn wie felten entfcjlieft fid) eine Theater-
direction dag, swet Whende hinter einander fein Publifum tragifden
Erfdittterungen ausgufegen. Зап meint fojon Winder was
man thut, wenn alle Sabr einmal die Wallenftein-Trilogie voll
ftandtg itber die Birhne geht. Dann aber ift anc) vie Grund-
ftimmung bes Werkes fo ftreng und herb und das Granen ша
mit fo unentrinnbarer Mtadjt, dak, mer fic) nur an den Stoff
hingiebt, e8 nidjt gu ertragen vermag. Ytur wer den Ginn fiir
die Mieifterfdaft ber Darftellung, fitr vie veidye Kraft der Phan-
tafte fic) offen halt, und Gehritt fiir Sdritt pie Leifen und dod)
fo feften Bitge entwerfen fieht, aus denen endlid) das Untlig
dev Mebufe hervortritt, mw rer wird mit bem Gefitht einer
innerent Erhebung die Geftalten bis an den Sajlug begleiten.

Unbegreiflic) aber ift uns, wie Julian Sdmivt bem Theil,
ber anf Koldis fpielt, gum Vorwurf maden tonnte, e8 berrfdje
hier ,,ein gemeiner phyfifder Sdauder” vor, ,,dev uns die
Merven erregt, ver eben fo unbdidterifh ift, als nem antifer
Goftiim зимует.” Зе Dichter fuche Lediglic) unfere Bhantafie
gu befdaftigen; ,ber Sdhauder werde nidjt ins Gemiith verlegt,
nicht vergeiftigt.” G8 iff wahr, dak yur Veranfdaulicung der
wiiften Barbarenwelt und thres blutigen Gigendienftes ein fee-
nifder Apparat aufgewandt iff, der in feiner naiven Bhantaftit
dem heutigen vramatifden Rationalismus etn Grauel fein mag.
Aber ohne bie Frage zu entfdeiver, wie meit das Marden in
die Tragddie eindringen viirfe, mitffen wir entfdieden baran er:
innern, daft all jener duerlide Gpul beftandig begleitet und in
feiner Wirfung itberboten wird purd) innerlidje BVorginge, an
denen wir ben gefpannteften Antheil nehmen. Die Zauberfuntt
der jungen Medea, der Dradje, der vas VlieR bhiitet, vie athem-
raubende Scene, in welder Jafon in pie Hable dringt, find von
verfdwindender Widhtigkeit gegen vie Gewalt, die der Hellene

18 *
	Hier ift wohl Seder daranf gefapt, Dag fie ihren Kleinodten
pas Leben nadjwerfen werde. Wher cine vdllige BVerfldrung dev
Didterin fonnte durd) died Berfdwinden vom Sdauplay nidt
erreidht werden, und fo bleibt e8 denn ber Kunjt der Darftellerin
aufbehalten, dev bewupter feierliden Opferung vor unfern Augen
pen Hand ver Geelengrife nicdt anf Koften der Seelenwarme
zu verleihen,

Und nun fei nod) mit einem Wort des Gefdhickes gedadht,
mit weldjent ver Dichter das Wenige von antifer Kulturfarbe,
was er braudte, nidt blog auferlid) hingubradte, fondern gerade
fiir den Yortfdritt ver Handling verwendete, C8 wirtt fer
Не, ов Sappho’s Nebenbublerin ihre Stlavin ИШЕ, ее
fie, um fie Bhaon gu entziehen, nad) Chins fenden, will, dap
Phaon vas Madden dem alten Diener entreift und auf der
Fludt mit ihr im Kahn von den Cimmohnern Mithlene’s, weldye
die Didterin gleid) einer Giirftin ehren, verfolgt und juriidge-
bradt wird. Die pfydjologifde Novelle wird durd) diefe Erfin-
bung vor mobderner BVerfliidtigung und undvamatifder Verinner-
	(Фила д@фив und pas bitrgerlidje Srauerjpiel von der Beklom=
	шеире иотоЦфе Эпишеие Бе хеи.

Bon ungleid) griferer Widtigteit aber follte eine weife Be-
nugung ver Kulturverbhaltniffe flix die grépte von Grillparger’s
antifen Dichtungen werden, mit dev er die volle Hobe feiner Kunft
ата. 3m Bahre 1822 erjdien vie Trilogie bas golpene
BVliek. Die breite Anlage ves Werkes, das mit Phryrus’ Lan-
dung auf Koldis beginnt und Jafon und Medea vurch alle Schid:
fale begleitet, entriidt e8 von vorn herein jeder BVergleidung mit
anbderen Behandlungen ver Mtedea-Gage. Denn die grauenvolle
That des verfdymahten Weibes, die fonft per Meittelpuntt der
Handlung gu fein pflegt, ift hier nur ein Deoment in der Mette
evfdplitternder Rataftrophen, und die tragifde Sdee, die fid) mit
gropartiger Macht und in wunderbarer Steigerung nurd) die drei
Stitde hindurdgieht, ift eine viel tiefere und reidjere, als in allen
ibrigen Wiedens, vie wir fennen. Cin Weib, das aus Ciferfudt
auf eine RNebenbublerin pie eignen Kinder faladet, wm ihren
ireulofen Gatten toptlidy gu verlegen, bleibt in rer gewdhnliden
Saffung eine haarftraubende Griceinung, an die gu glauben wir
uns jdwer entidlieBen, wenn wir nur fliidtig daran erinnert
werden, dag diefes Weib aus einem barbarifdyen Stamm ertt-
fprungen iff. Grillpargers Medea vagegen geht an vem Flue)
der Heimathlofigkeit 3u Grunde. Wir fehen fie aus der Wilbd-
	heii und Herbbheit threr Roldijdhen sugqend, wo Berrath, Olutgier
	und damonifde BinfterntR fie umgeben, тит die etbenfdsaft
Не Заой gu fittlider Greiheit aufwaden. Gie vollzieht den
Brud) mit einer Welt per Barbarei, aber diefe Welt ift thr
Meutterboden, und das Lopreigen von vemfelben ift nidt ohne
vie fhwerften Opfer, nicht ohne eigene Sdhuld miglidh. Sie wird
ben Bhrigen untren, der Lod ihres Bruders, das Unglitdé ves
Vaters ift wenigftens mittelbar ihr Werf, und e8 mifvert an dem
Gewidht ihrer Shuld nidts, rah fie hihere Lebensgtiter und eine
lidjtere geiftige Wtmofphare fiir das Verlafjene eintaufdt. Wie
ein unbetmlider Schatten geht thre Jugend, ihre Wbftammung
und die Zauberfunft, die fte abgefdworen hat, ihr nad. Sie
-erfdien dem Geliebten eine frembartig holbe Geftalt unter den
Sdreden ihrer barbarifdjen Heimath. Wber fobald fie helleni-
{den Boden betreten, wird Safon gewahr, dah nod) eine groffe
Kiuft gwifden ver gezdhmten, vurdy vie Liebe gefittigten Wilden
und der veinen Helligfeit griedifder Naturen beftehe. бит таз
Зо, nas die Opfer, tie fie der neuen Bildung gebradt, nicht
	fertnt, Ut und bleibt fie eine unheimltde утетое, ретеи рашони фе
	Meadt gu fllrdjten tft, Man will fie in den Stidten nidjt dul-
феи, ausgeftofen wanbert fie mit dem Gatien und den Rin:
bern burd) Hellas, und das Unglicé ftumpft in Safons Gemiith