mand wird die tragiide Kunft einen Sehritt oormarts gu [тен
vermigen, тег её verfdmaht, bet thm wieder anguinitpfen. Die
ceale Biihne tft ein Reich ded Undanks. Gie vergifi ihre Lieb-
linge und [aft um jedeS neue Gefidht ihre Woblthater ftehen.
Aber wenn fie durdy eigenen Sdaden Flug oder der Mode iiber-
ОЕ geworben ift, Fehrt fie ehrfurd)tsvoll gu thren wahren Heroen
уе. Wie nal oder ferm vie Beit fein mag, vie Grillparjers
Medea, Ottofar und Hero Haffifd fpridit, wage wir nidt voraugs-
gufagen. Mande Beidhen {deinen allerdings in der Luft gu Ite-
gent, vie einen widt allzufernen Sieg der grogen, form= und geift-
gewiffen Boefie itber die fleine, formlofe und geiftveide anfitndigen.
Bielleicht aber ift dte negative Aufgabe des modernen Realismus,
pie wir danfbar anerfennen, fobald fie un8 nicht als die ев
pofitive Wufgabe ver Kunft dargeftellt wird, fo bald nod) nicht
erfitllt. Unb fo fpredjen wir vorliufig ben Wunfd aus, daB
Grillparzers Werke, bis fie der Bithne wiedergewonnen werden,
wenigftens denen, die fie sum Genk oder gum Studium bediirfen,
сиг eine Gefammtausgabe zuganglider gemadt mwerber, da
per Dichter fich uns gang geben midjte, Mad) manden Laufdhun-
gen, die thm bas Leben gebradt, wird e8 ihm dod} nur tvifttid)
fein fSnnen, einem jlingeren Gejdledt als Fithrer gu denfelben
Rielen yu dienen, denen ev felbft mit uner[dhiitterltder Begeifte-
ring nadgeftrebt bat.
	Auquiie Brizeur.
	Stimmung des Ntabrajens hinitherzutragen, und felbft ein hand-
fefter Traumgott ware uns nicht ungelegen gefommen,

Sndem wir Maymunds gedenfen, fnnen wir den Gebanten
nicht abwehren, wie viel bas Grillparger’fce Stiice durd) feinen
Mangel an Humor eingebiift hat. Durd) eine Neilderung des
bangen Grnftes, welder fic im Berfolg des Traumes nur immer
fteigert, durd) ein itbermitthiges Durdjtrengen der Logit bes Traum-=
{ebenS witrde nit nur bie Stinuntng des Gangen frifder und
wobhlthuender geworden fein, fondern die Moral dev Fabel hatte
aud) ihre profaifde Sdpwerfilligfeit verloren, und e8 liefe fic)
penfen, bak durd eine glildlide Sronifirung ves Sehluprefultats
ein hiherer Standpuntt gewonnen worden ware, der Traum und
Leben in ridjtigerem Berhaltnif tiberfdauen hatte lajfen.

Der freie Scherz aber fcheint mit den Grundeigenfdafien
unferes Dichters im Widerfprudh gu ftehen. Er verfudjte fic) tm
Sahr 1838 im Luftfpiel, ,Weh Dem der Litgt” Das an
feinen Biigen und glidliden Motiven reicje ФНЧ erhielt jedod)
{don durd) die Gewiffensfrage, die fein Thema bilvet, cinen ftren-
gen und trodenen AUnfirid. G8 ijt allerdings ein uftipiel-
motiv erften Rangs, aus mifliden agen, in denen gembhnlicdy
die Nothliige rafd) bet dev Hand ift, gerade durd) bas volle Wus-
fpreden der Wahrheit fic) herausyusichen, ba vie Wahrheit oft
am wenigften glaublich fchetnt. Wher duvd) vie allgu nacjoriidlide,
{dwerfallige Behandlung bleibt bei Alem, was gefdieht, vie Iid-
ficjt auf die tiefere Gittlidfeit ftets Iebendig und wir bebhalten
Beit und Erufthaftigtett genug iibrig gu dev Detradtung, bap
piefes liftige Beniigen der Wahrheit etn bedentlider Erfag fir
pag Uebel dex Nothliige fet. Wir taufdhen fliy eine plumpe eine
feinere Lift ein, und nur dte glildlic{te, ungeswingen te Heiterfett
per Gituationen Hitte uns der fcliehlidhen MReflerion itberleben
finnen, was damit flix die wahre Sittlicjtett gewonnen werde.

Aud) hier finden wir in einer feinen, ftellenmeife nur etras
sugelpister Shavatterfdipfung, in der eigenthimlid) lebendigen
Fiihrung des Dialogs und befonders aud) in dem fernigen Lief
{ии mandjer Partieen den grofen Didjter wieder. Wher dad
Gefiihl verlaft uns nidt, al ob er mit Anftrengung auf einem
fremden Boren fid) fortarbeite, wahrend wir tn pen hihern Зе:
gionen veiner Tragif uné feines freien Flitgelfdlags evfrenen, der
miihelos von einer ftdrfenden Cuft getragen gu merbden fcheint.
Umftinve, die wir nidt fennen, miiffen e8 erfldren, wie ein =
ter, der in grofen Sdhdpfungen den gangen Umfang feiner Kraft
ausgemeffen hatte, das Vertrauen gu fic) felbft wieder verlieren
und fic) in mannigfaden Gxperimenten ger[plittern fornte. Wud)
in ver Form zeigte fich, nach der Anspragung eines mufterhaften
Stils, wieder eine feltfame Unfiderhett. ,,Der Traum etn Leben“
ift wieder im fpanijden Trocdenvers gefdyrieben, der mit Ioth-
wenbigfeit allerlet frembartige ftiliftifcye Unswiichfe mit fic) fllhrte.
Das Taftende ves didhterifden Wollens bei fo viel Nsnnen,
mag zum Theil urd) die vielfad) wedjfelnden етот Феи Strs-
mugen verurfadjt worden fein, die den einfamen Didter grwar
night mit fortriffen, vagegen thn gu immer neuen Unftrengunger
aufforderten, ihnen gegenither feine ivealiftifaye Gtellung gu bee
haubter.

Von allen Dramatifern aber, vie vas Grbe Sdiller’s und
Goethe s angetreten, hat vielleidht Reiner, felbft Ketft nicht aus-
genommen, das Mew dev Momantif, das ihn gu feffeln drobte,
mit foldher Macht gerriffen, ohne dafitr in vie Fallgrube realifti-
fer Praxis gu gerathen, feiner den blendenden Verlodungen der
Tendengperiode fo faltblittig widerftanden. Wir haben unfere
Unsftellungen gegen einzelne feiner Werke nicht verfdpwitegen.
Aber wenn wir uns fein Gefammmtbild vergegenwartigen, fteht er
in ber Meike der Lebenden, Ме 5еи @фаб unferer ,gro fer
Poefte’ gehiitet und gemehrt haben, unbedingt voran, und Pie
	Der am 3. Mai viefes Jahres tn Wrontpellter verftorbene
Didhter Augufte Brigeuy wurde im Bahr 1816 in esr, int
Scorf-Thale, an den UWfern des von ihm vielfad) bejungenen Cilé
in ber Bretagne geboren. Seine erfte ugenderziehung verdantte
er einem Briefter aus feiner Gerwandtfdaft, die weitere Wusbil-
bung einem gewihnlicen College. Die griechifden und rdmifden
Meifter waren ihm frith gelaufig, und feine Meigung fitr Virgil
blieh vem Dichter fein ganzes Leben hindurc. Wtit 20 Jahren
fam Brizeuz nad) Paris und wurde mit den erften Grdfen der
romantifdjen Schule befannt. Wie fehr ev ftd) von ihrem Cin-
fluffe rein gu balten wufte, beweist Dearie, dad erfte Bud
unferes Didters, das juerft im 3. 1831 erfdjien und fetther meh-
rere mannigfad umgednderte WUuflagen erlebt hat.

Marie ift eine Sammlung von Clegieen oder Idyllen, deren
Gegenftand Erinnerungen an eine Jugendliebe find, die, unter-
nifht mit andern fleinern Gedidjten, von Bett gu Zeit wierer=
fehren, wie eine wetdj-melodifde Klage, wie der Ton einer Harfe,
iiber die der Wind gieht. Rein Wunder, daff diefe Xeolsharfe
bei dem grellen Fanfarengefdmetter der damals gerade im hidften
Triumph einherfdhreitenden Romantifer iiberhirt rourde! Um fo
aufmerffamer Laufdt jest cin fchinheitsftnnbegabtes Publifum
auf diefen Wohllaut, feit die raufdjende Mufit ver Momantit
par excellence im den pifant fein follenden Midjtigfeiten, den
fleinlichen Gdnurvpfeifereien umd der gefudten Gefdmadlofiqtett
ihrer jiingfter Bertreter, wie Théophile Gautier, Wrfene Houffaye
и. YW. etwas matt und miptinend ausflingt.

Bir Rett jener Sugendliebe, die Brizeny fetert, war Marie
12, ev felbft 15jahvig. Marte ift ci anfprudslofes Bauernfind
im Kopffchmud aus Hanfleinwand, in rothem Meieder und ge-
ftreiftem Rod, dad fic) feither mit cinem Padter verheivathet hat
und bie Gedidjte ihres exften Geltebten nie Lefen wird, ntdjt blog
weil diefes ungebildete Naturtind ber Bretagne nidjt frangififd),
fonderit weil e3 tiberhaupt nicht Терем fann.