№ 1506. 11. би 18172.
	Sllustrirte Zeitung.
	werk wurde das Borbild, nad) dent fic) dte ganze jo bedeu-
tende Sifenindujtrie bes Uralgebict3 entwidelt bat.

Unter Raiferin Elifabeth (1741—1762) wurden nad und
nad) ither 300 Fabrifen gegritndet, fodaf die Gefammtzahl
derfelben bei ihrem Tod fcjon iter 502 betrng , deren Fabri-
fate indef den Werth von 8 Million Rubel nod) nidt ervetchten.
Ginen nod gréfern Wuffehwing nabm die Yuduftrie unter
Kaijerin Katharina П. (1762—1796), wozu der neue Boll:
tarif von 1766 nidt wenig beitrug, da ev den Handel von mane
Herlei Bejdriintungen befreite und namentlich fremde Ginz
und Wusfubr erleidterte. Jn ihren legten Regierungsjahren
war die Babl der Fabrifen jdon auf 2270 geftiegen, in wel=
chen itber 100,000 YUrbeiter befdaftigt waren. а

Unter dev Regierung WAleranber’s I. (1801—1825) ift das
ahr 1822 der Wenbepuntt in den Principien, die bisher be-
folgt, und denen, die jeitdem mabgebend wurden. Nod) 1816
und 1819 ermdbigten Handel3tarife die beftehenden Sperren
und befdranfenden Mafregeln. Die Bahl der verbotenen
Gegenftinde war bei der Sinfulr auf fiinf, bei der Uusfubr auf
drei Herabgefest , die Bahl der zollfreien bagegen auf itber 60
ausgedehnt, wahrend die Cinfubrzélle felbft zum Theil erheblich
ermapigt waren. Wher jchon im Mtirz 1822 trat ein neuer
Tarif mit hohen Zollfagen in Rraft, der die Cinfubr von iiber
300 und die Musfubr von itber 20 Urtiteln gdnglich verbot,
und derfelbe wurde fiir die Entwidelung der ruffi}@en Yndu-
ftvie und HandelSpoliti€f feitbem mafgebend. Xm Fabr 1812
waren in Rubland 2330 Fabrifen und grofere Werk}tatten mit
120,009 Urbeitern, im Зое арт de Raifers gab e8 deren
bereits 5120 mit 190,000 Arbettern. Daher glaubten aud) die
ruffifden Staatsifonomen, diefen Wuffdwung nur dem ev-
hobten Zolltarif von 1822 zufdreiben yu mitffen.

Unter den eingelnen Ynduftrieyweigen nabm die Baun-
wolleninduftrie, auf deren Ginfiihrung man einen befonders
hoben Werth legte, eine hervorragende Stelle ein. Gchon im
Зарт 1798 hatte die ruffifee Krone yu Wlerandrowst bei
Petersburg eine Baumwollenmanufactur ervichtet und feds
Sabre {piter, 1804, dabei die erfte Dampfmafdine alB Motor
gur Unwendung gebradt. Trog der misgliidten Verfude von
Privaten, dic medhanifdhe Baumwollenfpinnerei сици тет,
wurde die Baummolleninduftrie die Veranlalfung, dab die
ruffi[de Jndujtrie am Géingelband 968 Sdhupgolls grok ge-
Zonen wurde, und man fann wol fagen, dab nach dem Tod
RKaijer Wlerander s in diefem Gyftem, trop aller Revifionen
und Erneuerungen der Lavife, fetne wejentlide Verdnderung
ftattgefunden bat.

Unter Kaifer Nikolaus I. (1825—1855) hat die Baumwmollen:
indujtrie ben verhaltnibmapig qroften Uufidwung genomimen.
Wahrend der Werth ihrer Fabrifate im Зах 1824 1% auf 9/,
Million Rubel belief, itberftieg er im ahr 1852 fdon iiber 35 /,
Million, und in dentjelben Zeitraumt ftieg der Werth der Wollen-
fabrifate von 15 Million Rubel auf da3 doppelte. Die Zabl
der Fabrifen erhob fic in den Sabren 1820—1830 von 5800
auf 10,000. Nad) amtlidhen Wngaben ftieg der Werth der
Fabritate in auberordentlidem Mae, fo 3. B. in der Baume
wolleninduftrie um 230 Proc., in der Tabadfabrifation um
150 Proc,, in der Geifenftederei um 131 PBroc., in der Zucer:
induftrie um 34 Broc., in der Wolleninduftrie wm 20 Proc.,
in der Gubeifenfabritation um 26 Proc., in ver Seidenindu-
ftvie wm 25 Proc. u. f.w. Gelbftverftindlid war die Regie:
rung aud bemitht, durch Gewerbefdulen, tecjnifde Fnititute,
ourd Fordcruntg von Gtudtenrcifen ins Ausland, durd in-
duftrielle Zeitfdriften fiir Verbdreitung tedynifcer Kennitniffe
im Land Corge yu tragen. Geit dem Krimtrieg haben die
Abfdhajfung der Leibeigen{daft, der Bau eines weiten Ctfen-
babuneges, die Crridtung von Geldinftituten, von Handels-,
Snoujtries und Gtadtbanfen, tro aller noc gebliebenen
Mangel und Unguldnglidfeiten, auf die Entwidelung der
Jnduitrie cinen auperordentliden Cinfluj geiibt.

Diefen unbeftreithaven Thatfaden gegeniiber mufs guge-
ftanden werden, dah die rujfifche Snbduftrie, mag man fie
immerbin eine [dhuggdllnerifche Tretbhauspflange nennen, dod)
auc) {don in dem natiirliden Boden fraftige Wurgzeln getrieben
hat. G8 ift vollftanbig begreiflid), bab bas Ausland mit Un-
muth und Harte die rulfifde Handelgejesgebung verurtheilt,
pak eS den ruffifehen Schubgoll al8 die Urjade der Erfdywer-
niB und Befdrintung des Handelsvertehrs mit Rugland an-
fieht. C3 ware fider file die Qnduftrie Wefteuropas, nament:
lich Deutfdhlands, von grofem Bortheil, wenn die 70 Mil:
lionen Rutfen ihre Snduftrie: und Fabritatbediirfniffe aus
dem Ausland beziehen diirften. Surzeit fpridt inde fiir
die Mafnahme der ruffifden Regierung die Thatfadke, dab
её бт Вер ihrem Brincip gelungen ift, in Ruplano felbft
eine heimifde Snduftrie gros gu giehen und ive Wufgabe gu
lifen, felbjt fir bag Land gu forgen und das Bediirfnip ihrer
70 Millionen Menfden durch eigene Ynduftrie yu befriedigen,
	Nichtsoeftoweniger wird fic) die Regterung der Ginfidt midt
	verfdliefen fonnen, dab der Shugyoll nicht Пи аЦе Зивии
Geltung bewahren diirfe. Gie hat fdhon auf allen Gebieten
der Staatswirthidaft Reformen eingeleitet und ausgefithrt.
Echon gibt es in Rupland eine Barter, welde fir das Princip
de3 Srethandel plaidirt, wenn aud) diefelbe nocd) mebr in
wiffenfdaftliden, al in induftriellen Rreifen gu fudjen if.
Schon hat der Zolltarif vom Sabre 1869 einige, wenn aud)
unerheblidje Mobdificationen der friihern Tarife eingefihrt,
aber man darf daber annehmen, dab die Reformen auf han:
delapolitifdhem Gebiet fic vielleidt in naber Butunft mehr
und mehr nothwendig ermeitern werden. Und dtefe Jtothwen-
digteit unfererfetts aud) dem ruffifden Bolte fihlbar yu
maden, dazu bietet die Snduftricausftellung, die in den nad):
jten Sommermonaten in Mostau evdffnet werden wird, den
peutihen Snduftriellen giinftige Gelegenbeit, wenn fie die-
felbe recht zahlreid) mit ihren beften Geiftungen und in inftruc:
tiver Beife befchiden. Das ijt die befte prattijde Wyitation
fiir bad Qntereffe der deutfden Gnduftrte wie fiir die Сша:
tion wunferer ditlicden Nadhbarn.
	Hinter dem Vorharng.
	Der Vorhang raujdht hernieder; wir erheben uns von
unjern Gigen, gehen im Foyer auf und nieder, nehmen viel:
leicht ,, ein Gi3’, befprecen die eiftungen der Schaufpieler
oder befuden Freunde ober Freundinnen in den а erften
oder ziweiten Hangs. о Шен wir gewdhnlide Mtenfcen
den erften Swifdenact aus. Weld anderes Leben herrfdht da:
gegen binter dem Borhang! Unfer Ritnjtler gibt und ein ge:
treued Bild diefed chaotijden Treiben3. Ym Borbdergrund
fehen wit mit der verhingnipvollen Glode in der Gand den
Ynfpicienten. Wer it denn wol der Fnfpicient? wird man:
cher unferer ejer Fragen, Wir verweifen hier auf Hadlander’s
		— - Slustrirte Beitung,
	Wodenkalender.

 

 

£872 Beoteftanten   Ratholifen   und и Suden   Titr¥en

: ; 5632 1289
Mai ре Siar   Rtebbi-el-atoct
12.6.) 6, Exaudi   6, Eraudi  30. miter, 4, 4.

‘ai

13. M. Gervatins   Gervatius 1. BHil. Зас.  5. в:
14, D.  Chriftian Bachomins   2. UWrhanafius] 6. 6.
15. 9%, Форте Dympra 3. Timotheus} 7. 7. [Ref. ev.
16. D. (Sara $305. v. Rep.) 4. Pelagius   s, 8, Medina z.
17. %.  Sodocus {Bruito 5. Srene 9. 9, Diduma
18. ©. Venantius BWenantius   6. Hiob 10. ©. бшох 10.
	 
	~flronomifdber Halender;
	127g  , Sterngeit ee be8 Modes
Mai jliemitticrn) “ad   Sange  Breite   Aufgang   Untergang
Mittage   itt Beit     8  

12 3022‘ 14  1115679“   1070  + 20.51  —_—
13 326 3] 11 56 8   119 за 0 40/abd3
14 3.30 of 156 8 { 18t 4 27 1 15
b 3 3357  156 8 1143 4 56  \ашЗаде  1 40
16 337 53  156 9   155 5 13 205
17 3.41 50   11 56 10   167 5 15 2 20
18  345 46   Ш 5619  190 +529 2 40
	  1     1
Sonnenanfgang 4 Uhre 10 Min. Фопненииетвяиа 7 Ибх 40 Min.
GErftes Biertel ben 15. Mai 4 Uhr 55 Min. nacmittags.

Mound in Erdferne den 13. арт Их и. о
Sulminationsdauer der Gone 2/147,4 Sterngeit (fiir Mittwod gitltiq).
	Hie induffriellen Verhaliuifle Rulands.
	I. L. Зиваль Геос in diefem Sabr das zweite Sdcular:
feft der Geburt de3 Gritnder3 feines Staats, Peter de3 Grofen,
ber im Sabr 1672 am 80, ат Иан фен Kalenders (0. i. am
12. Suni unferer Zeitredynung) geboren wurde. Unter den
Stiidten des weiten Reidj$, welche fich riften, diejen Tag
glingend 3u feiern, fteht die alte Zarenvefiden, Хоа
obenan. Hier follen die Riinfte des Friedens und der 61:
vilijation der Huldigung den witrdigiten Wusdrud geben, denn
hier wird die mogtauer Eaiferliche Gefellfdaft ber Freunde
der Naturfunde, Anthropologie und Ethnographic eine ,,inters
nationale polytednifde Ausftellung ” veranitalten, welde
am GeburtStag de Gefeterten erdjfnet werden und drei
Monate dauern wird, Fhr Hauptgwee toll wefentlid darin be-
ftehen, ,,auf die niiglide Unwendung der Naturwijjentchaften
piv das Leben, fowol in wiffen{daftlider wie in prattifder
Beziehung, hinguweifen und gugleicy Dem Publifum eine anz
{фацйфе Darftellung der verjdhiedenen tednijden Fabrifatio-
nen ju geben’.

Hei der loblichen Wbficht einer folden Ovation ift e3 um
jo mehr зи bedauern, dah 3 dem Centralcomité in Mosfau
erft fo fpat in den Ginn gefommen, Их ое Зита der
MAusftellung aud im Ausland zu werben und die Cinladungen
und AUnordnungen dazu fo marngelhaft und fo fpdrlic gu ev:
laffen. Das ijt namentlid recht empfindlich gegenitber den
Mabnahmen, welde a3 Centralcomité der вета, bie
1873 in Wien ersffnet werden foll, fdjon feit geraumer Zeit ing
Merk gefest hat.

Aber nidjtsdeftoweniger hat fich in der neuen Kaijerftadt
des Deutfden Reichs in cinfidhtsvoller Grwagung der deutiden
HandelSinterefjen aus den bedeutendjten Jnduftriellen ein
Comité fiir die Befdhidung der Ausitellung in Moskau gebildet
und in vereintem Cifer mit den Bevollmadtigten in Letpzig
und Wien bereits iiber 450 deutfde Wusfteller gewonnen.

Bei diefer Lage der Gade diirfte e3 von allgemeinem
Yntereffe fein, einige Blide auf die ruffifde Bnouftrie zu rtd):
ten und eingelne Momente in ihrer Gefammtentwidelung und
eingelne Snduftriegweige in ihren Geiftungen naber fennen ju
lernen.
	Г. Sur @efdhidte der rufftfiden Andufirie.
	Фе иде эпошые yt von jiingerm Datum, Се
пафоет е3 Rupland gelungen war, fid) von der Tartaren:
und Mtongolenherrjdaft gu befreten, famen unter den Zaren
Swan 1, Wafilet 1. und Ywan ll. (1462— 1584) einige Gewerbe,
Serberet, Gloden: und Sticgieberei, cinjelne Hiittenarbeiten,
Seifen: und Leimfiedereien, Branntweinbrennereien in befjern
Betrieb. Damals famen aud die erften italienifden Urchitetten,
@oldarbeiter und Grgenieure ing Land, doc) findet fich die
erjte Budpdructerpreffe erjt 1553 in Mostau, das bis sur Beit
eter des Gropen der Hauptiig der Gewerbe und Jndujtrie
blieb, und in dent namentlid) die Goldfcmiedefunft, dte Gold-
und Perlenfticerei, die Kirdenmalerei mit nationalem Charatter
fic) ansbildeten, Qn Mostau war es aud, wo fid Hand-
werter und Rinftler, unter_Todenden Brivilegien, aus dem
Nusland, namentlid) aus Deutfdland, niederlieBen. Зее
Ginmanderer fénnen al8 die erjten Reprafentanten des deut:
fdhen Handwerterftands angefehen werden, die aud) da3 deut:
fde Bunftwefen bierher bradjten. hve Abgetdhiedenheit war
jedod) Urfadce, dab ihre Gewerbsfenntnijje und Wrbeitsmeifen
auf ihre Rretfe befdrantt lieben.

Grbpern Umfang gewann der Bugug frembder Urbeiter evft
unter Midael Romanow und feinem оби Wleret (1645 bis
1676). Hollander, Englander, Deutfde waren 3, die Papier:
mithlen, Glasbitten, Geilereien, Gifengiefercien, Tuc,
Svinmand:, felbft Seidenmanufacturen, Wertseug- und Waffen:
fabriten, Bulvermiihlen, Buchdrudereten, NApothefen u, j. w.
einfiibrten.

Por allen aber war e3 Peter der Groge, der nit nur
viele Sunberte frember Urbeiter in3 Land 04, fondern aud
pie Urbeit felbjt organifirte und yu grifern Lei}tungen empor-
hob. Gr griimdete und erdielt gablreihe Fabriten auf Kojten
ded Staats, welde beftimmt waren, den privaten Ctablifje:
ments al8 Borbild зи dienen, gundchft Werkftdtten fiir Kriegs-
und Mtarinewejen, denen bald aud andere Ctablifiements fir
civile Bedinxfnifie und Curusartitel folgten. Wenige Fabre
vor feinent Lod ;4Hlte man {don 213 Hitteywerke und wae
brifen, unter ignen gab e3 fdon 21 gropere Mtanujacturen,
dod) waren e8 griftentheila Austander, welden man die et:
tung diefer Fabriten anvertrauen mupte. Von den einheimi-
fdhen Snduftrtellen zeidnete fi damals der Grobydmied in
per tulaifden Waffenfabrit смз, Nitita Demidow, der Stamm:
vater de3 berithmten Ftirftengejhledhts ber Demidow. C3 war
im Sah 1699, als ihn der Zar sum Director der erften Cifen-
gieperet am Ural, der gu Mevianst, mad)te, die er ihm {pater
mit allen zugebbrigen Lanbereien fdyentte. Und diefes Hittten-
	„Эцийе Stunde“. Cine getreuere Odilderung diejes Dtans
nes und feines Wirkungstreifes tdnnen wir nidt bieten. Yuf
unferm Bild weilt er eben cinem Sndianer feinen Plas an mit
bent Bemerten, er mige feine Fragen fcyneiden, er jehe ja ohne-
hin gtimmig genug aug. Sects vorn fteht der Bantier Y. ;
er , nacht in der Kunft’. Zwei lieblide Spanierinnen bereden
ihn even, fid) an einer gripern Finanzoperation gu betheiligen ;
er ift unfebliiffiq — dte Damen jdmollen... Ob wol diefe
Differengen geloft werden? Hinter diefer Gruppe ИЕ ег Bal:
fift feine Gartie und brummt mit balber Stimme: ,,Berlafje
piefe Statte, du elendig Gegiicht — lendig Gegiidt!“

Xm Hintergrund fteht eine Scar Statijten. Der Statift
fteht um etne Stufe tiefer al8 der Chorift, wird als Staffage
benugt und {pricht zum Glad niemals. 68 gibt Theatertriti-
fer, die ehen wegen diefer Gigenfcjaft dic Stellung oe3 Stati:
ften hiher anfdlagen. Born redjtd fehen wir die exfte Solo:
tiingeritt; fte ijt hibjdh, weil fie fid) febr qut gu fdminten ver:
fteht, ift eine Ritnftlerin, weil fie fid) dafir halt, und ijt all-
gemein unter den Theatermitgliedern beliebt, rcil fie fic) ge-
fe alle lieben8witrdig zcigt. Sie iit eben im Begriff, ibre

elentigteit su verfuden, wa8 durchaus iberfliiffig ift, da thy
dev Tricot fehr gut figt. Е

Die Hauptyperfonlidfeit hatte id) bald vergeffen; 8 ИЕ died
dev junge Wutor, welder unweit diefer Kitnftlerin mit dem
Kapellmeifter redet. Das Unbegreiflide ijt, dab er itberhaupt
noc reben апп. Der Beifall von Millionen finnte ihm dic
Qual diefer Stunde nidt aufwiegen. Mabdemoifelle X., die
Lrimabdonna, lapt fic von ihrem Middden die Sdjleppe rid:
ten, blidt wie eine Ronigin umber, halt fich aber — fir eine
Gdttin; fingt, wie man behauptet, gang richtig und entwidelt
febr viel Empfindung; im ibrigen ift fie ungeheuer von fid
eingenommen und anmabend, fclieblicy auch WUrijtofratin, da
fie mit dent Filrften N. fehr oft ausfabrt. Fiirft N. дей
eben Mtanemoifelle X. fehr artig.

Die tibrigen Figuren bes Bildes reprajentiven bad foge:
nannte Theatervolf. Sie befeltigen die pappenen Burgen und
Selfen, beforgen die Beleudtung und die Couliffen u. j. w.
Diefe Herren find die angenehmften, folange man ihnen nit
in den Weg юнит, ©4804 mache ic) nod) auf eine
Mittelperfon aufmerffam, auf cinen Theaterarbeiter, det
einen Baum tragt. G3 ift died durdaus nicht der Baum der
бели, ba er gemalte Fritchte trégt; im itbrigen brauden
die geehrien Theatermitglicder — — bod hord! die Glocte
tnt, der Borhang raufdt empor, und die Taufdung fordert
те Redste,
	Das Ottilienkloffer tm Elfap.
	Bon Strabburg zeigt fic) cine Seitenlinie der Bahn ab,
pie ihren Cndpuntt in Barr nimmt. Das Thal, welded die
Bahn durchfdneidet, hat jenen anmuthiqen Charafter, dem
wit im Gljaf fo oft begegnen, dftlic) weite gritne Fluren
mit cinzelnen Ortfchaften, in denen gwifden Objtbaumen
rothe Dacher fcimmern, wejtlich die fanften Umviffe der
Pogelenkette, weldje Sfters Ruinen trinen, gu denen Wein:
geldinbe hinaufflettern. Gebr baufig fiebt man aber aud
Weingirten im fladen Lande, deven Trauben nicht minder
вета find al3 die in der Hohe дезоденен. Зе ©164&

leiben felbft im Winter, ohne eingegraben зи werden, im
Kreien ftehen und trogen Sturm rund Froft.

Molsheim, da8 wir auf unferer Fahrt berithren, ijt cine
der gefdhabteiten Weingegenden de gangzen Yanded. Die Bi
фе von Strafburg, welde fic) mit dem Ort belehnen
lichen, wuften da8 ebenfo gut wie die hentigen Molaheimer,
dic im ,,Goldenen Pflug” oder in den ,,Bwei Sdlifieln”,
fich ben vortreffltden Wein munbden laffen, Das Stidotden
fragt mit ben alten Manern, Thiirmen und Thoren ein edjt
mittelalterlided Uusfehen. Der Hauptidhuue deffelben ijt das
alte Rathhaus mit vorftrebendem Erterthurm, deffen Uhrgloden
nidt innen diifter hinter Spinngeweben, fondern gemitth-
lid) braufen Hingen und fid) das Leben auy dem Marktplas
fdjon feit bret Sabrhunderten anfehen, Bu beiden Geiten
ber Dadhrinnen jtrecen fabelhafte Ungeheuer al3 Wafferjpeier
ihre Langen Silfe aus. Gine hohe Treppe mit hibfdem go-
thijdhem Mabwerk fihrt von zwei Seiten gum Cingang. Heats
und finf3 flantiren fine gothijde Balfone die Facade. VWlte
Rathsherren in Umtstradht mit weifen Halsfraujen und hren:
fetten fehen wir nicht mehr аи? мен, dafiir tretbt dort die
Sugend thr lautes Wefen, ober der Stord), der anf dem Dad
de3 benadbarten Café niftet, lapt fic) gravitdtifd) vor der
Rathsftube nieder.

Glfab bietet augerordentlid) reihe Schage mittelalterlider
Ardhitettur, die freilic) wenig befannt find. Gang Eleine Ort-
fdaften haben alte Ponumente der Kirdenbautunft_aujgue
weifen, wie man fic in Deutf{dhland felbjt in gréfer Stadten
nur felten finbdet.

Sit der ое „Фон: Век“ in Wvolsheim, da8 ndvolid von
MolSheim liegt, in architettonifdher Hinfidt nur von gerin:
germ Werth, jo bietet dafitr fein WAlter um fo hdheres Yn:
tereffe. Der Gage nad) foll der ,,Dom-Peter™, wie ev von der
bortigen Bevdlterung fdlidjtweg genannt wird, die altelte
Rirde de3 ganjen Clfab fein, die fon im 7. Jahrhundert
erbaut wurde. Der alte, im romanifd-byzantinifden Stil
ausgefiihrt gewefene Glodenthurm wurde leider durd) eine
Feuersorunft tm Jahr 1767 zerftdrt, doch find fonjt von dem
alten Dom noc) mehrere oheile gut erhalten. Frither war
in der Rirde cin alted Grab ju fehen, welded fitr das-
jenige der beiligen Petronella, einer Todter de3 Wpoftels
Petrus, ausgegeben wurde. Wn der Seite ber Kirdje befindet
fic) dic Fontaine der Heiligen, beren Walfer gegen Wedhfel:
fieber helfen foll. Filr die Mehrzahl der Retjenden diirfte
16000 die alte taujendjahrige Linde von befonderm Yntereffe
fein, deren Stamm 6 Fup im Durdmeffer hat, und deren
frifdgriinen Bweigen man das Hohe Wlter gewif faum an:
leben wiirde, wilbte fich nicht ein fo gewaltiges Blatterdad
liber uns,

Roshetm ijt jtoly auf feine Peter- und Paulstirde, und
mit vollem Recht. Jhr WMlter veicht bis in das 12. Yabhr:
hundert zuriic, und fie gablt gu den fdhdnften und grofartigiten
Baudentmilern des romanifd«byzantinifden Stils. Shr
Yuneres ift neuerdings pradtvoll velit, wodurd der Dom
ei м Angiehungstraft fiir Urehiteften und Laien ev

alten bat.

Bon Ober-hnheim, sas dure} fein chines im Renatffance:
ftil erbaute? alte3 Rathhaus und durd einen grofen, gegen:
wartig nod im Bau begriffenen gothifden Dom _von Yntereffe
ift, fiibrt eine Strafe nad) Mingenthal, die im Commer durd
	den lebbaften Touriftenverfehr nach dem Ottiltentlojter fre: