№ 1511. 15. им 1812. ]
	Sllustrirte Zeitung,
	eter v. Gmiind an dem dorttgen Domecor gebaut wurde, fid  
	ausgebiloet batten. Sic entwarjen etnen plan, der es mog:
(ich madhte, auf den fitr cine folche Habe gar nicht beredjneten
Unterbau den hocjarfiteiqgenden Thurmtdrper zu feben, der
priginell und edef gedadyt Leichtigteit und SicherHeit in feltener
Weife vereinigt. So gewann mim Crwin’s Bau eine fener
wilrdige Fortfesung, wobei nur die eigentlide Spige etwas
flirt, weldje der dic Sunder ablifende leste Baumeijter Hilt
aus Kiln hingufiigte. Mit Vollendung derfelben jcloB der
Bau im Sahr 1439 definitin ab, denn man hatte aller Wabr-
ideinlicjfcit nad) einen gweiten Thurm itberhaupt nidt beab-
fichtigt. Der Hobe fcane Thurm war von min an das ftolze
Wahrzeichen Strabburgs, und dem Namen feiner im Krets
ihrer Fadgenoffen hodacadteten Erbauer begegnen wir nicht
nur bet den Gefdidtfdreibern des folgenden Rahrhunderts
fowie nod in dem Reifebuch Martin Feiller’s, vem Badeter,
deS 17, Jahrhunderts, fondern fogar in jest wieder and Licht
geqogenen fagenhaften Grzahlungen des Glfajjes, wobei ihre
von mehrern Seiten beftrittene adelige Mofunft als sweifellos
fic) erweift.

Den fdinften Beweis dankbaren Wndenten3 aber liefert
bie Dentntiinze vom Jahr 1565, bas man infolge eines Mis:
verftindniffes ber Nachricht itber die Bollendung des dritten
Stodwerts als das 2Ojihrige Gubeljahr der Vollendung des
ganjen Thurms anfah. Ste ijt ein fcdnes, in fetner Art eingig
daftehende3 Dentmal von dem Localpatrioti8mus der ftraf:
burger Biirger, innerhalb deven Mtanern man gerade in jenen
Sahrzehnten dem anmapliden Ausland gegeniiber Те
bewupt und entfdieden fir die Chre des deutfdhen Namengs
einjutreten gewohnt war. Nun wird man aud verfiehen,
warum die Umfdrift gerade den Thurm Hervorhebt, obwol
die ganze Facade dargeftellt ijt, und e3 verletht der Dent:
miinze cin gang ecigenthiimlides Qnterelfe, dab fie nicht nur
pad Wndenten dreier Sunder, von welden wir jebt zwei mit
Siderbeit al fihne Baumeifter fennen, erneuert, fondern
c8 und aud miglich macht, die Gedanfen und Gefiihle 3u er-
rathen, mit welden der patriotifde ftrabburger Bitrger jener
Sahrhunderte gu feinem Thurm hinauffdhaute, den {pater
wabniinnige Yatobiner al3 der Gleichhett widerftrebend nieder-
reifen wollten.

M18 bem jungen Goethe beim Unblicd bes jtrabburger
Ptinfters fic) das gainglid) entidwundene Verftdndnip der
gothijden Urdhitettur wieder erfdlop, fannte man nur den
Namen Crwin’s. Crit in unferm Jahrhundert entdedte man,
auf ben Namen der Suncer einmal aufmertfam geworbden,
allmablid) die Denmiinze und andere auf diefelben begiiglide
Notizen und Thatfaden, welde e3 miqlid) machten, die Sun:
der wieder in thr Recht eingufegen. Rurg vor und nad dem
legten Krieg mit Frankreich erfdienen von 3. Seeberg zwei
Abhandlungen, in deren gweiter ,,Die Sunder von Prag, Dom:
baumeifter um 1400, und der Strabburger Mitnfterbau” betitelt,
alle die Sunder und den Miinjterbau betreffenden Yiadricdten
unter Beigabe eines poston nad) jener Dentmiinge зи
einer fehr verbdienftliden, anfpredenden Ptonographie ver:
arbeitet worben find, wodurd) nunmebhr die Gefchichte 963 ебу:
wiirdigen Baus in wefentliden Puntten zur Karheit gebradt
ift, und die Namen der einft hod) gefeterten Erbauer des
Thurms wol fite immer der Vergeffenbheit entrijjen bleiben.
Neben Erwin v. Steinbad miiffen von nun an jtets aud) dte
Junder von Prag al Baumeifter am Miniter von Strafburg
und al8 ebenbirttge Fachgenofjen Erwin’s genannt werden,
	Die Hriundflemlequng des Waguer-cheaters
in Saiventh.
	В. 5. Der Didhter-Componift Ridard Wagner, defjen
fhovferifdhe Originalitat fid mit jeinen Opern ,,Lanhaufer”,
, tobhengrin’”, ,, Meifterfinger nidt ohne Schwterigheit Bahn
gebrodjen hat, dringt nun aud) mit jeinen wettergehenden
tunftreformatorifden Beftrebungen immer mehr durd. Nod
por wenig Jahren wurde der Componijt Wagner al mujita-
lifer Dtatart und materialiftifder Gefcymacverderber fritt-
firt und al% theoretifder Neuerer wie etn unbeilbringender
Catilina von mandem Cicero abgefanjelt. Geit nun aber fo
qlingende Grfolge aufgumeifen find, feit Wagner mit feinem
ebenjo fiihnen al8 thattrdftigen Soealidmus feurige Begeilte-
rung gewedt hat und die Geele eines weitverbretteten tiinft-
lerifden Nationalverein$ geworden ift, hat fic die Babl feiner
Gegner mehr und mehr vermindert, und femme Wusdauer und
Energie haben bei Freund und Feind die vielfeitigite Wnerken-
nung gefunden. Wie Goethe s Fauft night beim ,,Wort’’ je
hen bleiben will, fondern dafity die ,,That’ fest, jo hat aud
Wagner mit etner That, mit der Griindung einer Kunititatte
im eigentliden Ginne, fein Werk getront. ;

Die Opernvorfiellungen auf den deutfcden Biihnen erfdie-
nen Wagner fo wenig funftwiirdig, dab ev nach ber Wuffiihrung
von ,, Rheingold” und ,, Walkiire” in Miindhen befdlob, den
ting de3 Nibelungen” fo lange von der Biihne fern zu halten,
bi8 eine feinen Sntentionen vollfommen entfprechende Wuf-
fihrung 3u ermdglicken ware. Sein Hauptziel war nun der
Pelih eines eigenen neuen Theaters, da3 gang nad) feinen
Winfdhen eingeridhtet nur fiir periodifdhe Felt{ptele beftimmt
fein follte. Qn Schriften und BVortrigen gab ev_fetne Sdeen
fund, wie er ftch das Theater ber Feftipiele, den Ort, die Beit
und diefonftigen Mimftande voritelle, UIs Ort hielt er weder eine
Refidenz, nod) eine Fabritftadt, nod einen Badeort firr geeignet,
fondern lediglic) eine mitteldentfdhe Provingialftadt, womiglid
in Baiern. So entfdjied er fich denn fir das anmuthige Bai
reuth, die einftige Dtarfgrafenrefidens und dag reizvolle Heim
Sean Baul’. Dort wurde ihm ein ausgedehnter, fehr giin-
ftig gelegener Plas tberlaffen. Seine Freunde griimbdeten
eine Urt WActiengefellfchaft, funftfinnige Firiten gewahrien
moralifde und reelle Unterftigung, hodgebildete Birger und
ftcebfame Riinjtler waren mit hodftem Gifer fiir die Sache
thatig, und fo fanden die Uctien oder Patronat{detne a 300
ThHlv., die gur Theilnahme an den Feltfpielen berechtigen, iter:
all janelle Ubnahine. Hauptfactoren waren dabei die in den
ver{diedenen Stadten gebildeten Wagner: Bereine, die aud)
Concerte veranftalteten, um aus dem Grld3 fitr arme Mufiter
UntheilfdGeine anjutaufen. WlleS geftaltete tid) nach Wunid,
und jhon jest ijt dad Unternehmen gefidert. Ym Frithling
1873 follte in dem neuen Theater das vollftandige Muftt-
drama ,,Der Ring des Nibelungen” zur UAuffihrung fommen,
zunddit an einem Vorabend ,, Rheingold”, dann in den dvet
Felttagen ,, Waltiive’, ,, Siegfried’ und ,, Gotterdammerung”.
ба fidh aber die Unmiglichfeit, den Bau hid dabin gu voll:
enden, heraudgeftellt bat, wird eft im Yaby 1874 pte Wuf-
fiibrung au Stande fommen, Go i pet nun in Bairenth
	439
	SMlustrirfe Deifuna.
	Wodenkalender.

1272  roteftanten  Sathotiten гм Зибен   Tiivten

Suni Suni 5632 1289

о ь Саи веси
16.6. 3. n, Trinit4. 0. Pfingit.  +. Bing tf. 10. 9.
17. Ж.  Зацта Rainer 5

©. Bfing itm,  1. 10.
18, D.  wenulf Marcus 6. Rorbert  12, il.
19. M. Gervafius   Juliana т. Quatentber}13. 12,
20.9.  Gylverius   Cylverins 8. Theodor 14. 13. ФИТ.
2%.  PBhilippine   Wloyfius 9, Cyril. W. 15. [lothecha 14.5 Dichuma
	22. а, Заниииз [te Bimotheus [38 .) Lage

 
	Afironomifdjer Kalender,
	Gulntinatton

 

1372 ея ber Gonne bes Mondes
Suni miter nad   Зане  Breite   Anfaang   Untergang
  Meittage   mmittt. Beit      

16 5840 69  128 07964   2010  4 49 7 1  454 frit
17 a 44 312 0 39   215 3.   1 30

18 54759 [42 0 52   239 2 9] lam duge   1 50

19 551 56  2 15   243  40 33 ow

20 585 58] 12 1 17   258 0 240

at 5 59 49   12 130  573 1 49   91 50658 $ 5

22 6 3 46   12 143  283 -3 305   аш Tage
	Sounenaufgang 4 Uhr 45 Min. Sounenuntergang & Ubr 20 Wein.

Gripte nbrdlide Ubweidnig per Sonne vom Aequator, Tingiter Tag,
Sommerganfang den 21. Juni 4 Uhr Frith.

Volmond den 21. Suni 7 Whe 45 Min. Frith.

Mond in Erdudhe den 22. Suni 5 Uhr Frith.

Grd pte fiidlice Ubweidyung des Mondes vom Aequator den 22, Guns 1 Ube Frith.

Sulminationgsdauer der Gone 2/177,8 GSterngett (fir Mittwoch ди).
	Die Funcker von Фтад, Saumerfler oes
ftrakburger Mitnflerfhurms.
	M. Z. adn den legten Sabrzehuten find in mebrern Privat:
fammlungen Gremplare einer Denfmiinge zum Зо Фейт ge:
fommen, weldje auf der einen Seite die allbefannte Facade
ded jtrafburger Minjters nebjt der Unjdrift ,, Turris Argen-
toratensis ‘’ (ver ftrabburger Thurm) zeigen, wahrend wit auf
ber anbdern drei ritterlide Geftalten erblicden, welde in ftolzer
Haltung yu Pierde jigend langfam nebencinander dabinreiten.
Die Umjdrift auf diefer Sette lautet: Die orei Jundhern von
Prag 1565. Offenbar handelt 8 fic) hier um etne Verberrli-
dung nidt fowol de gangen Baus als de3 Thurms und
augleid um dad Gedtdinif von Perfonen, weldje yu demfel:
ben in naber Besiehung jtanden; und wirklich waren gwei
Sunder von Prag, Johann und Wenzel, die Baumeijter des
hervliden Thurms, gu dem die Nadwelt nun fdon mehr als
4O0 Sabre bewmundernd empor{daut, wabrend паб Фет
cin dritter Sunder von Prag einit hodgefeierte Bilowerte fitr
das Minjter jguf, denen indeffen iddon die Reformation den
Lintergang gebracjt gu haben fdeint. Aber wenn wir die
Mitnjterbirdlein vom erften His gum lesten Blatt durdgeben,
finden wir wenig Uuffdlup. Edad, der Verfajjer der erjten
Bejdhreibung des Miinfters, welde 1617 erfdien und dte
Quelle fiir alle folgenden Mitniter= und Thurmbiidlein wurde,
ipridt zwar von zwei Sunder von Prag als von beriihmten
Bilbhauern, erwahnt aber mit einer Gilbe, dag fte ben Phurm
gebaut haben, und verfduldete dadurd), dab ihre Ramen jpa-
ter gan; in Bergeffenbeit geriethen, Glidlider al Пе
Grwin v. Steinbad) gewefen. Seinen Namen erbielten Jn:
jdriften fortwabrend im Gedddinis, ja weil er fpater fajt
immer allein genannt wurde, wenn vom ftrapburger Dtiinjter
bie Rede war, fo gewohnte man fid allmablich feinen Namen
mit dem ganzen Bau in Verbindung yu fegen und ein Werk,
an weldhem nad bem gropen Brand von 1176 die Generatio-
nen von veidlich drei Jahrhunderten gebaut batten, als die
Schspfung de3 von Goethe in jo begeifterter Weife gefeterten
Meifters gu betradten. Die Geldidte des Pinjters jowie die
Stilverfehiedenheit jeiner eingelnen Theile lehrt uns freilid)
etwas gang anderes.

M13 man im Yahr 1277 den Grundftein yu der Facade
Тед, ее dem Entwurf und theilweife ihrer Wusfibrung
nad) Grwin’s Werk ijt, war {don der gange tibrige Bau voll:
endet. Die cronitalifhen Aufgetdnungen geben da3 Bahr
1275 al8 den Beitpuntt an, in weldem das Фата
fertig wurbe. Grft. feit 1277 ijt aljo Erwin am Miinjterbau
thatig, dem ev von ba an 41 дайте fang (bid 1818) vor{tand.
Ahm bleibt indch fein Rum ий denn er war e%
ja, dev den eingigartigen Srontebau erdadte, und fitr alle
Zeiten wird er dedhalb eine der erjten Stellen unter den
Baumeiftern gothifder Dome etnnehmen. Rack feinem Tod
bauten die nachlten Meijter feinem Cntwurf gemap Lang:
fam weiter. Gm Sabhr 1865 wurde von dem fpdter aus-
qebauten Thurm dag dritte Stocwerf vollendet, und das
[ее war mit bem andern Thurm der Fall. Die beiden
Thiwme waren damals in diefem threm dritten Stodwert nod
nicht verbunden, fondern tagten mit demfelben fret empor,
weil fie nad) Crwin’s Cntwurf hier unmittelbar die Helm:
pyramide aufnehmen follten. Wein es fam ander3. Ym Yabhr
1385 brach der grope Stadtefrieg aug, der die Vollendung de3
Baus natirlicerweife verzégerte. Strapburg fampfte zuerft
im Bund mit den iibrigen ReihSftadten, mute fid aber, als
per Bund zerjprengt war, nod allein gegen den ihm feindlich
gefinnten elfajfifden Landadel, aut deflen Seite Kaifer Wenzel
itand, vertheidigen. Dev Wdel hafte die ftolzen Bitrger, und
Raifer Wenzel, dejfen Vater Karl IV. fehr gern Strapburg
gedentiithigt hatte, fanctionixte den Kampf gegen daffelbe
durd) eine Sajtertidrung, welde er gegen die madtige Rerds-
jtadt erlieb. Strabburg aber ging aus diefer brohenden Gefahr
im Sabr 1393 jiegreid) und in ungebrodenet Kraft hervor, und
wie cinit Bifa im jtoljen Gefiibl eines iiber die Satazenen
errungenen Sieg feinen berithmten Dom зи bauen befdlofien
hatte, fo wollten nun die ftcapburger Biirger, dah eine hod):
ragende, weithin die Ebene bebherrichende Thurmpyramtide fitr
die Nacwelt ein Dentmal der Vadt und Grope threr Stadt
werbde, Ullein zur Nusfabrung ver fihnen Yoee feblte der
rechte Mann; der nitdterne, unbarmonifde Bau, welder die
beiden oberjten Stodwerte miteinander verbindet, bewer t dies
zur Фетйде._ ; -

ий ам ЭпЧаив 0е8 15. Sabrhunderts fanden 1% зе
Baumeister, welde der jdwierigen Xufgabe gewadfen waren.
G8 waren die obengenannten beiden Sunder, weldje, der abeli:

en, nod jegt in mehrern Bweigen fortbeftehenden Familic der
Зи фе aus Eger angebérig, dev Bautunit fich gewidmet und
in Brag, wo damals unter der Leitung des berijhmiten Pteijters
	 

der ,, Ortlid) fixitte, periodifde Vercinigungspuntt der bejten
theatralifden Rrafte Deutjdland3”, den Wagner fo lange ge:
judt, wirtlid gefunden. Bon dort aug follen die Riinitler,
nadbdem fie in glinjenden Wrffihrungen mitgewictt haben,
erfrifct und neuen idealen Sielen augemendet, immer regern
Ynivieb gu edlerer Musiibung ihres Kunjtberufs in die hei:
mifhen Rreife zuriickbringen, wodurd dann fpdter auf die
Biihnenleitungen eingewirtt und der jebige untiin{tlerifde Au-
ftand deS Theaterwejens befeitigt werden fonne. Dtefe Ten:
den; hat gewib ihre volle Beredhtigung, und beute mehr denn
je. Die Deutiden find, jener fritifd zer[plitterten Niidtern-
рей friiherer Decennien entwadien, nec) den rubmvollen Gr:
rungenfchaften dev lebten Sabre mehr als je empfinglid) fir
geiftige Reformen, aljo auc) fiir nationale Crhebung auf dem
Runjtgebiet, und man darf erwarten, dap ein fo energifder
Stibrer wie Wagner das vorgeftedte Biel erreiden, dab das
Заднее: совет in Bairenth den Markftein einer nenen Cpoce
bilden werbe.

Der glingende Grfolg der Grundfteinlegungsfeier am
22, Mai mag als gute Vorbedeutung gelten. Sdjon vor den
Pfingftfeiertagen hatten fid) die Borpoften de3 Mtufitbeers in
der Feltitadt etngefunden, denen am erften Feiertag das eigent-
liche Gros, Hunderte von Mufifern und Gangern folgten, die
von den baireuther Galtgebern mit grbpter Herglichteit begritht
wurden. Der Name Richard Wagner hatte 19 al ein fraf-
tiger Magnet bewahrt, aber noch ein grogerer Name ver-
jtarfte diele Bugtraft: Beethoven, deffen 9. Symphonie als
Weihe des Felted in miglich{t vollendeter Weife vorgefihrt
werden follte. Berlin, Leipzig, Magdeburg, Stuttgart, Min:
chen, Karlsruhe, Weimar, Wien batten viele von thren bejten
Gefangs- und Oreheftertraften aufgeboten, um yur wiirdiqen
Uuffiihrung von Beethoven s Meifterwerk beizutragen. Ym
poraus war man iberjzeugt, dah der geiftretdhe Suterpret diefer
Symphonie, der fie mit finnreichen Worten bem Verjtanonif
naber gebracht hatte, auch cin trefflider Dixigent derfelben fein
mitrde, und in der That wurden aud {chon in den erjten Proben
die Mitwirkenden durc) Wagner s Auffaffung und Directionsart
auf 503 lebhaftefte angeregt. Bur Erhahung der Seftitimmung
trug dic pruntvolle Arditeftur be3 alten baireuther Орехи:
ть in weldem Proben und Wuffiihrung ftattfanbden, nicht
wenig bei.

Sm Opernbaus wurde aud) der ovatorifde Actus der
Grundfteinfequig abgehalten, naddem furgz vorher am Stud:
berg, auf dem Blak de3 Wagner-T heaters, von Wagner unter
ftrdmendem Regen der Grundftein gelegt war. In die Kapfel
find folgende Urtunden eingefdlofien: Cin Teleqramm von
Konig Ludwig IL, der Denkfpruc Wagner s:

Hier jdjlieR’ ich ein Geheimnifs ett,
a ru’ e3 viele hunbert Jahr’;
Go lange e8 verwafrt der Stein,
Macht es der Welt fid) offenbar.
Gtatuten de3 mannhetiner Wagner-Vereins, Gliicwun{d {drei
ben dev baireuther Stadtcollegien, endlid) alte und neve Viine
gen. Unter Bollerfditiien und den Klingen ded ,,. Huldigungé-
marfdes” fielen die ibliden Hammerjdhlage, wabrend Tauz
1епое, {108 068 Regens, den Ping umftanden. Den Feltactus
im Opernhaus erdffnete Btirgermeifter Muncer mit einer Rede
auf die deutfce Runft und ibre Jiinger. Darauf [as Wagner
feine Feftrebde, die im wejentliden den fchon in Vortragen und
Brofdiirven entwidelten Planen nodmals Nacjorud gab, in
fdwungvoller Beife den Freunden verdienten Dank bradte,
die Hotfuungen fiir bas neue proviforifde Nationaltheater
und dad Vertrauen auf den wadhgerufenen deutfden National:
fin und die Begeifterung dev Kiinjtler in beredten Worten
ausfprad. Bum Sdlub, nadjdem der Chor ,, Wad auf!” aus
den ,, Metfterfingern’’ verballt war, wedten patriotifde Toafte
auf Konig Sudwig IL. und RKaifer Wilhelm itirmifden Jubel.

Son einige Stunden vor Beginn des Concerts fillte fid)
dad Opernhaus bis in die hédhften Riume hinauf mit feftlidy
gefchmidten Bubsrern. Die Mufiter, Sanger und Gangerin-
nen nabmen in ebenfo malerifder als prattifdher Gruppiung
den ampbitheatralifdhen Bibnenraum ein, der einen impofan:
ten Anblic gewahrte. Das Ordefter bildete da3 Centrum, die
Sangerinnen in eleganter Toilette {dhloffen daffelbe in etnem
farbighellen Salbtreis ein, den die Sanger al8 duntle Rand-
figuren umrahmtien. Unter den Orejejterforyphaen find als
erlte Biolinijten Grin aus Wien, Wilhelmj aus Wiesbaden
und Ginger aus Stuttgart gu nennen. Ym Sangerdor fonnte
der мере Фе Verein aus Leipzig als Hauptarmee gelten, die
pom Stern’ tcen und Rebling’ den Verein aus Berlin und
Magdeburg wader ergangt wurde. Soliften waren Niemann
und Beb, die Damen Marie Lehmann und Frau Jacmann:
Wagner, von denen die erftern zu betden Seiten auf den fo-
genannten Trompeterlogen poitivt waren. Wes ftand bereit
und an tidtiger Stelle, al Ridard Wagner an fein reich:
befrangte3 Pult trat. Zundehft ertlang der ,,Raijermarjd”,
der in fetner martigen Rhythmit febr wirlfam vorgetragen
wurde. Dem UAnfang der Symphonie mit feinen myiteridjen
und Ghaotifden Tonwellen (aufdten die Hirer mit_athem-
Tofer Spannurtg. Dad eingig {chine Woagio, da3 der Dirigent
im getragenften Tempo hingleiten lieb, erfitllte wol alle mit
jener vollfommenen Sllufion, bie jeden Mistlang de3 Lebens
aufhebt. WUufs hidfte fteigerte fid) dann die Wirtung mit dem
grandiofen Freudenhymnusim vierten Sag. Cinefolde Mujter-
auffiihrung mit einem mur gu diefem Swed julammengefitgten
Ordefter: und Sangerdor erveidt gu haben, ift vor allem vem
Genie 068 Dirigenten, aber auc) dem Feueretfer und der Ga:
pacitét der Mtitwirfenden als hoes Berdienjt angurednen.
Selbjtverftinoltchh folgte ftiirmifcer Beifall, und der Dirigent
ridhtete tiefgeriithrte Dankesworte an die Mitwirfenden.

Bei dem Feltbantet am MXhend war den erregten Фен»
thern die ndthige ли geginnt, wobei e8 freilich nur weni-

en Glidstindern gelang, Plag gu finden. Ridard Wagner
ap mitten unter den Nadhften feines Herzgen3 und Haupt:
ftitben fetnes Werks; in feiner Mahe bemerfte man Coftma
Wagner, Grafin Dinhoff und Frau v. Scdleinig in gefdmad:
vollen Toiletten. Wagner feterte feinen huloreiden Konig Wud-
wig im erften Toalt und lies fpdter in einem gweiten Humori-
ftifehen feine lieben Baireuther leben. Bon den itbrigen Ber:
gniigungen und биз ден tft nur gu fagen, dab dte Ltebens-
wiirdigteit ber Baireuther die theilweife verunglidten Wr-
rangements vergefjfen lies. Wm Freitag nahmen die Legten
Gite hergliden Mbfdied von bem herrliden Baireuth.
_ Mage aud) den fpdtern Feftfpielen eine fo glidlide Felt:
ftimmung wie diefer Borfeier befdieden fein. де т
dem Wagner-Theater wirklich der Geift walten, den bas
Kunfifdine bringen foll, und aus diefem Getft eine ОН
Виа de8 deutichen Runftlebens, eine nationale Grhebung
	emporplithen,