PAUL GANGOLF: KNEIPE. RADIERUNG Sammlung Dr. Ernat Rathenau, Berlin
wenigstens für sich auszuschöpfen. Für den Künstler freilich nimmt sich die Sache anders aus: er kann nur zu der Erkenntnis kommen, daß er vom Kapitalis


mus nichts zu erwarten hat. Und auch das steht fest, je mehr das Bürgertum vom




Kapitalismus zerrieben wird, um so mehr ist, wie die Verhältnisse heute liegen, der Künstler in seiner Existenz bedroht.


Der Künstler selbst war innerhalb der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, d. h. seit dem Ausgang des Mittelalters niemals Bürger. Von einigen Ausnahmen: Rubens, Goethe, Cézanne, Liebermann abgesehen. Er war entweder eine Art Hofbeamter (Cranach, Schlüter, Lebrun, David) oder er war etwas, was man nicht definieren konnte und mit einer freundlichen Umschreibung „Bohemien“ zu nennen pflegte. Einer, der nichts hatte als sein Talent, einer, der aus den unteren Schichten stammte und die Chance hat, zu gefallen, aufzufallen und vielleicht gar zu Ruhm und Ansehen zu gelangen. Rund heraus gesagt: eine besondere Art von Proletarier. Und noch eins wäre zu sagen, wenn es auch bisher übersehen oder nicht erkannt worden ist: was an Kunst inner
halb dieser kapitalistischen Wirtschaftsordnung entstanden ist, ist in der Hauptsache geschaffen worden von Proletariern für Besitzende. Wenigstens von Besitzlosen, von Lohn- oder Akkordarbeitern für Besitzende. Es genügt, ein paar Namen herzusetzen. Von heutigen: Utrillo, der Sohn einer Malerin, die sich vordem