als Modell durchschlagen mußte, Modigliani, Rousseau, abgebauter Zollbe


amter, der sich mit kärglich bezahlten Musikstunden Farbe und Leinwand zu verdienen suchte. George Grosz, des
sen Mutter die Küchenbewirtschaftung eines Offizierskasinos hatte, Dix, Sohn eines Arbeiters, Pechstein, der Vater ist Appreturmeister in einer Textil
fabrik, Zille, gelernter Lithograf wie übrigens Menzel und Daumier auch, Thoma der Bauernjunge aus Bernau, Lenbach, Sohn eines kleinen Maurer
meisters, van Gogh, Rauch, Sohn eines Kammerdieners und ursprünglich selbst Kammerdiener der Königin Luise, Schadow, Sohn eines Berliner Schnei
ders, Caspar David Friedrichs Vater war Seifensieder in Greifswald, Goya ein Bauernbursch aus Saragossa, Watteau, Sohn eines in Valenciennes zugewan
derten flämischen Dachdeckers, Hals, Ruysdael starben beide im Armenhaus, Rembrandt, von dem Sandrart, „der Kavalier“, bemerkt, es sei zu bewun
dern, daß er es auf eine so hohe Staffel in der Kunst gebracht, da er „nur aus dem platten Land und von einem Müller entsprossen“, er habe „seinen
Stand gar nit wissen zu beachten und sich jederzeit nur zu niedrigen Leuten gesellt“, oder Herkules Seghers, der buchstäblich so arm war, daß er aus Ermanglung von Papier seine Radierungen auf den Bettlaken seiner Frau abzog. Liste, die sich beliebig ver
längern ließe. Natürlich fehlt es nicht, namentlich aus dem 19. Jahrhundert, an Namen,
die aus bürgerlichem Milieu herstammen: Liebermann, Trübner, Leibi, Marées, der Offizier war, Manet, Monet, Sisley u. a. Auch muß vermerkt werden, daß aus neuerer Zeit der künstlerisch Radikalste: Cézanne, Sohn eines wohlhabenden Bankiers war. Diese Herkunft hat die meisten nicht gehindert, genau das zu schaffen, was ihre Auftraggeber von ihnen forderten. Watteau, der nicht nur den Stil des aristokratischen Dixhuitième traf, sondern recht eigentlich schuf, sei nur genannt. Während z. B. Goya zum Kunst
revolutionär wurde, zum höhnenden Verächter der Hofgesellschaft, die ihn besoldete, und damit zum — ersten modernen Künstlergeist der neuen Zeit.
Aber wenn vielleicht in der Vergangenheit die Klassengegensätze nicht in dem Maße klafften wie heute, wenn sie vor allem dem Künstler nicht so zum Bewußtsein gekommen sein dürften, so erhebt sich für ihn doch heute die Frage, für wen er noch da ist. Für den Kapitalismus nicht; der kann, wie gesagt, mit ihm nichts anfangen oder doch
erst, wenn er geraume Zeit tot, Antiquität geworden ist und mit einem Expertisenzettel versehen werden konnte. Das Bürgertum? Von ihm fühlt er sich preisgegeben, nachdem die Unbildungsphilister die bequeme Formel gefunden haben, Kunst interessiere
WERNER SCHOLZ: HUNGER