des Schlafes um die Häupter der Männer breiten, scheuen vor dem Sprung zurück, den Fremden als den Ihren anzusehen. Sein Blick dämmert über die Melancholien einer Sphinx. Er hatte sein Knabentum verleugnet, um eine Frau zu erlösen: nun, da er die harrende Sphinx begriff, erschreckte sich sein Antlitz nicht, sondern blieb ehern. Denn die Ewigkeit kennt keine Tränen. Je unermeßlicher das Irdische uns entgegentritt, um so armseliger bleibt es nur zu schelten, niemals wird ein Tropfen davon den Dürstenden stillen. Das Meer ist begrenzt, der Vogelflug ist schwach — auch die Frau, die sich der Herrlichkeit des Mannes eint, tönt ihr eigenes Lied. Dem Fremden aber ist nur der gläserne Turm Zuflucht, der ihn die Wiederholung betrachten, aber nicht erfassen läßt.
IV
Schnee fällt in die Verbannung ein. Die Lähmung vollzieht sich endloser, als es die Kraft der Entsagung ausspricht. Die Frau ist tot, die Sphinx bleibt lebendig. Die Lampe ist längst erloschen: Dämonen beschwören den Kreisenden im Turm. Aber der Traum bringt die gleiche Hilflosigkeit wie im Anbeginn. Zwar wird die Elastizität der Erde aufdringlich, doch fliegen
die Tauben, von einsamer Luft gewölbt, noch aus und ein. Entzündet sich der Abend, heult Giebel des alten Hauses. Zurückgewicseu ward die Klage der blauen Tiere, der unsägliche Aufstand schon verschollener Melancholien, vor der Scham, die im inneren Gewölbe das Tor der Rettung zum Triumphbogen der Armut spannt.
Vergib: daß das Haar bleicht, ehe der Kranz es krönte.
V
Es gesdiah ein Gespräch : ein Mensch starb, und eine Frau begann zu lieben. Die Uhr blieb stehen: es war ein nächtlicher Aufbruch über das Meer. Das Eiland trog, denn die Frau beugte den Nacken, als die Flucht vor der Flut unmöglich wurde. Das Wasser klatschte an die Brust des Mannes, stieg immer noch ; es galt, nur eine Spanne sich höher zu bewahren, als es der Erdgipfel gewährte. Der Mann trat auf den Leichnam der Frau, dem Moment der Katastrophe entweichend, und als jener entglitt, sog sein Atem wieder den Wind ein, der die Flut zur Ebbe bewegte.
Es begab sich ein Gesprädi: ein Mensch starb, und eine Frau begann zu lieben. Die Uhr lief weiter, die Mechanik hetzte zum Käfig. Der Springquell eines Gelächters vergoldete die Stangen.
VI
Kaum der Tanz endet, beginnt das Netz der Spinne sich wieder auszudehnen. Wir leben in silbernen Kapseln, die Hülle schlägt hart gegen die Scham. Wenn die Orgel des Bluts ertönt, glauben wir an den Bau des Domes, an das Gewölbe, das uns eint zu Gebet und Liebesmahl, zu Ekstase und Brandung uns durchdringt.
So lange der Teppich die Blöße des Bodens deckt, bleiben die Schreie noch tot, die Wollust erfüllt die Kuppel noch nicht, sie verziert nur das
Gefüge des Raums. Aber wenn aus schäbiger Dämmerung die schwarzen Konturen der Nacht erwachen, die schwellenden Kniee zu nacktem Sprung sich werfen, Finsternis mächtig, die im Rauch stockenden Kerzen auszischt: dann . . .
Dann bricht der Triumph zu Schrei, Verkettung und Tod auf, ein unaufhörlich strömender Regen schüttet Purpur über die Herzen, die Krallen der Angst reißen die Augenlider herrisch auf, am Blinden entzündet sich das Gesicht, in furchtbarer Fessel stößt durch die Qual die Befreiung.
Da reißt die Trauer ein, was das Glück versprach, purzelt herum, gurgelt einen Laut in die Tiefe, wirft sich auf, zieht Blasen aus der Ver
sunkenheit, stößt ein Loch in die Decke, unerbittlich Schutt und Mörtel auf die Verzückung herabsprechend, stürzt grausam als Unendlichkeit der Weit in das Blutopfer — —


OSKAR MARIA GRAF




Aus einem Brief




an einen jungen Menschen


--- denn das kann doch nicht sein, daß wir dem Abgrund entgegensteuern ! Dann würde doch der Augenblick gekommen sein, den Selbstmord als die anständigste Tat zu propagieren. Zuwas sollten wir denn dann weiterleben! ? Und zuwas auch haben wir auf einmal Angst vor dem Neuen und vor dem, wie es sich bemerkbar macht, eingestellt? Das sind