MENSCHEN




SONDERHEFT




EXPRESSIONISTISCHE ARBEITSGEMEINSCHAFT




RICHARD BLUNCK: Werner Lange




Aus den Augen des Malers strömt die Unendlichkeit. Die Unendlichkeit wohnt in ihm. Wo er die Augen öffnet, tun sich die Tore des Paradieses auf. Alles Sein neigt sich der Magie dieser Augen, erinnert sich seiner göttlichen Wesenheit, der cs entgaukelt war: Teil zu sein des Kosmos, über die scheinbare Gefangenheit in stofflichen Gittern hinaus in den Raum sich zu gliedern, einzugliedern. In den priesterlidhen Augen des Malers öffnet alles Seiende sich der Gnade des Raumes, der zeugenden Kraft des Raumes, die im Auge des Malers bewahrt ist. Die in den Bildern dieses Malers unerhört fühlbar wird: elementare Dynamik, alle Form erfüllend, befruchtend, mit sphärischer Musik aus Masse und Schwere bewegend . . . Orpheushand des Malers.




Seligkeit des Seins kann nicht tiefer begriffen werden, nicht heller gesagt, nicht hymnischer umfaßt werden, als in diesen Bildern/ der Mensch kann nicht




kosmischer, nicht unendlicher sich manifestieren als hier: einbezogen in die ewige Fuge des Alls, schwingend in den Kurven der Unendlichkeit, Dynamo Gottes.




Überall ist dieser Maler in der Mitte des Alls, getaucht in kosmische Musik. Kristallen klingt seine Seele, In allen Räumen aller Unendlichkeit sah er Gott. In der Mitte seiner Bilder ist das geheimnisvolle Lächeln des Wissens, das Buddhas Antlitz bewohnt.




Es gibt in der Totalität ihres Raumerfebnisses, vor der Unendlichkeit ihres Gefühls, zu diesen Bildern kein Außen mehr, kein Zweites, kein Beschauen, kein Sich = in=Beziehung»setzen. In der Grenzenlosigkeit dieser Welt fallen die Schranken zwischen Ich und Du, Du gehst ein in das Bild als in Deine Heimat, Aller Heimat.


Copyright 1919 by Dresdner Verlag von 1917, Dresden»A. 20. Schriftleiter: Heinar Schilling.


BUCHFOLGE NEUER KUNST




VI (NR. 50/53)




20. UND 27. JULI 19192. JAHRGANG




KIEL