Mitschke-Collande, Otto Dix, Will Heckroth, Otto Lange, Otto Schubert und Lasar Segall. Wie überall, Stärkere und Schwächere. Jeder voll Glauben an seinen notwendigen Beruf.
Segall, einer der Eigensten, nicht hier, nicht in Deutschland, ein Europäer. Wie seine großen russischen Verwandten wird er einmal das Erstaunen der großen Städte sein. Dann wird ein neues Begreifen in sie kommen und
eine Angst vor ihrer Größe, die Gott zum Ausgestoßenen machte. Das Paradies liegt immer wieder vor uns. In dem Bildnis des Schriftstellers Gorelik eine Herrschaft des Gestaltungswillens, daß Form ein lächerliches Wort wird. Dieser Dichter, den ich kenne, verwandelt sich auf diesem Blatt in seine innige Geistigkeit. Was liegt noch dran, ob er Jude ist und einen
Bart hat. Zwei Augen voll schmerzlicher Liebe, ein Christusbild, Kreuzigung in den erbarmungslosen Durchschneidungen. Ringender Wille, aber von
Dualismus nicht zu reden, so abgeklärt, so selbstverständlich, jenseits des Könnens, als hätten sich die Striche selbst zusammengefunden. „Mann und Weib“, das ewige Thema, das ewig sich uns entwindet. Diese Menschen werden sich ihres Körpers doch nicht erinnern können; Begegnung für einen tief erkennenden und tötenden Augenblick.
Mitschke-Collande: auch „Mann und Weib“? Rausch ohne Entrinnen Einschlag und Verbrennen. Eine Feuersäule, wer entschiede noch, was brennt. Auch in den anderen Blättern starke Erschütterung, zuweilen etwas gedämpft durch eine entschiedene Werksprache voll derben Willens, der das Chaos zu scharf diszipliniert, den Formelementen zu viel Raum gönnt. Im
Monumentalen nichts Uebernommenes oder hastig Gemachtes. Mitschke ist eben gerade so und nimmt sich Gott sei Dank Zeit. In der Feder
zeichnung mancher Widerspruch, über den ich mich freue. — Otto Lange war immer eiliger und brachte ein sehr großes Können mit. Da eRtstaten
Köpfe, die von Schmidt-Rottluff, Gestalten, die vöh Heckei sein fcöfttuëi. In letzter Zeit ist er eigener. Sein „Steinbruch baut sich unter dem metallischen Netz zum Zerreißen gespannter Kräfte zu einem Labyrinth auf, nicht ohne daß die Artung dieses kleinen Stückes Natur e’in wenig an die Phantasmagorie heranführte. — Wilh. Heckrottwar inniger, heute Will er
mehr und scheut auch vor gewalttätiger Härte und derbbreitem Vortrag nicht zurück. Dem „Meister Puff“ bekommt das gut, die Freude ist gegenseitig. Ich liebe den „Hirten“ und fühle Heckrotts Vergangenheit und Zu
kunft aus ihm heraus: Zusammenklang von Natur und Kreatur, farbige Innigkeit, nie Sentiment. Wie der Hirte das Schaf hält ist herbe Süße voll Kraft und Bewußtheit. — Bei Otto Schubert werden aus Schwarz und Weiß Balladen des Lebens. Erhebliches Geschick, wie der Mond die Umarmen
den mit seinen Strahlen bindet, aber der viele Glanz ist dem Blatt nicht
ungefährlich. Die Blendung löscht zuviel aus. Der „Märzspaziergang“ ist knapper, sicherer, gefühlter, Märzluft in der Entschiedenheit. In „Ostern* feiert Schubert seine eigne Auferstehung; so ist er trotz allem.
P. A. Böckstlegel ist erdiger als die meisten. Mir fallen Bauernmalereien und östliche Bilderbogen ein bei seinem „Begräbnis“ oder den „Singenden
Kindern“, aber dann plötzlich zeigt ein Kopf seine, unsere Zerrissenheit in schlichten überlegten Strichen. — Otto Dix tauchte mit brutaler Kraft
zu Ostern auf, und man erwartete mancherlei. Augenblicklich {acht er aus voller Seele über sich, die Kunst und uns. Wir wollen ihn nicht dabei stören; es wird ihm sicher etwas einfallen.