Frank (gurgelt, hört gleich wieder auf).
Elias: Ädi, bald ist man Doktor Juris. Und Assessor und verehelicht, Und was eine rechte Hur ist,
Das verlernt man so allmählich.
Frank (gurgelt, hört gleich wieder auf): Ich protestiere. Elias: Nüchtern wurde man und schlecht,
Herz, du stumpfer, dummer Hammer! Ist man jetzt einmal bezecht,
Hat man gleich den Katzenjammer.
Frank tritt aus der Tür links. Schlafrock grau mit braunen Bommeln. Scharfes, bartloses Gesicht, kurzgeschoren, weißblonde Haare. Mittelgroß, fünfundvierzig Jahre etwa alt, die Hände in den Taschen des Schlafrocks, unterm rechten Ärm ein Buch, gibt Elias die linke Hand.
Frank: Bravo, ausgezeichnet. Die zweite Strophe wird konfisziert, Huren darf man nur benützen, aber niemals nennen. Man wird überhaupt kein Gedicht mehr von Dir veröffentlichen. Du bist zu unanständig, zu urweltlich. D u bist der eigentliche Orang-Utang von uns beiden, lieber Elias, Jüngling, und so was heißt sich Lyriker.
Elias: Frank, beschimpf dich nicht. Ich muß dich sonst in Schutz nehmen Frank: Wie spät? — Erst halb eins? Na, das geht ja noch — hast du
Brigitte gesehen? Elias: Nein.
Frank: So ? Ich werde mal auf den Korridor gehen. (Geht, kommt zurück.)
Sie ist nicht in ihrem Schlafzimmer. Elias: Vielleicht ist sie spazieren gegangen ... bei dem schönen Wetter .. .
wenn du auch so spät aufstehst . . . Frank: Spazieren gegangen . . . Nein, ich weiß nicht ... es ist immerhin
möglich . . .
Ellas: Du bist unruhig, Frank . . .
Frank (wirft sich aufs Sopha): Du bist verrückt, Elias. Sie ging wahr
scheinlich auf den Strich ... Elias (erstaunt): Beichtet sie? Frank: Es scheint.
Elias: Ich finde es unpassend, sie, die Frau eines stadtbekannten Mannes, eines weltberühmten Dichters.
Frank: Das letztere kannst du weglassen — und das erste muß heißen
stadtberüchtigt. Stadtbekannt? Ich? Nein! Sie? Ja! übrigens da drüben liegen die Zigaretten — da, weiter links, das sind die Russen — Elias: Danke.
Adolf: (Ein Totenkopf oben auf dem Bücherschrank, beginnt sich mit sich selbst zu unterhalten.) ... Die sexuelle Hypertrophie, welche heutzutage den Erdgeist in sich gesogen hat. . .
Elias: Sie meinen, welche der Erdgeist in sich gesogen hat. Aber sie verwechseln Hypertrophie mit Urnatur bezw. Ur-ningnatur. Wenn Sie bloß das Maul mal halten könnten.
Adolf: Kann sein, kann sein ... Ich bin leider nicht mehr zurechnungsfähig. Mir fehlt der körperliche Nachdruck. Mein Fleisch ist weg, also ist auch der Geist weg, der sein eigenes Fleisch hat.
Elias: 0 Gott.
Südseeinsulaner (ist plötzlich durchs Fenster eingestiegen): Verzeihen Sie,
bin ich hier richtig? Frank: Nein — Sie sind nicht richtig hier. (Macht eine Fingerbewegung
nach der Stirn.) Südseeinsulaner: Ich bin nämlich als Lehrer engagiert für sexuelle Auf
klärung in den Kindergärten.
Elias: Sie sprechen ja deutsch. Sie sind doch Australneger? Südseeinsulaner: Ja — und?
Elias: Bei sexueller Aufklärung darf man doch nicht deutsch reden?
Frank: Und nun lassen Sie uns mal zufrieden, lieber Herr, ich will mein Morgengebet verrichten.
(Adolf schweigt. Der Südseeinsulaner geht kopfschüttelnd durch den Schornstein ab. Frank zieht ein Buch hervor und beginnt zu lesen.) Elias: (Sitzt auf der Lehne eines Sessels.)
Frank (vom Buch aufschauend): Du wirst es nie zu etwas bringen. Du hast
keine Menschenkenntnis.
Elias-. Dafür kenne ich die Tiere umso besser.
Frank: Bitte, du bist das, was man im bürgerlichen Leben dumm heißt,
bei uns nennt man es egozentrisch, olympisch, in sich selbst beruhend. Elias: Brigitte behauptet das von dir. Du beruhest immer nur auf dir —
auch nachts.
Frank: Brigitte ist nicht gerade feinfühlig.


Elias-, Mein Gott — wie wir drei uns stehen, da fallen eben alle Forma


litäten fort. Man siehLsich, wie man ist, nämlich nackt.