Frank: Du bist ja auch eine, sei stolz darauf, Brigitte. Brigitte: Äh, da ist ja auch mein Befreier, Herr Dr. Ärmin Bodenlos! Bodenlos: Ärtur, bitte.
Brigitte: Oh nein: Ärmin. Äls Ärmin, der Befreier sind Sie mir erschienen.
Heißen Dank. Wie geht es Ihrer Frau? Sind Sie schon geschieden? Bodenlos: Danke sehr, gnädiges Fräulein, das Kleine ist wohlauf.
Brigitte: Grüßen Sie bitte Ihre Gattin von mir. (Zu Elias) Guten Tag, Elias. Elias: Guten Tag, Brigitte.
Frank: (Zu Bodenlos) Älso Ihr Kleiner wird mit Soxleth aufgezogen? Bodenlos: Und Milchzucker. Oh, er gedeiht prächtig.
Brigitte: (Leise zu Elias) Bist du morgen früh bis elf zuhause? Elias: (Leise) Ich warte, Brigitte.
Bodenlos: (Zu Frank) Uebrigens Sie wissen, verehrter Meister, daß ich die Bestrebungen der freien Studentenschaft unterstütze. Würden Sie der literarischen Äbteilung für den Vortrag einige Freikarten zur Verfügung stellen?
Frank: Äber mit Vergnügen, lieber Freund, selbstverständlich. Nicht wahr,
Brigitte ? Brigitte: Warum nicht? Wenn es hübsche junge Leute sind? Das habe ich gern, Frank. (Küßt ihn.)
Vorhang.


KLABUND




Marietta


Ich habe kein Vaterland. Ich habe kein Mutterland. Jede fremde Sprache berührt mich heimatlich.
Ich bin eine polnische Prinzessin: hübsch aber schlampig.
Ich schiele. Das ist meine Weltanschauung. Eigentlich müßte ich ein Monokel tragen. Ich gewinne auf der Münchener Wohlfahrtslotterie eine kleine Kuhglocke. Ich binde sie mir um den Hals und lasse sie läuten. Jeder möchte mein Hirt sein. Ich bin Marietta.
Aber ich bin noch nicht ganz Marietta. Ich will Marietta werden. Ich schwanke noch.
Bin funkelndes Feuer. Aber sehr viel Rauch.
Ich habe eine unordentlich zugeknöpfte orangene Bluse und verkünde nachts im Simplicissimus blaue Fabeln und graue Anekdoten. Manche sind nur leise rosa und schmecken wie Himbeerkompott.
Ich wünsche mir manchen Abend ein warmes Nachtmahl — irgendwo. Gestern kam ein sehr junger Herr mit glattem Gesicht in Begleitung Etzels in den Simplicissimus.
Etzel sagte: „Der Herr möchte ein Manuskript tippen lassen!“
Ich kann Schreibmaschine schreiben, denn ich war eine Zeitlang auf dem Büro einer Zeitschrift am Rindermarkt beschäftigt. Ich sagte: „Ich werde es gerne tun.“
Der junge Mann bestellte ein Glas Bowle für mich. Ich setzte mich neben ihn auf die Bank. Wir sprachen nicht viel.
Einmal legte er schüchtern seinen Arm um meine Hüfte.
Aber ich merkte, daß er mich nicht liebt. Emy sang das Lied von den „Beenekens“. Sie kreischte wie eine dänische Möve, die sich von den Wellen des Kattegatts erhebt.
„Kommen Sie morgen früh um elf und holen Sie sich das Manuskript, sagte der junge Mann und ging.
Er ging mit Schritten wie ein Gymnasiast und mit den Augen eines Seeräubers.
Er trug einen segelblonden Anzug. Der roch nach Tang und wehte.
Der junge Mann wohnte Kaulbachstraße 56 parterre.
Die Tür stand offen, als ich kam, und er sagte: „Begleiten Sie mich ein Stück? Hier ist das Manuskript!“
Auf dem Tisch lag eine Postanweisung von der „Jugend“. Ich nahm das Manuskript. Es waren Verse. Ich fragte ihn: „Haben Sie das gemacht?“ „O nein,“ lächelte er, „gewiss nicht!“ Aber ich glaubte, daß er es sei.
— Wir gingen durch die Kaulbachstraße. In der Sonne.
Er nahm den Hut ab und die Sonne ließ sich wie eil. goldener Vogel
auf ihn nieder.