Franz Graetzer Psalm der Tröstung


(Für G. K.)
1
Geschieht Dies, Alles, nicht zum ersten Mal?: Vorfrühlingsnacht mit ihren zagen Winden, Zu wachen Blickes zärtliches Erblinden,
Schneeschmelze, Morgenduft und der gelinden Entspannung wehe Lust und süße Qual?
War je so spürbar köstliches Erkühnen, Haftsprengung je so rührend in der Landschaft? Schuldhaften Abstand sehnender zu sühnen,
Wann suchte brünstig keuschere Verwandtschaft Zusammenwuchs der Sträucher im Begrünen ?
So waren Wege niemals hingegeben,
So tragend Dämmerungen nie ergossen.
Und Nächte nie so saumlos-unverschlossen Mit milder Sterne schwerebarem Schweben . . Gott hat am Ueberdruß sich überdrossen.
Gott setzt sich neu vor unentweihtes Leben.


2


Und alle Welt geschieht zum ersten Mal: Waldrand und Wiese, Meilenstein und Mühle, Stadtrain und Brücke, Glockenturmgestühle
Und Hochgericht; und Zoll und Ziel und Zahl.
Und alle Dinge neigen sich in Schräge Und sind von zahmer Vögel scheuer Demut: Gott aber loht als lachendes Fanal.
Der Fluß verrauscht in beispielloser Wehmut; Und Ruhe sinnerlöster Uhrenschläge


Rinnt in den Gang der frühsten Seelenwahl.