DIE AKTION DER REICHSWEHR




Kavalleriepatrouille in den Straßen Dresdens




Nachdem der Reichspräsident die verfassungsmäßigen Grund


rechte auf hob und Geßler Reichsexekutor wurde, war auch den minder politisch Aufgeklärten klar, wohin die Reise geht und es war auch vorauszusehen, daß die Militärmacht in Deutschland immer mehr und mefr die Zivilgewalt ersetzen
werde. Sogar der ursprüngliche Inhaber der vollziehenden Gewalt, Geßler, mußte als Zivilist gehen, und General von Seeckt wurde Oberbefehlshaber. Die Reichswehr, dessen Chef General von Seeckt ist, und die zu gleicher Zeit auch die Reichswehr der Deutschen Republik ist, fing nun an, planmäßig Deutschland zu besetzen. Besonders wurden die industriellen Zentren besetzt, diejenigen Gebiete des Deutschen Reiches, wo die Republik bei der Arbeiterschaft die einzig lebendige und sichere Stütze hat. Wir kennen alle den Einmarsch der Reichswehr in Sachsen, wir wissen alle vom klingenden Spiel und von Fridericus Rex, unter dessen Klängen die sozialistischen Minister ihres Amtes enthoben wurden.
Heinze, der Bevollmächtigte der Reichsregierung in Sachsen, gab an, die Exekution angeordnet zu haben, um die Verfassung zu schützen. Die Reichsregierung
bestätigte das. Nachher erklärte aber Herr Stresemann, als man ihm das
ganze Material über die Art und Weise des Vorgehens gegen den sächsischen Freistaat zeigte, er wäre mit der Art und mit dem Vorgehen gegen Sachsen nicht einverstanden. Aber trotz allen schönen Erklärungen des Reichskanzlers und trotz denVerlautbarungen, daß
die Reichsexekution gegen die sozialistisch»kommu= nistische Regierung war,
blieb die Reichswehr, auch nach dem Sturz des KabinettZeigners, nach dem Sturz der kommunistischen Regierungsmit
glieder. Die Zivilgewalt und die neue sozialistische Regierung, die da glaubte sich aus der Situation zu retten, indem sie eine Kommunisten »Hatz begann, mußte schnell einsehen, daß all ihre Liebes
müh vergebens war. Die Soldaten waren nun einmal da und sie kommandierten. Die Befehle an die Oberkommandierenden gehen an die betreffenden Verbindungsstellen, ohne erst den
Umweg über das Ministerium zu machen und das, was für Sachsen gilt, gilt auch für Thüringen.
In diesem Land, mit einer hochentwickelten sozialistischen Bevölkerung, herrschen die Soldaten nach Gutdünken und Belieben.
Die ganze Tätigkeit der Regierung erstreckt sich dahin, gegen die Maßnahmen der Reichswehr zu protestieren und platonische Erklärungen an die Reichsregierung nach Berlin zu schidcen, mit der Bitte, dem unhaltbaren Zustand ein Ende zu machen. Während der Reichstagsdebatten über die Militärherrschaft in Deutschland wurden von Vertretern der beiden sozialistischen Parteien Einzelheiten über die Art der militärischen Exekution in Sachsen und Thüringen dokumentarisdi bewiesen und dem


erstaunten Hause gezeigt. In Thüringen kamen Hunderte von Verhaftungen vor, friedliche Arbeiter, das erzählen die Parlamentsmitglieder, werden von der Kavallerie eskortiert, und die Industriellen fühlen sich wieder einmal Herr im eigenen Hause.




Nachdem einmal die Militärdiktatur eine vollzogene Tatsache wurde, war es selbstverständlich, daß die Dinge diesen Weg gingen, denn es gibt eine Logik der Tatsachen, die stärker ist als die politische Kombination kleiner Leute, die da glauben, durch große Reden, durch aufgewärmten Pathos, Politik machen zu können.




Der Reichswehrsoldat behütet die Verfassung




Die gute,alte Zeit: Die Wache zieht auf