Lenin: Blick in die Zukunft (Aus einem der letzten Artikel: „Lieber weniger, aber gut , —


geschrieben für den XII. Parteitag der K. P. R. 1923).
Sozialismus gestaltet, jedem anschaulich von Angesicht zu Angesicht zu zeigen, daß der Sozialismus in sich gigantische Kraftbirgt, und daß die Menschheit zu einem neuen Entwicklungsstadium übergeht, das ungewohnt leuchtende Möglichkeiten in sich trägt.
Das System der internationalen Beziehungen hat sich heute so gestaltet, daß in Europa einer der Staaten von den anderen Sieger
staaten versklavt ist: Deutschland. — Ferner befinden sich eine Anzahl Staaten, und zwar die ältesten Staaten des Westens, kraft des „Sieges“ in einer solchen Lage, daß sie diesen Sieg in einer Anzahl geringfügiger, an sich bedeutungsloser Konzessionen aD ihre unterdrückte Klasse ausnützen können. Zugeständnisse jedoch, die immerhin die revolutionäre Bewegung in ihnen verzögern und den Anschein eines „sozialen Friedens“ schaffen.
Gleichzeitig ist eine ganze Reihe von Ländern: der Orient, In dien, China und andere gerade infolge des letzten imperialistischen Krieges aus ihrem Gleis geworfen, endgültig ihre Entwicklung in der Richtung der allgemeinen europäischen kapitalistischen Wirtschaft festgelegt. Es ist jetzt klar, daß die ganze Well in die Entwicklung gezogen wird, die zu nichts anderem als zur Krise de ganzen weltumfassenden Kapitalismus führen kann.
Wir stehen mithin gegenwärtig vor der Frage: wird es uns gelingen. bei unserer kleinen und kleinsten bäuerlichen Produktion, bei unserer Verarmung uns solange zu halten, bis die westeuro
päischen Länder ihre Entwicklung zum Sozialismus vollbracht haben? Aber sie vollbringen sie nicht in der Weise, wie wir e
wojil früher einmal erwartet haben, sie vollenden sie nicht in einem gleichmäßigen „Ausreifen“ des Sozialismus, sondern auf dem Wege der Ausbeutung des bedeutendsten der im imperialisti
schen Kriege besiegten Staaten, verbunden mit der Ausbeutung des ganzen Orients. Der Osten ist endgültig durch diese imperi
alistischen Kriege ein für allemal in den allgemeinen Strudel der revolutionären Bewegung gerissen worden.
Welche Taktik schreibt uns diese Sachlage für unser Land vor? Offensichtlich folgende: wir müssen das Höchstmaß von weiser Voraussicht bewahren, um unsere Arbeitermacht zu erhalten, um unter ihrer Autorität und Führung unsere kleine und kleinste
Bauernwirtschaft zu leiten. Auf unserer Seite ist das Plus, daß die ganze Welt immer mehr in jene Bewegung gerät, aus der diweltumfassende sozialistische Revolution herauswachsen muß. Aber andererseits verzeichnen wir das Minus, daß es den Imperi


alisten gelungen ist, die ganze Welt in zwei Lager zu spalten, wobei diese Spaltung noch dadurch kompliziert wird, daß für


Ankunft ln Petrograd am 17. April 1917
rer Grundlage ein Klein-, ja Zwergbauerntum entstehen lassen, welches dem Proletariat folgt aus Zutrauen zu den Resultaten seiner revolutionären Arbeit. Jedoch, auf dieses Vertrauen hin bis zum endgültigen Siege der Revolution in den ent


wickelteren Ländern unsere Stellung durchzuhalten, ist nicht leicht, weil der kleine und kleinste Landbesitz, besonders bei der neuen ökonomischen Politik, aus ökonomischer Notwendig


keit auf einer niedrigen Stufe seiner Arbeitsproduktivität stehen bleibt. Auch die internationalen Verhältnisse haben dazu geführt, daß Rußland jetzt zurückgeblieben ist, daß im großen und ganzen die Produktivität der Volksarbeit und der Volkswirtschaft bei uns jetzt durchaus noch weniger hoch ist,
als vor dem Kriege. Die westeuropäischen Großmächte haben teils bewußt, teils zwangsläufig ihr Möglichstes getan, um uns zurückzuwerfen, um die Faktoren des Bürgerkrieges in Rußland zu einer möglichst großen Auspowerung des Landes auszu
nutzen. Gerade ein derartiger Ausgang des imperialistischen Krieges erschien ihnen natürlich als sehr vorteilhaft: „wenn wir auch nicht die revolutionäre Ordnung in Rußland Umstürzen können, so werden wir jedenfalls ihre Entwicklung zum .Sozia
lismus erschweren.“ Wenn sie auch die neue, durch die Revolution geschaffene Ordnung nicht stürzen konnten, so verhinderten sie sie doch, sofort einen solchen Schritt nach vorwärts zu tun, der die Voraussage der Sozialisten bewahrheitet hätte, und der es ihnen srlaubte, mit riesiger Schnelligkeit die Produktivkräfte zu entrickcln, alle jene Möglichkeiten zu entfalten, aus denen sich der
Folgendes ist ein allgemeiner Cha
rakterzug unseres heutigen Lebens (in
Rußland) wir haben die kapita
listische Industrie zerstört, wir haben
uns bemüht, jene mittelalterlichen
Einrichtungen und
den Feudal- Landbesitz mit Stumpf und Stiel auszurotten
und haben auf die