Schüchternheit, aus Minderwertigkeitsgefühlen oder auch nur aus Nachlässigkeit mit krummem Rücken und geducktem Kopfe durchs Leben schleichen.
Ihnen wird es viel schwerer werden, sich durchzusetzen und die Welt von dem Werte ihrer Persönlichkeit zu über
zeugen. Mancher von ihnen kann sogar durch seinen zur Schau getragenen Mangel an Selbstgefühl völlig scheitern, denn wer sich nichts zuzutrauen scheint, dem trauen die andern erst recht nichts zu.
Jeder Mensch sollte sich grundsätzlich dazu erziehen, den Kopf hoch zu tragen, auch dann, wenn Sorgen oder Kummer ihn niederdrücken. Es ist eine unleugbare Tatsache, daß eine gute äußere Haltung auch die seelische Haltung stärkt. Sich äußerlich aufrecht halten, selbst wenn einem gar nicht danach zumute ist, bewirkt, daß man sich auch innerlich einen Ruck gibt, daß die Widerstandskraft erstarkt, das
Selbstgefühl zurückkehrt und die seelische Bedrückung schwindet. Eine schlappe Haltung aber zeugt von innerer Schlappheit.
Also straffe Haltung, Kopf hoch und dem Schicksal klar ins Auge geblickt — damit wird manches Hindernis im Sturm genommen, das den Weg zum Erfolge verstellt!
Immer müssen wir warten. Selten nur sind wir sofort „dran“. Unser ganzes Leben ist ein Warten! Ein Warten auf etwas, was kommen soll und muß. Etwas, was uns ganz und gar erfüllt, was wir erhalten und halten möchten, nachdem wir in unbewußtem Sehnen die Hände danach ausgestreckt haben.
Früher, in unserer Jugend, warteten wir auf die Erlaubnis, länger aufzubleiben, dann warteten wir auf die Be
scherungen. In der Schule lockte die Freizeit, dann zählten wir die Tage bis zu den Ferien. Immer warteten wir auf das Eine, Große, das unser Leben reicher und tiefer machen soll — auf das mitreißende Erlebnis.
Wir werden älter. Viele Träume sind begraben, manches Wunschbild verblaßt, aber wir warten immer noch. Eine Stimme in uns singt und klingt ahnungsvolle Melodien. Das Schlimme ist nur, daß wir die Erwartung nicht mehr im Sinne kluger Lebenskunst führen können. Wer kann heute noch still sein, schweigen, allein sein, aus. der Einsamkeit Werte schöpfen? Nur wenige. Hineingerissen in die Vielfalt des täglichen Geschehens, gestoßen von Lärm und Ge
räusch, gepackt vom zerrenden Draußen, vermögen wir nicht mehr an uns selbst jenes Genüge zu finden, das uns ausfüllt.
Wer zu warten versteht, hat dem Nervösen, Hastenden viel voraus. Ihn quält nicht das krampfhafte Wollen, das verzerrte Zwingenwollen, ihm weist eine stille Gewißheit, eine ruhige Vertrauensfülle den Weg zum Sieg. Der Warte
künstler spielt gleichsam auf seiner Zeituhr die Melodie des Glücks: „Es wird schon kommen!“ Richtig, zwingen läßt sich nichts, man muß es nur offenen Sinnes und bereiten LIerzens auf sich zukommen lassen — an einem schönen Tage ist es dann wirklich da.
Man verstehe richtig: jeder stehe an seinem Platz, erfülle seine Aufgabe, quäle sich aber nicht, das Glück zu
zwingen. Sich Zeit nehmen, ab warten, bis sich die Dinge erfüllt haben, das ist der Schlüssel, das Muß des Wartens zur Kunst zu adeln, dem Glück mit offenen Händen ent
gegenzugehen. Nur wer ruhig zu atmen weiß, kommt im Schneilauf des Lebens ans Ziel.
Kaufmann werden, ist nicht schwer, Kaufmann sein, dagegen sehr.
Es kommt oft vor, daß uns der beste Freund oder ein guter Bekannter begegnet, uns beinahe am Ärmel streift und uns doch nicht bemerkt. Wir schütteln den Kopf und
bemühen uns vergeblich, den Grund für dieses seltsame Verhalten zu entdecken.
Auch wer geneigt ist, solch einen Vorfall „krummzunehmen“, wird zunächst noch versuchen, eine Entschuldigung für dieses Gebaren zu finden.
Wir sehen dem komischen Kauz nach und schütteln nochmals den Kopf. Leicht vornübergeneigt und mit hän
genden Schultern hastet er bereits zwanzig Meter entfernt davon. — Wiederholt sich solch ein Vorkommnis einige Male, so gerät der „gute Bekannte“ entweder in den Ruf der Unliöfliehkeit, oder man sagt von ihm, „er lebe manchmal auf dem Mond“.
Dabei ist er von Haus aus ein durchaus höflicher Mensch, dazu gescheit und tüchtig. Aber er gehört zu jener Gruppe von Menschen, die stets denken und nicht sehen, wenn sie gehen. <
Erzählt man am nächsten Tage: „Hör’ einmal, du wärst mir gestern beinahe in die Arme gelaufen und hast mich nicht gesehen!“, so sind sie erstaunt und erklären ihr Ver
sehen mit überreicher Beschäftigung und dem Zwang zur Eile. Aber diese Eile stammt nicht von reicher Geschäftigkeit, sondern von reichem Gedankenflug zur Unrechten Zeit.
Wer seinen Weg geht, die bunten Bilder der Welt anschaut und die Augen statt der Gedanken schweifen läßt, der kommt ebenso pünktlich, aber doppelt frisch am Ziele an. Er hastet nicht in schlechter Haltung durch die Straßen, sondern schreitet aufrecht durch das Menschengewühl. Und kommt in keinen falschen Ruf!
Das Wichtigste, um ein Geschäft gut zu führen, kostet nichts: Es ist das Denken.
Nur der gesunde, lebensfrohe, seine Kräfte richtig verteilende Mensch findet den richtigen Ausgleich zwischen Wissen und Wollen. Ein Stubenhocker mag viel wissen, doch es fehlen ihm die natürlichen Kräfte, etwas zu wollen. Mancher hat eine in den alltäglichen Dingen starke Willens
kraft und ist doch nicht fähig, in einer großen Sache einen entscheidenden Schritt zu wagen, weil ihn allerhand Be
fürchtungen hindern. Der natürliche Mensch, der seine Kräfte täglich erneut, hat auch den frohen Mut, etwas zu
wagen, ohne sich durch kleinliche Bedenken, die meist nur in der dumpfen Stube kommen, abhalten zu lassen. Das frische, fröhliche Wagen aber ist wichtig, wenn etwas gelingen soll.