VERKAUFS-JOURNAL
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Kurz ist das Leben. Weniger durch seine geringe Dauer, als deswegen, weil wir von dieser kurzen Zeit kaum genug besitzen, um sie genießen zu können. Seneca sagt: Rette dich dir selbst und sammle und erhalte dir die Zeit, die dir bisher entweder geraubt oder entwendet wurde oder entschlüpft.
Überzeuge dich, daß es so ist, einige Zeit wird uns entrissen, einige heimlich entzogen, einige entschlüpft.
Der schimpflichste Verlust jedoch ist jener, der durch Nachlässigkeit erfolgt.
Willst du die Sache genau betrachten, so verfließt der größte Teil des Lebens den Menschen, indem sie Überflüs
siges tun, ein großer, indem sie nichts tun, das ganze Leben aber, indem sie etwas anderes tun, als sie sollten.
Wen willst du mir nennen, der einigen Wert darauf legte, der den Tag schätzte, der einsähe, daß er täglich stirbt?
Denn darin irren wir, daß wir auf den Tod nur als auf etwas Zukünftiges hinblicken: er ist zum großen Teile schon vorüber.
Alles, was von unserem Lebensalter hinter uns liegt, hat der Tod in Händen. Mache es demnach so: Halte alle Stun
den zusammen; du wirst dann weniger von dem morgenden Tage ubhüngen, wenn diw den heutigen erfassest.
Über jeden Menschen kommen manchmal Stunden, in denen er sich von der rauhen Wirklichkeit abwendet und ins Land der Träume flüchtet. Tausend Wünsche und Sehnsüchte werden dann in ihm wach, und in holder Selbstvergessenheit gibt er sich ihnen hin.
Solche Wünsche nehmen oft die seltsamsten Formen an. Denn der menschlichen Phantasie sind ja bekanntlich keine Grenzen gesetzt. Je bescheidener ein Mensch lebt, um so unbescheidener ist er meistens in seinen Wünschen.
So mancher, der vielleicht knapp das Notwendigste hat, träumt heimlich davon, wie schön es wäre, wenn er ein prächtiges Schloß besäße, das irgendwo in einer herrlichen romantischen Landschaft läge... Und weiter schweift seine Phantasie... Er sieht sich in einem prachtvollen Auto durch die Wälder fahren, mittags aber, wenn er auf sein Schloß zurückkehrt, empfängt ihn eine große Anzahl galonierter Diener, die leckersten Speisen stehen auf der Tafel, und alles in diesem Traumschloß ist Glanz und funkelnde Schönheit...
Ein anderer Mensch wiederum, dem es im wirklichen Leben vielleicht kümmerlich geht, hegt den heimlichen Wunsch, weite Weltreisen zu machen, und es gibt kein größeres Vergnügen für ihn, als wenn er sich in seine abenteuerlichen Träume verlieren kann. In seiner Phantasie er
blickt er sich bald an den Gestaden einer fernen Siidseeinsel, bald in den Dschungeln Indiens, oder er fährt auf einem luxuriösen Ozeandampfer durch die Weltmeere...
Zahlreiche Menschen haben auch die Eigenschaft, daß sie sich von ihren Jugendwünschen und Jugendträumen nicht freimachen können. Da hat einer z. B. in seinen Jünglings
jahren den Wunsch gehabt, Maler oder Schauspieler oder ein berühmter Erfinder zu werden. Obwohl ihn das Leben inzwischen längst in einen anderen Beruf gestellt hat, hegt er noch immer die heimliche Hoffnung, seine Jugendsehnsucht könne vielleicht doch in Erfüllung gehen. Und in seiner Phantasie malt er sich immer wieder aus, wie herr
Jeder soll sich ein so hohes Ziel setzen, daß auch dessen nicht vollständige Erreichung einen Aufstieg bedeutet.
39. Jahrgang
MARZ 1937Heft 3
HERAUSGEBER: KOMMERZIALRAT HEINRICH SCHWARZ
Eine der häßlichsten Eigenschaften und eine der unsinnigsten dazu ist das Mißgünstigsein, denn der Mißgünstige verbittert sich selbst das Leben und bringt sich um alle Freude.
Warum sollen wir eigentlich andere um ihr scheinbar besseres Leben oder um ihre Erfolge beneiden? Was haben wir denn davon?
Viel gescheiter ist es doch, durch Nachdenken, Fleiß und Ausdauer, durch eine stetige, unverdrossene Beharrlichkeit die eigenen Verhältnisse ebenfalls zu bessern suchen.
Das gibt frohen Mut und Selbstvertrauen, das die Kräfte stählt, so daß der Erfolg nicht ausbleiben wird.
Und wenn wir uns die Lebensverhältnisse der Leute einmal genauer ansehen, denen wir mißgünstig sind, dann werden wir bald feststellen, daß auch sie ihr Sorgenpäcklein zu tragen haben, und daß es oft nicht leicht zu entscheiden ist, welches Kreuz schwerer zu tragen ist, das der anderen oder unser eigenes?
Indem man das Leben verschiebt, eilt es vorüber. Alles ist fremdes Eigentum; nur die Zeit ist unser. Nur in den Besitz dieser einen flüchtigen Sache hat uns die Natur gesetzt, und doch vertreibt uns aus demselben, wer da will.
Und so groß ist die Torheit der Menschen, daß sie das Geringfügigste und Wertloseste, wenn sie es erlangt haben, schätzen, niemand aber etwas schuldig zu sein glaubt, wenn er Zeit empfangen hat, während doch diese das einzige ist, was nicht einmal der Dankbare wieder erstatten kann.