Ein Mahnbrief, den man gern bekommt!


Gewiß, auch Mahnbriefe können werben. Sie werben darum, von dem Schuldner, wo
möglich in einer Reihe anderer Mahnbriefe, beachtet zu werden, um so den erwünschten
Erfolg zu bringen. Darüber hinaus haben sie aber auch die Aufgabe, den Gemahnten
dem Geschäft als Kunden zu erhalten. In vielen Fällen wird der Kunde aber schon mit dem ersten Mahnbrief so verärgert, daß er nicht wieder kauft. Woran das liegt? Sehr oft an der falschen Abfassung!
Wenn ein Kunde in einem Geschäft gegen Kredit gekauft hat und im allgemeinen seine Monatsteilbeträge pünktlich bezahlt hat, dann ist er ernstlich verstimmt, wenn er sofort einen der üblichen Mahnbriefe bekommt, weil er wirklich einmal mit einer Rate im Rückstand geblieben ist.
Zweckmäßigerweise kleidet man bei solchen Abnehmern, die Mahnungen gegenüber besonders empfindlich sind, die erste Mahnung in die Form einer Anerkennung. Ein bedeutender Detailhäudler schickt seinen Kunden z. B. folgenden
„Sehr geehrter Herr Hartmann!
Wir freuen uns immer wieder, wenn unsere Kunden unsere gewissenhafte Bedienung und unsere entgegen
kommende Zahl ungsweise anerkennen. Als eine solche Anerkennung schätzen wir auch die gewissenhafte Ein
haltung der vereinbarten Zahlungstermine. Dabei stellen wir gerne fest, daß auch Sie zu dem Kreis der Pünktlichen gehören. Sollten Sie deshalb irgendwelche beson
dere Gründe davon abgehalten haben, diesmal die fällige Rate in der gewohnten Weise pünktlich einzubezahlen, so bitten wir um entsprechende Mitteilung. Ein guter Kunde wie Sie darf immer mit unserem Entgegenkommen rechnen.
Wir vermuten aber, daß von Ihnen die Fälligkeit nur übersehen wurde, und daß wir in Ihrem Sinne handeln, wenn wir Sie hiermit daran erinnern.
Erhalten Sie uns Ihr Wohlwollen und Ihr Vertrauen! Ihr
Hans Liefergut.“
Ein solcher Brief läßt keine Verärgerung aufkommen. Er sagt dem Kunden vielmehr, wie man ihn einschätzt, und daß man ihm als pünktlichen Zahler auch gern einmal ent
gegenkommt. Darüber hinaus bekommt der Schuldner aber auch den Eindruck einer peinlich genauen Geschäftsführung, und schon das wirkt irgendwie verpflichtend.


Wann hört Ihr Verdienst auf ?


Zu diesem in der März-Ausgabe veröffen tlichten Beitrag werden uns von fachkundiger Seite aus unserem
Leserkreis nachfolgende dankenswerte Ausführungen zur Verfügung gestellt. Die Redaktion.
Der Artikel „Wann hört Ihr Verdienst auf?“ nebst der dazugehörigen Tabelle auf Seite 5 der März-Ausgabe kann nicht unwidersprochen bleiben. In seiner jetzigen Form ist er irreführend. Es soll anscheinend nachgewiesen werden, daß die Lagerzeit die Ware verteuert und infolgedessen der Gewinn aufgezehrt wird. — Zunächst müßte es in der zweiten Spalte, rechte Seite, Zeile 3 bis 4, heißen: „ein Geschäft, das viermal jährlich sein Lager umsetzt“ (und nicht vielmals). Aber das kann vielleicht ein Schreib- oder Druckfehler sein. Falsch ist jedoch die Annahme, daß die Verkaufskosten, mit denen man die Ware nach der Kalkulation belastet hat, während des ganzen Jahres die gleichen bleiben, die laufenden Ausgaben jedoch im gleichen Verhältnis von Monaj zu Monat steigen. Aber auch die Verlust- und Ge
winnrechnung ist unter Zugrundelegung eines viermaligen Lagerumschlages nicht richtig. Einer Frequenz von vier pro Jahr entspricht eine Lagerzeit von drei Monaten. Wenn nun angenommen wird, daß die Lieferantenrechnungen sofort bezahlt wefden, so bald die Ware geliefert wird, so betragen die tatsächlichen Lagerzinsen — wenn man einen Zinssatz von 7% annimmt — pro Wareneinheit 0-06 pro Monat, denn pro Jahr 7%, mithin pro Monat 7 :12. Von 10-— also 0-6% = 0’06 pro Monat.
Aber diese können höchstens für drei Monate in Anrechnung gebracht werden, denn nach dieser Zeit ist ja die Ware bei einem viermaligen Lagerumschlag verkauft. Ge
währt der Lieferant beispielsweise ein Zahlungsziel von
drei Monaten, so würden gar keine Lagerzinsen entstehen. Die Ware, die jedoch länger liegen bleibt, wird für jeden
Monat Lagerzeit mit lediglich 0-06 belastet, das sind fiir das ganze Jahr erst 072. Da jedoch auf die Ware ins
gesamt 5 — aufgeschlagen worden sind (Einkaufspreis 10-—, Verkaufspreis 15-—, Bruttogewinn 5’—), so sind am Jahres
ende rechnerisch noch 4-28 übrig. — Es ist fernerhin eine falsche Auffassung, daß eine Ware während ihrer Lagerzeit auch an den laufenden Kosten partizipieren soll. Denn diese werden von der verkauften Ware getragen. Die Kalkulation
basiert bekanntlich nicht auf dem Warenlager, sondern auf dem Umsatz.
Nachstehend nunmehr eine Tabelle, die die richtige Gewinnberechnung angibt, und zwar bei einem Lagerumschlag von vier und einem Lieferantenkredit von drei Monaten. Die Tabelle ist hier nicht für das ganze Lager gedacht, sondern für irgendeine Ware, die länger als drei Monate unverkäuflich bleibt.
In Prozenten vom Umsatz
Im übrigen, um nochmals auf die in der März-Ausgabe veröffentlichte Tabelle zurückzukommen: wenn bei einem viermaligen Lagerumschlag schon im sechsten Monat der Gewinn aufgezehrt sein sollte, müßte der größte Teil aller Detailgeschäfte seine Pforten schon längst geschlossen haben, denn in der Praxis werden viele ihr Warenlager weniger als viermal umsetzen.
Man muß nicht alles nach den bloßen Zahlen bewerten! Wenn ein leichtfertiger Verschwen
der einem soliden Sparsamen hundert Schilling leiht, so kann sein Opfer geringer sein, als wenn der Sparsame dem Verschwender einen Schilling vorstreckt.