Mit Empfehlungsbriefen und Fürsprachen sei vorsichtig, denn du übernimmst eine Art Bürg
schaft mit ihnen. Fürsprache aber ist wichtig, kannst du jemand damit helfen, so tue es, nicht überschwenglich, aber warm.
Der Mensch unserer Tage hat keine Zeit mehr — ist’s nicht so? Früher haben wir ein ganz klein wenig über die Amerikaner mit ihrer ewigen Hetzjagd gespottet und über ihre Devise „Zeit ist Geld“. Heute sind die meisten von
uns von diesem Tempo ein wenig angesteckt. Wir wissen auch alle, daß diese Zeit harte Arbeit von jedem fordert — wir haben tatsächlich keine Muße mehr zur Beschaulichkeit.
Aber manchmal ist es doch ganz merkwürdig: gerade diejenigen, die offensichtlich immerfort in größter Eile sind, die überhaupt nur noch geschäftlich und praktisch zu den
ken vermögen — gerade diese haben manchmal Zeit, so viel Zeit, daß man sich wundern muß. Diese Beobachtung wird wohl so mancher selbst gemacht haben, ohne sich aber darüber zu wundern, denn innerlich neigt jeder von uns zu der gleichen Einstellung, so wunderbar es auch klingen mag.
Das ist z. B. immer der Fall, wenn irgendwo auf der Straße „etwas los ist“. Vielleicht werden da gerade Kabel
arbeiten vorgenommen. Auf der Straße ist ein kleines Zelt errichtet, von dem ein Fähnchen weht — zum Zeichen, daß die Wagen hier langsam fahren müssen. Durch einen Schacht kann man tief in die Erde schauen, wo ganze Bündel von Kabeln, Wasser- und Gasleitungen durcheinan
derlaufen. Und eine von diesen dicken Riesenschlangen wird nun kunstvoll emporgewunden und auf eine riesige Rolle geleitet. Wenn die Arbeiten beginnen, bleiben vielleicht zwei oder drei vorübergehende Menschen voll Inter
esse stehen — in zehn Minuten haben sich hier schon zwanzig bis dreißig angesammelt, die, wie es scheint, nicht
eher weichen wollen, ehe die Sache mit dem Kabel endgültig in Ordnung gebracht ist.
Zeit ist Geld. Komisch — alle, die hier stehen, müssen demnach unge
Eine bekannte Redensart sagt: Es gibt kein Schlechtwetter, man muß sich nur entsprechend zu kleiden wissen, ein Satz, der nicht nur in modischer Beziehung seine Be
rechtigung hat, sondern im übertragenen Sinn auch aufs Leben angewendet werden kann.
Sind die Zeiten rosig, winkt uns Erfolg, lächelt uns das Glück, kurz, ist Schönwetter, dann soll man die Gelegen
heit beim Schopf packen, leicht und ohne Zögern genießen, was die Stunde bringt, sich nicht durch Zweifel und Beden
ken den Augenblick mit seinem Sonnenglanze trüben. Keine zu schwere Kleidung!
Und wenn sich der Himmel umzieht, Stürme und Regengüsse kommen, überall Enttäuschungen und unvorhergesehene Schicksalsschläge das Lebenswerk zu vernichten dro
hen, dann die Regenhaut überziehen, die Kapuze aufstülpen und mutig weitermarschieren! Es wird schon gehen, wenn der Wille da ist, wir müssen durchkommen, und wo der Wille ist, da ist auch ein Weg. Wappnen wir uns mit Geduld, mit der Zuversicht, daß alles wieder vorübergeht, daß das Gewölk wieder einmal zerreißt, daß es Stürme gibt, die auch alte Hindernisse unvermutet aus dem Weg räumen, alte Bäume fällen, die schon zuviel Licht Wegnahmen, oder daß der Regen die Erde erfrischt, die neue Saat besser auf
gehen läßt. Wenn der letzte Tropfen gefallen ist, legen wir die gute Regenkleidung ab für kommende Tage, blicken nach dem Himmel und richten uns für bessere Tage ein, denn auch das schlechte Wetter, Sturm und Regen, werden einmal vorübergehen. Wer das tut lind immer danach han
delt, wird am Ende seiner Laufbahn sagen können: „Ich kenne kein. Gut- und Schlechtwetter, man muß sich nur richtig zu kleiden wissen!“
Entnimmst du die Waren auf Kredit, läßt du dich leicht verleiten, mehr zu kaufen, als du beabsichtigt hast.


Eile mit Weite!


Wenn ein Kunde den Laden betritt, so erscheint es ihm als etwas Selbstverständliches, daß er nicht nur mit Höflich
keit und Fachkenntnis bedient werde, sondern er erhebt auch gerechten Anspruch darauf, in ein freundliches Gesicht zu sehen. Diese gute Laune, dieses freundliche Gesicht des Verkäufers darf nicht von irgendwelchen augen
blickhaften Dingen abhängen. Das, was das frohe Gesicht verursacht, wie es am Verkaufspult ganz unerläßlich ist, soll seine Quelle ganz woanders haben! Eine gewisse Ar
beitsfreude, die Lust zum Beruf, ein ernstes, planmäßiges Streben nach Erfolg, eine geradezu sportliche Begeisterung muß dahinterstecken. Wenn solche Kräfte die Grundlage sind, wenn jeder Kunde immer wieder als eine neue, reiz
volle Aufgabe betrachtet wird, die gelöst werden soll und aus der man lernen kann, so wird es zur richtigen „Berufsfreude“ kommen! „Erziehe dich zu einer inneren, wirk
lichen Fröhlichkeit, schaffe mit Lust über alle Sorgen, über alles Unbehagen, das du sonst haben magst, hinweg!“ Dieser Rat ist deshalb gut, weil er die Arbeit nicht nur erleichtert und sie angenehmer macht, sondern er ist auch ein guter Helfer zum „Verkaufen“, dem Endziel des Ladengeschäftes!
heuer wohlhabend sein, denn sie haben auf einmal ungeheuer viel Zeit. Hier der Botenjunge mit dem Rad, den Rucksack auf dem Rücken, der soll doch sicher in fünf Minuten schon die gewünschten Sachen abliefern. Neben ihm der würdige ältere Herr mit der Aktentasche, der,
ein armer, geplagter Erdenbürger, von einer Sitzung in die andere laufen muß und dem der Kopf von wichtigen geschäftlichen Unternehmungen schwirrt. Und hier die Frau mit der Einkaufstasche, die sich eigentlich rasend be
eilen wollte mit ihren Besorgungen, weil sie zu Flause Wäsche hat und zehn Hände anstatt zwei haben müßte!
Sie stehen hier, obwohl sie sich’s im Grunde nicht leisten könnten. Und vielleicht fühlen sie doch im Grunde ihres Herzens, wie wunderschön das ist — so einmal fünf oder zehn Minuten lang an gar nichts zu denken, sondern bloß zuzusehen, wie der Mann da unten das dicke Kabel herauf
windet. Eine Viertelstunde später werden sie alle schon wieder mitten im Getriebe ihrer tausend Geschäfte sein. Diese Minuten aber, die sie hier schauen, als wäre das Kabel die wichtigste Sache der Welt, diese Minuten haben sie sich vom ewigen Tempo ihres schweren Arbeitstages gestohlen und genießen sie doppelt, weil sie wissen, daß die verlorene Zeit gleich wieder durch doppelte Eile eingebracht werden muß.