Luigi Pirandello, der kürzlich verstorbene berühmte italienische Dichter, hat seinerzeit mit sei
nem geistreichen Spiel „Sechs Personen suchen einen Autor“ die Bühnen der ganzen Welt erobert. Ich habe gewiß nicht den Ehrgeiz, auch nur ein einziges Blatt aus seinem Lorbeerkranz zu brechen, aber es scheint mir immerhin eine reizvolle Aufgabe, im kaufmännischen Leben sechs Charaktere zu skizzieren, die immer wieder ihren Akteur suchen.
Ein Typ, dem wir leider sehr oft begegnen und der, wenn auch vielleicht oft unbewußt, der Volkswirtschaft
gleich der kleinere Detailkaufmann in der heutigen Zeit Vielseitigkeit beweisen muß — ist er doch oft Chef und Angestellter, Verkäufer und Dekorateur, Werbefachmann und Buchhalter in einer Person —, so besitzen manche Leute außerdem noch den Ehrgeiz, Arbeiten, die gründliche Fachkenn tinsse und spezielle Schulung erfordern, selbst auszuführen. Da ist z. B. der Inhaber eines Herren
modegeschäftes, dem eine Schaukastenscheibe zerbrochen ist. Er bemüht zur Behebung des Schadens nicht den nächstgelegenen Glaser, der überdies noch ein Kunde ist, sondern versucht, da er im Besitze eines Glasschneiders ist, die Tafel selbst einzusetzen. Da er nicht die nötige handwerkliche Schulung besitzt, gelingt dies erst, nachdem zwei weitere Tafeln zerbrochen sind. Aber er hat dann nicht nur diesen Schaden zu tragen, sondern er muß auch
damit rechnen, daß der Glaser in Hinkunft seinen Bedarf auch in einem Geschäft decken wird, das ihm wieder Verdienstmöglichkeit bietet. Ähnlich mag es ihm beim An
streicher und Zimmerputzer, beim Installateur und Tischler ergehen. Alle diese Berufe haben schließlich ihre Schulen absolviert, ihre Werkarbeit leisten müssen und erheben heute Anspruch auf Verdienst und Existenzmöglichkeit. Ihnen diese im Rahmen seines Geschäftes zu gewähren, bedeutet positive Arbeit am Aufbau der Wirtschaft und damit Nutzen für das eigene Geschäft.
Der Unbelehrbare.
Er ist der Gegensatz zu dem vorhin Genannten. Aber nicht nur, daß er es stets ablehnt, einen ehrlich gemeinten
Rat eines wirklich guten Freundes — wenn sie auch selten sind, so kommen sie doch noch manchmal vor — anzu
nehmen, er versteht auch die Schicksalssprache nicht, und Mißerfolge können ihn nie veranlassen, sein, eigenes Tun und Handeln einer Prüfung zu unterziehen. Sein Weg ist für ihn immer der richtige und die Hindernisse, die sich auftürmen, nur Bosheiten der Mitwelt, wenn sie auch von dieser als Felsblöcke erkannt werden, die er selber vor
sich herwälzt. Erst wenn sich der gähnende Abgrund vor ihm auftut, sucht er verzweifeltt nach einer Brücke und findet die herbe Erkenntnis, wie viele Opfer seine Rück
sichtslosigkeit gefordert hat. Je früher er dazu gebracht wird, desto geringer ist der Schaden, den seine Mitmenschen erleiden.
Der Optimist.
Das ist jener Glückliche, der auch durch die schwärzeste Regenwand die strahlende Sonne sieht. Er zählt zweifellos zu den stärksten aufbauenden Kräften des Wirtschaftslebens und vermag mit seiner unversiegbaren Schaffens
freude seine Nebenmenschen mitzureißen und zu höheren Leistungen anzuspornen. Freilich kommt es nicht selten
vor, daß er mit seinem steten hoffnungsvollen Blick in die Zukunft die rechnerische Basis der Gegenwart verliert und sich dadurch selbst Hemmnisse und Klippen schafft. Wo hier das Maß in der eigenen Person nicht gegeben ist, kann es in der Gestalt einer bedachtsamen und rechnerischen Natur als Mitarbeiter mit Aussicht auf Erfolg erreicht werden.
Der Problematiker.
Er zersplittert seine Arbeitskraft vielfach an den Kleinigkeiten des Alltags. Der Verkauf eines Llosenträgers bringt im gleichen Maße seine! Gedankenwalze ins Rollen wie Neugründung eines Geschäftes. Er liebt zwar die Ordnung, aber sie wirklich zu halten, mangelt es ihm vor lauter Überlegung an Zeit. Er findet vom Gedanken nur langsam den Weg zur Tat und sieht sich daher oft vor verpaßten Gelegenheiten. Auch seine Mitmenschen will er auf seine Bahn zwingen und wirkt daher als Bremse des Wirtschaftslebens.
Der Besserwisser.
Er reicht dem Alleskönner meist die Hand. Aber eigentlich ist er noch um einen Grad schlimmer. Denn während der Alleskönner immerhin noch einen Mann der Tat dar
stellt und sich gewöhnlich auf das eigene Geschäft be
schränkt, zieht es der Besserwisser vor, die Arbeit anderen
zu überlassen, dafür aber seine überheblichen Gedanken überall dort zu äußern, wo sie geeignet sind, redliches Bemühen herabzusetzen und zu hemmen. Dabei versteht er es, meist in der Maske des guten Freundes aufzutreten, dem es freilich nicht darum zu tun ist, wirklich gute Rat
schläge zu erteilen, sondern nur seinen eigenen Ideenkram loszuwerden, zu dessen praktischen Anwendung er selbst nicht einmal fähig ist. Er stellt sich so gewissermaßen als irreführender Wegweiser auf den geradlinigen Pfad des Strebsamen und bringt womöglich noch als Danaergeschenk die Schadenfreude mit. Wer sein Ziel kennt, wird die Besserwisser gerne am Wegrand zurücklassen und dadurch vor manchem Schaden bewahrt bleiben.
Er sieht seinen einzigen Lebenszweck in der Erfüllung seines Berufes, die ihm Berufung erscheint, und vergißt dabei das Leben seiner Mitwelt. Für ihn gilt daher mü
der enge Kreis seines Geschäftes und er versteht es nicht, darüber hinaus etwas zur praktischen und angenehmen Lebensgestaltung seiner eigenen Person und seiner Mit
menschen beizutragen. Da er so auch den Begriff der Freizeit nicht kennt, wird seine Schaffenskraft leicht ermüden und zu großen Leistungen nicht fähig sein. Hemm
nisse, die außerhalb seiner Berufsbahn liegen, bereiten ihm große Schwierigkeiten, die letzten Endes auch wieder sein berufliches Gleichgewicht stören.
Die hier gezeichneten Charaktere mögen vielleicht Anlaß geben, sein eigenes Tun und Handeln einer schärferen
Kritik zu unterziehen und zur Erkenntnis führen, daß dies oder jenes unseres Wesens einer Änderung bedarf, um dem eigenen Ziele und dem Aufgabenkreis unserer Zeit näherzukommen. Fred Schaffer.
nem geistreichen Spiel „Sechs Personen suchen einen Autor“ die Bühnen der ganzen Welt erobert. Ich habe gewiß nicht den Ehrgeiz, auch nur ein einziges Blatt aus seinem Lorbeerkranz zu brechen, aber es scheint mir immerhin eine reizvolle Aufgabe, im kaufmännischen Leben sechs Charaktere zu skizzieren, die immer wieder ihren Akteur suchen.
Der Alleskönner.
Ein Typ, dem wir leider sehr oft begegnen und der, wenn auch vielleicht oft unbewußt, der Volkswirtschaft
einen manchmal nicht unerheblichen Schaden zufügt, der letzten Endes wieder auf ihn selbst zurückfällt. Wenn
gleich der kleinere Detailkaufmann in der heutigen Zeit Vielseitigkeit beweisen muß — ist er doch oft Chef und Angestellter, Verkäufer und Dekorateur, Werbefachmann und Buchhalter in einer Person —, so besitzen manche Leute außerdem noch den Ehrgeiz, Arbeiten, die gründliche Fachkenn tinsse und spezielle Schulung erfordern, selbst auszuführen. Da ist z. B. der Inhaber eines Herren
modegeschäftes, dem eine Schaukastenscheibe zerbrochen ist. Er bemüht zur Behebung des Schadens nicht den nächstgelegenen Glaser, der überdies noch ein Kunde ist, sondern versucht, da er im Besitze eines Glasschneiders ist, die Tafel selbst einzusetzen. Da er nicht die nötige handwerkliche Schulung besitzt, gelingt dies erst, nachdem zwei weitere Tafeln zerbrochen sind. Aber er hat dann nicht nur diesen Schaden zu tragen, sondern er muß auch
damit rechnen, daß der Glaser in Hinkunft seinen Bedarf auch in einem Geschäft decken wird, das ihm wieder Verdienstmöglichkeit bietet. Ähnlich mag es ihm beim An
streicher und Zimmerputzer, beim Installateur und Tischler ergehen. Alle diese Berufe haben schließlich ihre Schulen absolviert, ihre Werkarbeit leisten müssen und erheben heute Anspruch auf Verdienst und Existenzmöglichkeit. Ihnen diese im Rahmen seines Geschäftes zu gewähren, bedeutet positive Arbeit am Aufbau der Wirtschaft und damit Nutzen für das eigene Geschäft.
Der Unbelehrbare.
Er ist der Gegensatz zu dem vorhin Genannten. Aber nicht nur, daß er es stets ablehnt, einen ehrlich gemeinten
Rat eines wirklich guten Freundes — wenn sie auch selten sind, so kommen sie doch noch manchmal vor — anzu
nehmen, er versteht auch die Schicksalssprache nicht, und Mißerfolge können ihn nie veranlassen, sein, eigenes Tun und Handeln einer Prüfung zu unterziehen. Sein Weg ist für ihn immer der richtige und die Hindernisse, die sich auftürmen, nur Bosheiten der Mitwelt, wenn sie auch von dieser als Felsblöcke erkannt werden, die er selber vor
sich herwälzt. Erst wenn sich der gähnende Abgrund vor ihm auftut, sucht er verzweifeltt nach einer Brücke und findet die herbe Erkenntnis, wie viele Opfer seine Rück
sichtslosigkeit gefordert hat. Je früher er dazu gebracht wird, desto geringer ist der Schaden, den seine Mitmenschen erleiden.
Der Optimist.
Das ist jener Glückliche, der auch durch die schwärzeste Regenwand die strahlende Sonne sieht. Er zählt zweifellos zu den stärksten aufbauenden Kräften des Wirtschaftslebens und vermag mit seiner unversiegbaren Schaffens
freude seine Nebenmenschen mitzureißen und zu höheren Leistungen anzuspornen. Freilich kommt es nicht selten
vor, daß er mit seinem steten hoffnungsvollen Blick in die Zukunft die rechnerische Basis der Gegenwart verliert und sich dadurch selbst Hemmnisse und Klippen schafft. Wo hier das Maß in der eigenen Person nicht gegeben ist, kann es in der Gestalt einer bedachtsamen und rechnerischen Natur als Mitarbeiter mit Aussicht auf Erfolg erreicht werden.
Der Problematiker.
Er zersplittert seine Arbeitskraft vielfach an den Kleinigkeiten des Alltags. Der Verkauf eines Llosenträgers bringt im gleichen Maße seine! Gedankenwalze ins Rollen wie Neugründung eines Geschäftes. Er liebt zwar die Ordnung, aber sie wirklich zu halten, mangelt es ihm vor lauter Überlegung an Zeit. Er findet vom Gedanken nur langsam den Weg zur Tat und sieht sich daher oft vor verpaßten Gelegenheiten. Auch seine Mitmenschen will er auf seine Bahn zwingen und wirkt daher als Bremse des Wirtschaftslebens.
Der Besserwisser.
Er reicht dem Alleskönner meist die Hand. Aber eigentlich ist er noch um einen Grad schlimmer. Denn während der Alleskönner immerhin noch einen Mann der Tat dar
stellt und sich gewöhnlich auf das eigene Geschäft be
schränkt, zieht es der Besserwisser vor, die Arbeit anderen
zu überlassen, dafür aber seine überheblichen Gedanken überall dort zu äußern, wo sie geeignet sind, redliches Bemühen herabzusetzen und zu hemmen. Dabei versteht er es, meist in der Maske des guten Freundes aufzutreten, dem es freilich nicht darum zu tun ist, wirklich gute Rat
schläge zu erteilen, sondern nur seinen eigenen Ideenkram loszuwerden, zu dessen praktischen Anwendung er selbst nicht einmal fähig ist. Er stellt sich so gewissermaßen als irreführender Wegweiser auf den geradlinigen Pfad des Strebsamen und bringt womöglich noch als Danaergeschenk die Schadenfreude mit. Wer sein Ziel kennt, wird die Besserwisser gerne am Wegrand zurücklassen und dadurch vor manchem Schaden bewahrt bleiben.
Der „Nur“ - Kaufmann.
Er sieht seinen einzigen Lebenszweck in der Erfüllung seines Berufes, die ihm Berufung erscheint, und vergißt dabei das Leben seiner Mitwelt. Für ihn gilt daher mü
der enge Kreis seines Geschäftes und er versteht es nicht, darüber hinaus etwas zur praktischen und angenehmen Lebensgestaltung seiner eigenen Person und seiner Mit
menschen beizutragen. Da er so auch den Begriff der Freizeit nicht kennt, wird seine Schaffenskraft leicht ermüden und zu großen Leistungen nicht fähig sein. Hemm
nisse, die außerhalb seiner Berufsbahn liegen, bereiten ihm große Schwierigkeiten, die letzten Endes auch wieder sein berufliches Gleichgewicht stören.
Die hier gezeichneten Charaktere mögen vielleicht Anlaß geben, sein eigenes Tun und Handeln einer schärferen
Kritik zu unterziehen und zur Erkenntnis führen, daß dies oder jenes unseres Wesens einer Änderung bedarf, um dem eigenen Ziele und dem Aufgabenkreis unserer Zeit näherzukommen. Fred Schaffer.