Du darfst nicht glauben, daß


1. du ein besonderer Pechvogel bist;
2. nur dich allein das Leben ungebührlich schwer
belaste;
3. andere ihre Erfolge mühelos erzielten;
4. das Eingestehen eines Fehlers dich herabsetze; 5. jeder deine weisen Ratschläge hören wolle; 6. alle Lobredner es ehrlich mit dir meinen.


Menschen mit Grundsätzen.


Feste Grundsätze, klar umrissene Standpunkte sind zu einem geordneten Leben nicht minder notwendig als eine korrekte Führung der Bücher zu einem kaufmännischen Betrieb. Grundsätze sind Richtlinien und Wegzeichen, sie helfen uns, in den mancherlei Verwirrungen und Verwick
lungen des Lebens zurechtzufinden, sie erleichtern uns die Entscheidungen, welche sich uns so häufig entgegenstellen. Wer planlos dahinlebt, ganz seinen Stimmungen und Gefühlen sich überlassend, mag sich vielleicht freier, unab
hängiger, von Pflichten unbeschwerter dünken, er wird aber kaum jemals merkbar im Leben vorwärtskommen.
Es ist töricht, einen prinzipientreuen Menschen pedantisch oder starrköpfig und gefühllos zu schelten. Nicht das Festhalten an Grundsätzen ist Starrsinn und Pedanterie, sondern das unnachgiebige Festhalten an Schrullen und lächer
lichen Eigenheiten, das Beharren auf einem Standpunkt, selbst wenn man ihn als irrig erkannt lmt.
Freilich, auch das ist Starrsinn, auch das ist Pedanterie, wenn man seine an sich lobenswerten und vernünftigen Prinzipien um jeden Kreis vertritt. Denn es können Um
stände, besondere Lebenslagen, außergewöhnliche, nicht vorauszuahnende Zwischenfälle eintreten, wo es statthaft, vielleicht sogar notwendig erscheint, die Grundsätze zu durchbrechen, ihnen entgegenzuhandeln.
Solche Abweichungen werden in erster Linie von der Vernunft diktiert, denn die kluge Erwägung muß immer
die höhere Instanz bleiben, der auch die besten Grundsätze im gegebenen Augenblick sich unterzuordnen haben.
So sehr also die Notwendigkeit von festen Lebensnormen anzuerkennen ist, so wollen wir die Prinzipien doch nicht so weit über uns Herr werden lassen, daß wir nicht mehr die Kraft haben, sie umzustürzen, wenn besondere Um
stände es erfordern. Denn wertvoller als alles andere sei uns die Freiheit und die Güte unseres Menschentums!


Das unterdrückte Gefühl.


Manche Menschen, besonders Männer, halten es für unter ihrer Würde, ihre Gefühle zu zeigen. Wenn sie gerührt sind, werden sie lieber bärbeißig, wenn sie beschämt sind, werden sie gereizt und vorwurfsvoll. Statt ihren Kindern offen und herzlich ihre Liebe zu bezeigen, äußern sie diese durch pädagogische Ermahnungen und Belehrungen. Wenn ein warmer und freundlicher Impuls in ihnen aufsteigt, wollen sie ihm keinen Ausdruck leihen, fast als schämten sie sich ihrer Weichheit. Im Laufe der Jahre erstarrt diese Gewohnheit so sehr, daß sie ihre Gefühle überhaupt nicht mehr an die Oberfläche treten lassen können. Sogar Schmerz und Trauer über den Verlust eines geliebten Men
schen verstehen sie nicht mehr zu äußern und blicken mit leisem Neide etwa auf ein Kind, das von Herzen weinen und klagen und sich dadurch erleichtern kann. Und ebenso beneiden sie vielleicht mit dem unbewußten Gefühl ihrer eigenen Verarmung eine Frau, die ihre Liebe in tausend
kleinen und großen Zeichen auszudrücken und an den Tag zu legen versteht. Sie selbst zeigen ihre Liebe, ihr Ver
ständnis, ihr Mitleid allenfalls durch Taten — durch ein Geschenk, eine Unterstützung oder was es sei. Aber da auch eine solche Tat ein wenig trocken und nüchtern geleistet wird, nehmen sie der gutgemeinten Handlung da
durch oft den eigentlichen Wert und die Herzlichkeit, die der andere ebensogut braucht und ersehnt wie die ma
terielle Hilfe. Die Blumen, die sie bringen, haben sozusagen keinen Duft. Dem anderen wird deshalb die Annahme und der Dank schwerer, als wenn ihnen das Gebotene mit fühlbarer, von Herzen kommender Wärme dargebracht würde.
So beraubt ein solcher Mensch sich und andere mancher Freude, und sein Verhältnis zu seinen Mitmenschen ent
behrt der Unmittelbarkeit und Selbstverständlichkeit, wenn er sich daran gewöhnt hat, seine Gefühle zu sehr unter Schloß und Riegel zu halten.
Wie aber ist es mit den unangenehmen Empfindungen, mit Unlust, Gereiztheit, schlechter Laune usw.? Die sollte man doch wohl unterdrücken? Gewiß — aber nicht so, daß man etwa allen Ärger stumm in sich hineinfrißt und ihn sich da innen ansammeln läßt, bis er sich schließlich doch — und dann meist in einem ungeeigneten Moment und scheinbar ganz unbegründet — Bahn bricht und oft unver
hältnismäßig verletzen und Unheil anrichten kann. Besser ist es, sich im Augenblick des Zornes zu beherrschen, hinterher jedoch, wenn man ruhiger geworden ist, sich auszusprechen und dadurch zu erleichtern. Bis dahin hat sich der Ärger oft schon auf ein dem Anlaß angemessenes Maß zurückgeschraubt, und was bleibt, ist dann leichter zu beseitigen.


Wer sich schnell entschließt -




der handelt gut.


Es gibt im normalen Leben nur selten Probleme, die sehr schwer und fast unlösbar sind. Meistens ist alles leichter zu bewältigen, als es im ersten Moment erscheint, und wer mit frischem Wagemut an seine Aufgaben herangeht, der meistert sie auch mit immer größer werdender Sicherheit. Der Zaghafte aber kommt vom Zagen zum Verzagen, und das ist viel schlechter, als wenn der Wagemutige einmal etwas durch einen zu schnellen Entschluß weniger gut oder gar schlecht gemacht hat. Man kann im nachhinein immer noch begangene Fehler gutmachen, und es ist noch immer besser, daß etwas halb getan wird als überhaupt nicht.
Bedenken wir doch eines: Jede Arbeit, ob geistig oder manuell, ist eine Beanspruchung unserer Kraft, und es ist ganz klar, daß derjenige, der ein Problem schnell und ent
schlossen erledigt, sich weniger abnützt als ein anderer, der die gleiche Aufgabe lange unentschlossen mit sich schleppt. Der eine trägt kurz, der andere aber weit und lang und dem werden dann selbst leichte Dinge oft zu schweren Lasten.
Entschlossen handeln heißt also, mehr und Besseres leisten können — und das will letzten Endes doch jeder!


Da kann man nichts machen.


Wie oft hört man resigniert sagen: „Da kann man nichts machen.“ In neunzig von hundert Fällen ist das nur eine leere Redensart. Bei gutem Willen und einiger Überlegung läßt sich meistens in der betreffenden Angelegenheit doch etwas machen.
Ebenso hört man oft: „Das ist zu schwierig“, „das ist unmöglich“, „das geht nicht.“ Diese Leute ver
gessen, den Satz richtig auszusprechen; sie sollen sagen: „Das ist zu schwer für mich“, oder „das ist unmöglich für mich“, oder „das geht nicht für mich.“
Aber vieles läßt sich bannen, wenn man sich von vornherein „positiver“ einstellt.