Erden angelangt sei. Denn es steht wirklich nicht so, daß der Wille eine Eigenschaft des Menschen
wäre: sondern umgekehrt ist der Mensch nur ein Arm, eine’Funktion des eigenen Willens Der selbsteigne Wille, die unabhängige Freiheit in eigner Person ist kein Mensch, sondern Magier, Gott.
Wie man lange Zeiten hindurch geglaubt hat, das System der Planeten, ja die Sonne selber drehe sich um die Erde: so glaubt man noch heute, der göttliche Sonnenwille der Freiheit, Unabhängigkeit, Selbsteigenheit! des persönlichen Individuums drehe sich um den Menschen,- während der Mensch nur ein winziger Trabant des eigne;i Willens ist. Seit Kopemikus lebt man nicht mehr auf Erden, sondern erst von der Sonne aus auf Erden: analog sollte man seit Nietzsche—Zarathustra—Dionysos nicht mehr als Mensch, sondern vom schöpferischen Willensprinzip aus als Mensch leben. An die Stelle des falschen Zentrums, des men schliehen Selbstbewußtseins ist das echte, das schöpfe
rische Selbstbewußtsein, getreten, dessen kleine Verwirklichungsfunktion der Mensch ist, ein kleiner Trabant des Sonnen willens.
Die kopernikanische Revolution ist nur der allegorische Vorspuk ihrer eigentlichen Bedeutung:
»Das Zentrum findeft du da drinnen, Woran kein Edler zweifeln mag,
Und das selbstständige Gewissen Sei Sonne deinem Sittentag.«
Diese Entmenschungder Person, diesezentrierende Bxemption des Selbstes, des innersten Willens von aller drastischen Handgreiflichkeit ist zwar kein
Ziel — aber es wäre eben erst der Zielende selber, der reine Wille zum Ziel. Wie entsetzlieh müßig ist, bevor man diese intime Revolution
in sich erlebt hat, dieses stillste, aber wirksamste Ereignis, alle geräuschvolle Beredsamkeit über Wollen und Ziele, der man es anmerkt, daß sie über die Energie einiger losgehender Kanonen die mächtige Sonnenenergie vergißt, daß sie meteorologische statt astronomischer Politik treiben möchte, welches irdischen Menschenpolitikern, aber niemals der göttlichen Geistespolitik zu verzeihen wäre. Der Wille des Geistes treibt zwar keine Kirchturm», aber immerhin Sonnenpolitik. Die scheinbar rührigere Erde ist ein Faulpelz im Vergleich zur Sonne.
Die allermächtigste Energie macht keinen
Radau, sie ist still:
»Unerhörtes hört sich nidit«.
Die Energie des eignen Willens ist nicht nur die mächtigste, welche es geben kann, die Allmacht selber,- sondern sie automatisiert auch durch ihre eigne Spontaneität alle übrigen. Inzwischen ist die Illusion, daß der eigne Wille vom Menschen ausgehe, so schwer zu durchschauen wie, daß die Sonne sich um
die Erde drehe. Das falsche Zentrum verrenkt das echte, verrückt die Weltperspektive, und die Wiedereinrenkung in den echten Gesichts», Standund Hebelpunkt ist eine durchaus intimste, solitäre, einsamste Angelegenheit, daß man über gewisse
Bravourarien erschrickt und lacht, welche hier ahnungslos ertönen. Der Wille versetzt Berge, ja Sterne: aber glaubt man, dieser Wille wäre wohlfeil? Er ist vielmehr das göttliche Meisterstück der eigensten Unabhängigkeit: très difficile de le trouver en nous et impossible de le trouver ailleurs:
er ist der längste Wille, der zuletzt lachende.
Es gab vor dem Krieg Leute, die an den Frieden
glaubten.
Stern ward ohne Tiefe geboren.
Der Raum ist meistens der Hängeboden der Zeit — es gäbe weit weniger schmutzige Wäsche.......
Gott unterscheidet sich von Goethe nur durch seine
Unmittelbarkeit.
Nur der Adler kennt Gründe — wer nie über
Gründe flog.
Ein dunkles Geschlecht In die Tiefe gebannt Sitzt und lauscht.
Ein Ton zersprang, zerstäubte, Entartete die Welt. O halbe Kugel!
Vollrund.
Von Ewigkeit zu Ewigkeit
Wartet an Deinem Ufer ein dunkles Geschlecht.
Wann?
Der junge Täter stand in tausend Kreisen. Was schiert es, daß ein Aas die Leber hackt, Die Leber war doch Lüge.
Er flammte schon dem Gott unheimlich heimlich nah.
Karnacht
Ich bin von Geist und Angst umkreist umschleicht von gärend dunklem Blut, drin gärt die Glut,
aus Acht und Spotr
aus meiner Nacht,- — er steigt, er glimmt, er überklimmt
mein Haupt und Stirn: Idol, Gestirn. — Ich stürze, fall
in Rausch und All ... Er über mir! . . .
Ich bin nur Tier
und Abgrund meiner Wesenheit, mich schattet die Vergessenheit.
Doch er, der mir die-Macht geraubt, ist Über»All und Über=Haupt.
Von den Brücken singen rote Laternen Moritaten in den nachtschwarzen Fluß, Seufzer tragen zu Sternen den einsamen Bettlergruß. Tausend verirrte Brüder
durchwandern im Mondlicht mein Herz, fahrende Gauklerlieder
reimen Schmerz und Scherz,
Und dazwischen wuchten die Glocken wie Hämmer mir auf Haupt,
Christ neigt die goldenen Locken, Christ neigt sein blutendes Haupt über mich, daß ich erschrocken
stammle, du trägst mein Haupt.
Ich greife zuckend Hölle mir empor, Nacht und Leichnam meine Hostie.
Gott, du Tier, du Gespenst meiner Martern. Du schlägst mich ans Kreuz.
Du verfinsterst mir den Himmel, Ich leide, denn du bist der gerechte Rächer, deine Rache ist größer als meine Liebe. Deine Rache tötet meine Liebe.
Ich bin der ärmste, elendste, hungerndste Bettler, Denn deine Rache ist reich. . .
Der Dichter
läßt aufsteigen,
in Lichtall Luft
sein Werk Gedanken.
Aus schwerem Dunkelwasser Mensch erhebt sich die Gestaltung,
plötzlich
Bild und Spiegelbild,
von Sein umflossen, eigeengt von Schau. Der See ruht nun nicht mehr.
Von Wellen kreist
nach allen Ufern Tat und Leben:
Schöpfung.
Aus diesem einen Tage steigt mir
die Tiefe der Welt. Zwang des Schauens hält
mich vor dem Schein des Seins. Ganz gläubig an die hohe Flamme
Lust.
Tag erwacht gestaltend bindend haltend Woge findend Aus Geistes Tod und Nacht hebt Licht die Flamme spricht
züngelt feuchtet klärt
An dem Weg fielen allzuviele
Schande Mitschuld weckt zur Pflicht Letzte Not
hebt Stimme spricht
durch uns Gebot: Es werde Licht!
Ein Apfelbaum blühte und schien mild und hell. Grau die Erde, zerfetztes Balkengewirr. Ein Apfelbaum schien mild hell und zog zu uns das Schrapnell.
Rot raucht Blut, Menschenleiber zerreissen, irr jagt das Herz, ich liege starr
wo mich des Sprengpunkts Gleißen hinwarf —
Da klagt es auf in mir:
Menschen, gédenkt des Brudertums, Irrsinn jagt euch zu Tod und Tier!
Lag ich vor Stufen des Heiligtums? Viele klagen mit mir.
Brüder des Menschen, wo bliebet ihr?
In unserm Hirn wir diese Stadt begraben. Wir grüßen uns mit steinernen Alleen,
die wir als Kreuz auf unsren Stirnen haben,
die (ach!) in süß vergessne Frauen»Munde wehen! O Dächer schwarz, die brüllend uns erschlagen! Die Kirchen mit Gerüttel auferstehn!
In Wandel=Halle eisig kalter Tage
erschauern wir. Wir liegen in den Ecken.
Uns überfährt (mit grobem Fluch) ein Wagen.
Mit Himmels dunklem Tuche wir uns decken! Aus Schleier-Bäumen grüßt ein Spatz=Gekrächz. Am Hochbahn»Viadukt wir uns verstecken.
Nach guter Sonne wir erlöschend lechzen, nach einer mütterlichen Frau Frisur.
Am Gleis»Dreieck sich Sterne sammeln nächtens.
Die Straßen springen, Zeiger großer Uhr. Spitzer Palast zerteilet uns den Schädel. Ermordet wir an des Kanales Schnur
hintaumeln. Um uns Hunger»Hunde wedeln, herbeigeeilt aus langen Feldern schnell.
Mit grünem Schiff wir an erfrorneri Birken segeln.
Ein. Bogenlampen»Tag erhebt sich hell!
du großes Feuer bebst an unsern Haaren!
Geblendet stehn wir an des Platzes Schwelle!
Durch frostigen Morgen rattern blinde Karren. Die Gasanstalt, Gespenst, wällt ungenau. An müden Ecken wir sehr einsam harren Wir neigen uns zu einer goldnen Hau!
La doglia mia cresee coli ombra
Schon starrt der HäUser Eis um unsre Schultern. Ein Mond klirrt, gelbe Fahn ob dunklem Haar. Es dröhnen dumpf die himmlischen Gewölbe!
Wir schleifen groß längs dieser Straßen Bahre. Ein Turm neigt sich im Bogen uns entgegen. Aus dem Zenith ein Sternfall niederfahret.
Schon drosseln uns verknüpfte Ufer-Wege. An der Latern erhängtes Mädchen lacht.
Zerwölkte Sonne spendet Flu
In grellen Mittag bunter Platz aufkracht!
Wir retten uns in Tore, die uns schlucken.
Die Stadt (nun Gruft) wird tosend zugemacht.
Erstorbene Fassaden tönend bröckeln. Ja: Christus schwebt am Kreuz ersterbend nieder zu grünen Huren, so am Eck-Stein hocken.
Und wieder schwingt ein dunkler Park, und wieder ein Antlitz fährt, Komet, am Horizont.
Ein Leichenzug zerstiebt: der Tote hob die Glieder!
O Stirn gerodet! . . . und schon brausend thront dies Bild in deinem blauesten Azur,
von Püppchen sanft und goldnem Schlaf bewohnt.
So schlingen wir der Stern musikne Schnur um eines Mädchens unbewußten Hals,
Ja: da aus Wolken Landschaft niederfuhr!
Wir schlafen im Gerase wüsten Falls,
der uns entführt zu der Gestirne Nest: umsponnen wir von des Planeten Kralle!
Sieh: so befällt uns Dichtertum wie Pest, ein Strudelwind, der lang uns niederstrecket inmitten aller Teufel Jubelfest.
. . . Doch bald ein Engel Schattenflügel reget, der braust Aeolus»Harf in unserm Blut,
und wilder Ansturm göttlich sich beweget.
— So bleiben wir aufs neu der Erde gut!
wäre: sondern umgekehrt ist der Mensch nur ein Arm, eine’Funktion des eigenen Willens Der selbsteigne Wille, die unabhängige Freiheit in eigner Person ist kein Mensch, sondern Magier, Gott.
Wie man lange Zeiten hindurch geglaubt hat, das System der Planeten, ja die Sonne selber drehe sich um die Erde: so glaubt man noch heute, der göttliche Sonnenwille der Freiheit, Unabhängigkeit, Selbsteigenheit! des persönlichen Individuums drehe sich um den Menschen,- während der Mensch nur ein winziger Trabant des eigne;i Willens ist. Seit Kopemikus lebt man nicht mehr auf Erden, sondern erst von der Sonne aus auf Erden: analog sollte man seit Nietzsche—Zarathustra—Dionysos nicht mehr als Mensch, sondern vom schöpferischen Willensprinzip aus als Mensch leben. An die Stelle des falschen Zentrums, des men schliehen Selbstbewußtseins ist das echte, das schöpfe
rische Selbstbewußtsein, getreten, dessen kleine Verwirklichungsfunktion der Mensch ist, ein kleiner Trabant des Sonnen willens.
Die kopernikanische Revolution ist nur der allegorische Vorspuk ihrer eigentlichen Bedeutung:
»Das Zentrum findeft du da drinnen, Woran kein Edler zweifeln mag,
Und das selbstständige Gewissen Sei Sonne deinem Sittentag.«
Diese Entmenschungder Person, diesezentrierende Bxemption des Selbstes, des innersten Willens von aller drastischen Handgreiflichkeit ist zwar kein
Ziel — aber es wäre eben erst der Zielende selber, der reine Wille zum Ziel. Wie entsetzlieh müßig ist, bevor man diese intime Revolution
in sich erlebt hat, dieses stillste, aber wirksamste Ereignis, alle geräuschvolle Beredsamkeit über Wollen und Ziele, der man es anmerkt, daß sie über die Energie einiger losgehender Kanonen die mächtige Sonnenenergie vergißt, daß sie meteorologische statt astronomischer Politik treiben möchte, welches irdischen Menschenpolitikern, aber niemals der göttlichen Geistespolitik zu verzeihen wäre. Der Wille des Geistes treibt zwar keine Kirchturm», aber immerhin Sonnenpolitik. Die scheinbar rührigere Erde ist ein Faulpelz im Vergleich zur Sonne.
Die allermächtigste Energie macht keinen
Radau, sie ist still:
»Unerhörtes hört sich nidit«.
Die Energie des eignen Willens ist nicht nur die mächtigste, welche es geben kann, die Allmacht selber,- sondern sie automatisiert auch durch ihre eigne Spontaneität alle übrigen. Inzwischen ist die Illusion, daß der eigne Wille vom Menschen ausgehe, so schwer zu durchschauen wie, daß die Sonne sich um
die Erde drehe. Das falsche Zentrum verrenkt das echte, verrückt die Weltperspektive, und die Wiedereinrenkung in den echten Gesichts», Standund Hebelpunkt ist eine durchaus intimste, solitäre, einsamste Angelegenheit, daß man über gewisse
Bravourarien erschrickt und lacht, welche hier ahnungslos ertönen. Der Wille versetzt Berge, ja Sterne: aber glaubt man, dieser Wille wäre wohlfeil? Er ist vielmehr das göttliche Meisterstück der eigensten Unabhängigkeit: très difficile de le trouver en nous et impossible de le trouver ailleurs:
er ist der längste Wille, der zuletzt lachende.
Bess Brenck Kalischer
Fragmente
Es gab vor dem Krieg Leute, die an den Frieden
glaubten.
Ihr betet die Linie an, ich aber sage Euch, kein
Stern ward ohne Tiefe geboren.
Der Raum ist meistens der Hängeboden der Zeit — es gäbe weit weniger schmutzige Wäsche.......
Gott unterscheidet sich von Goethe nur durch seine
Unmittelbarkeit.
Nur der Adler kennt Gründe — wer nie über
Gründe flog.
Ein dunkles Geschlecht In die Tiefe gebannt Sitzt und lauscht.
Ein Ton zersprang, zerstäubte, Entartete die Welt. O halbe Kugel!
Wann triffst Du wieder den ureinen Strom
Vollrund.
Von Ewigkeit zu Ewigkeit
Wartet an Deinem Ufer ein dunkles Geschlecht.
Wann?
Der junge Täter stand in tausend Kreisen. Was schiert es, daß ein Aas die Leber hackt, Die Leber war doch Lüge.
Er flammte schon dem Gott unheimlich heimlich nah.
Dietrich
Karnacht
Ich bin von Geist und Angst umkreist umschleicht von gärend dunklem Blut, drin gärt die Glut,
eniflammt den Gott
aus Acht und Spotr
aus meiner Nacht,- — er steigt, er glimmt, er überklimmt
mein Haupt und Stirn: Idol, Gestirn. — Ich stürze, fall
in Rausch und All ... Er über mir! . . .
Ich bin nur Tier
und Abgrund meiner Wesenheit, mich schattet die Vergessenheit.
Doch er, der mir die-Macht geraubt, ist Über»All und Über=Haupt.
Von den Brücken singen rote Laternen Moritaten in den nachtschwarzen Fluß, Seufzer tragen zu Sternen den einsamen Bettlergruß. Tausend verirrte Brüder
durchwandern im Mondlicht mein Herz, fahrende Gauklerlieder
reimen Schmerz und Scherz,
Und dazwischen wuchten die Glocken wie Hämmer mir auf Haupt,
Christ neigt die goldenen Locken, Christ neigt sein blutendes Haupt über mich, daß ich erschrocken
stammle, du trägst mein Haupt.
Ich greife zuckend Hölle mir empor, Nacht und Leichnam meine Hostie.
Gott, du Tier, du Gespenst meiner Martern. Du schlägst mich ans Kreuz.
Du verfinsterst mir den Himmel, Ich leide, denn du bist der gerechte Rächer, deine Rache ist größer als meine Liebe. Deine Rache tötet meine Liebe.
Ich bin der ärmste, elendste, hungerndste Bettler, Denn deine Rache ist reich. . .
Heinar Schilling Vier Gedichte
Der Dichter
läßt aufsteigen,
zwingt
in Lichtall Luft
sein Werk Gedanken.
Aus schwerem Dunkelwasser Mensch erhebt sich die Gestaltung,
plötzlich
Bild und Spiegelbild,
von Sein umflossen, eigeengt von Schau. Der See ruht nun nicht mehr.
Von Wellen kreist
nach allen Ufern Tat und Leben:
Schöpfung.
Aus diesem einen Tage steigt mir
die Tiefe der Welt. Zwang des Schauens hält
in starrem Bewundern
mich vor dem Schein des Seins. Ganz gläubig an die hohe Flamme
Lust.
Tag erwacht gestaltend bindend haltend Woge findend Aus Geistes Tod und Nacht hebt Licht die Flamme spricht
züngelt feuchtet klärt
An dem Weg fielen allzuviele
Schande Mitschuld weckt zur Pflicht Letzte Not
hebt Stimme spricht
durch uns Gebot: Es werde Licht!
Ein Apfelbaum blühte und schien mild und hell. Grau die Erde, zerfetztes Balkengewirr. Ein Apfelbaum schien mild hell und zog zu uns das Schrapnell.
Rot raucht Blut, Menschenleiber zerreissen, irr jagt das Herz, ich liege starr
wo mich des Sprengpunkts Gleißen hinwarf —
Da klagt es auf in mir:
Menschen, gédenkt des Brudertums, Irrsinn jagt euch zu Tod und Tier!
Lag ich vor Stufen des Heiligtums? Viele klagen mit mir.
Brüder des Menschen, wo bliebet ihr?
Walter Rheiner
Berlin I
In unserm Hirn wir diese Stadt begraben. Wir grüßen uns mit steinernen Alleen,
die wir als Kreuz auf unsren Stirnen haben,
die (ach!) in süß vergessne Frauen»Munde wehen! O Dächer schwarz, die brüllend uns erschlagen! Die Kirchen mit Gerüttel auferstehn!
In Wandel=Halle eisig kalter Tage
erschauern wir. Wir liegen in den Ecken.
Uns überfährt (mit grobem Fluch) ein Wagen.
Mit Himmels dunklem Tuche wir uns decken! Aus Schleier-Bäumen grüßt ein Spatz=Gekrächz. Am Hochbahn»Viadukt wir uns verstecken.
Nach guter Sonne wir erlöschend lechzen, nach einer mütterlichen Frau Frisur.
Am Gleis»Dreieck sich Sterne sammeln nächtens.
Die Straßen springen, Zeiger großer Uhr. Spitzer Palast zerteilet uns den Schädel. Ermordet wir an des Kanales Schnur
hintaumeln. Um uns Hunger»Hunde wedeln, herbeigeeilt aus langen Feldern schnell.
Mit grünem Schiff wir an erfrorneri Birken segeln.
Ein. Bogenlampen»Tag erhebt sich hell!
du großes Feuer bebst an unsern Haaren!
Geblendet stehn wir an des Platzes Schwelle!
Durch frostigen Morgen rattern blinde Karren. Die Gasanstalt, Gespenst, wällt ungenau. An müden Ecken wir sehr einsam harren Wir neigen uns zu einer goldnen Hau!
La doglia mia cresee coli ombra
Schon starrt der HäUser Eis um unsre Schultern. Ein Mond klirrt, gelbe Fahn ob dunklem Haar. Es dröhnen dumpf die himmlischen Gewölbe!
Wir schleifen groß längs dieser Straßen Bahre. Ein Turm neigt sich im Bogen uns entgegen. Aus dem Zenith ein Sternfall niederfahret.
Schon drosseln uns verknüpfte Ufer-Wege. An der Latern erhängtes Mädchen lacht.
Zerwölkte Sonne spendet Flu
Wir retten uns in Tore, die uns schlucken.
Die Stadt (nun Gruft) wird tosend zugemacht.
Erstorbene Fassaden tönend bröckeln. Ja: Christus schwebt am Kreuz ersterbend nieder zu grünen Huren, so am Eck-Stein hocken.
Und wieder schwingt ein dunkler Park, und wieder ein Antlitz fährt, Komet, am Horizont.
Ein Leichenzug zerstiebt: der Tote hob die Glieder!
O Stirn gerodet! . . . und schon brausend thront dies Bild in deinem blauesten Azur,
von Püppchen sanft und goldnem Schlaf bewohnt.
So schlingen wir der Stern musikne Schnur um eines Mädchens unbewußten Hals,
Ja: da aus Wolken Landschaft niederfuhr!
Wir schlafen im Gerase wüsten Falls,
der uns entführt zu der Gestirne Nest: umsponnen wir von des Planeten Kralle!
Sieh: so befällt uns Dichtertum wie Pest, ein Strudelwind, der lang uns niederstrecket inmitten aller Teufel Jubelfest.
. . . Doch bald ein Engel Schattenflügel reget, der braust Aeolus»Harf in unserm Blut,
und wilder Ansturm göttlich sich beweget.
— So bleiben wir aufs neu der Erde gut!