15. Mai 1918. — Nr. 3.




FELIX STIEM ER Verlag prespen




Dieses Werbeblatt „Menschen“ soll zunächst 1918 in 10 Nummern vom 15. Mai ab monatlich erscheinen. Es ist als Flugblatt Ausdruck von Dichtern, Literaten, Malern und Musikern,




denen Kunst ein Mittel zur Änderung der Menschen und Ruf zu Einung und Sammlung bedeutet. Von der Fixierung unseres Lebens




gefühls , das man heute mit dem Worte EXPRESSIONISMUS bezeichnet, bis zur letzten Konsequenz, der Tat, enthält diese Folge vorwiegend Beiträge, denen Cliquentum und Radi




kalismus bisher den Weg versperrten. Verbunden mit den uns nahestehenden der älteren Generation, die wir als Voraussetzung unseres Handelns




erkennen, hoffen wir auf die Propaganda derer,




die ihrerseits in uns Jungen die Vollender (nicht die Vollendeten) sehen.




Die vorliegende Nummer gilt dem Literarischen unseres gründenden Kreises.




Preis jeder Nummer — auch der Nr. 1 — fünfzig Pfennig, eine signierte Vorzugsausgabe


von 50 Exemplaren kostet 2,50 Mk. Voraus- Bestellung der Nummern 1—10 — 4,00 Mk.


Versand durch die Versandstelle Dresden des Felix Stiemer Verlag, Bavreutherstr. 39.


Die Zeitschrift erscheint am 15., Redaktionsschluß am 1. jeden Monats. Manuskripte an die Versandstelle. Rücksendung nur bei Rückporto.


Richard Fischer




Feld der Ehre!


„Auf dem Felde der Ehre gefallen“
Wie lange sollen und wollen wir noch, von allen
Leidend errungnen Menschheitsjahrtausendgedanken verlassen, Wie schwachsinnige Greise solche Worte lügen und lallen? —
„Auf dem Felde der Ehre“ Diese Schädelstätte von Mord
Gepflügt und gepflegt von geldstinkenden Händen und Lügenwort!
„Ehre“ Willenlos werden wir hingeschleppt, Eine stumpfe, todesangstschwitzende Herde.
Wär’s wenigstens noch in Absicht als Dung dieser Erde, Dann trüge unsere Todesbeschwerde
Sich doch noch hinauf zu Sonne und Frucht!
Aber so — verflucht! Gottverdammt und verflucht! —
Für das gottverratendste Gezüchte dieser gottgerufenen Welt Und für seinen Krebsfras und Moder — Geld, plumpes Geld! Nicht mal für Gold! — Geschweige für noch wundersamere
Gebilde und Dinge! —
Ja — wenn s noch darum ginge!
Ein „Held“ — der wäre ein Held,
Der auf dem Blutfeld, riesig allein, breitbeinig sich stellt, Und, bis zum Zerspringen, wie ein Brückenbogen gespannt, Schrie, daß es gellt, nach beiden Seiten gewandt,
Schrie, in die trugverfratzten oder angstschwingenden Züge, Statt „Hurra“, schrie: „Lüge, Lüge, Lüge!“ — Schrie, daß das zerbrochene Totengebein
Noch einmal zusammenwüchse und mit anhübe zu schrei’n. — Dann, Schädelstätte, könntest du Feld der Ehre werden, Aus dem die niedergestampfte Wahrheit
Wüchse aus Knochengewirr und Blutdampf hinein endlich in Klarheit, Daß sie von allen gesehen, wie eine Sonnenblume aufrecht stände, Zu der emporzitterten Tausend-Millionen bluterblindete Hände. —
Aber — die Toten stehen nicht wieder auf
Und der Totenkarren nimmt über das Feld der Ehre weiter
seinen ausschüttenden Lauf. Aber, fall ich, ich bitt euch, laßt es wenigstens aus meinem
Tode schallen, Und setzt in eure Zeitungen an den gewohnten Ort Unter ein hölzernes Kreuz von Golgatha Das grelle, gelle, helle, wahre Wort:
„Auf dem Felde der Unehre der Menschheit gefallen!“