15. Dezember 1918. Nr. 10.

MONATSSCHRIFT FÜR NEUE KUNST

Jüngste Literatur — Graphik — Musik — Kritik Herausgegeben von Heinar Schilling und Felix Stiemer.

Verantwortlich für den gesamten Inhalt:
Felix Stiemer, Freiburg i. Br., Schwarzwaldstraße 29.
Schriftleitung und Expedition: Dresden-A., Trompeterstr. 4 Schriftleiter: Walter Rheiner.
Einsendungen nur an die Schriftleitung direkt.
Rücksendung unverlangter Manuskripte nur bei genügendem Rückporto.
Die Zeitschrift erscheint 1919 am 1. und 15. jeden Monats. Bezug direkt vom Verlag oder durch die Buchhandlungen.
Jahrgang 1918 (10 Nummern) Mk. 10,—, 1919 halbjährlich (12 Nummern) Mk. 5,—. Einzelnummer Mk. 0,50 (zuzüglich Porto bez. Bestellgeld).
Die Monatsschrift „MENSCHEN“ ist als Flugblatt Ausdruck von Dichtern, Literaten, Malern und Musikern, denén Kunst ein Mittel zur Änderung des Menschen und Ruf zur Einung und Sammlung bedeutet. Von der Fixierung unseres Lebensgefühls, das man heute mit dem Worte EXPRESSIONISMUS bezeichnet, bis zur leßtcn Konsequenz, der Tat, enthält diese Folge vor
wiegend Beiträge, denen Cliquentum und Radikalismus bisher den Weg versperrten. Verbunden mit den uns nahestehenden der älteren Generation,
die wir als Voraussetzung unseres Handelns erkennen, hoffen wir auf die Propaganda derer, die ihrerseits in uns Jungen die Vollender (nicht die
Vollendeten) sehen.

FELIX STIEMER VERLAG, DRESDEN

Postscheck-Konto: Leipzig Nr. 33016.

Dresden-A. 20.

Auslieferung Leipzig: Robert Hoffmann, Kommissionsbuchhdlg., Querstr. 21 /23.

Walter Marquardt

Grab

Am Grabe stehen wir,
starr, steinern das Gesicht. Wir fassen es nicht,
wirres Denken drängt zu dir. Wir hören deine Stimme, dich — ganz dich im Geiste; —
doch jenes hoffnungslose: Tot! drängt uns zur Wirklichkeit.
Abendrot,
du sahst es gestern noch mit uns im Glück Abendrot . . . tot — tot.
Das liegt wie Steine schwer auf meiner Brust. Durst, — Durst nach Leben läßt uns doch vergessen. Verworren schon sehen die Sinne deine Stimme,
deinen Gang. Bang, — bang wird uns. Du bist tot. —

Richard Fischer

Wälder

Die Wälder knieen tiefgeduckt —
Sie haben den goldnen Tag geschluckt,
Und all ihr Innres ward wie Angst nun stumm und schwer.
Wenn aber der Morgen über ihnen graut,
Dann geht ein Glanz von ihrer aufatmenden
Haut — Der strahlt umher
Wie Blick und Haar.
Und wie bei einem Weibe, das gebar,
Wird all ihr Inneres wie eine Feier still und klar.
Nun stehn sie wieder tieferstaunt und groß. Erlösung ward in ihnen los.

Erweiterung

Mit dem Hügelpfad aus dem silbernen Hain zur
Höh
Geh ich langsam in die Wipfel der Bäume ein. Ich fühle, wie sie sich weiten. — Um meine Seele zu kleiden,
Müssen sie so unermeßlich sein.
Nun geh ich baumhoch durch den Abend in
mein Haus.l
Nun füllen die Bäume und ich das ganze Welt
all aus.
Bankkonto:
Vlitteldeutsche Privat
bank, Dresden.