EDOUARD MANET
LOLA DE VALENCE (1861)
EDOUARD MANET DER GUITARRERO (1860)
dessen auf der Aufnahme der „Olympia“, und sie setzten ihren Willen durch. 1890 wurde das Gemälde im Luxembourg aufgehängt, bald erhielt es durch zwei weitere Werke Manets, die durch die Schenkung des Malers Caillebotte in das Luxembourg kamen, Verstärkung. 1907 wurde dann unter Clemenceaus Aegide die „Olympia“ in den Louvre geholt, und da
mit ist also auch offiziellerweise dem Werk und seinem Schöpfer die Unsterblichkeit garantiert — Manet ist zum „Klassiker“ der französischen Kunst geworden.
In der lebendigen Weiterentwicklung der Kunst ist er schon ein Jahrzehnt früher „klas
sisch“ geworden. Das will sagen: es kamen Künstler nach ihm, die seine Kühnheiten überboten, die da, wo er originell war, bizarr wur
den, wo er kräftig war, brutal, wo er zart wirkte, sich nervös gebärdeten. Ihnen aber fiel, wie allem, was über die Grenzen geht, die Jugend zu. Besehen wir die Werke der Cezanne, Van Gogh, Gauguin, Mathisse, so ist Manet freilich ein ruhender Pol im Ver
hältnis zu ihnen, ein fester Wert, ein Klassiker. Und im nämlichen Grad als sich um die neuen
Sterne Kampf und Streit erhob, ward Manet zum Wertmesser — seine Position wurde fester, und die jungen Künstler reden heute so von
ihm, wie die einer Generation vorher von Fragonard oder David gesprochen haben.
Angesichts dieser erstaunlichen Wandlung im Urteil über Manet — eine Wandlung, die sich innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren
vollzog — fragt man sich, welche Umstände denn dazu geführt haben mögen, daß so viele gescheite und durchaus nicht böswillige Men
schen Manet bei Lebzeiten in Grund und Boden verdammten und seine Kunst an eine Schandsäule stellten. Hat denn dieser Künstler so Unerhörtes begangen, hat er denn eine neue Kunst heraufgeführt? . . Wer sollte das über
haupt können — eine neue Kunst heraufführen? Alle Kunst ist nichts anderes als Anknüpfung an Vorhandenes, das freilich gesteigert zu
werden vermag. Erfolgt diese Potenzierung einseitig, etwa nach der Seite des Koloristi
schen hin oder des „seelischen Gehalts“, so
mag es freilich erscheinen, als sei eine „neue Kunst“ auf dem Marsche, und doch braucht dies nichts anderes sein als Manier. Aber die neue Erscheinung wirkt in irgend einer Weise auf den Durchschnitt des Kunstpubli
kums befremdlich, es reißt diese Leute, die alles gerne wohlgeordnet in ihre Schublade
legen, aus ihrer Bequemlichkeit und rüttelt an ihrem götzenhaften Kunstideal. Da hat