quer Lath. der deutSchen Kunstvereine. Aeitung fir bildende Kunst und Baukunst, Unter Mitwirkung von Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien redigirt von Dr. EF. Hgegers in Berlin, Montag, den 14. Januar. Das erosse Kiinstlerfest zu Briissel am 5. Januar. Ви haben die Stiirme, welche tber Europa hinbrausten und fast an allen Staatsverfassungen riillelien, sich ein wenig zu legen begonnen, da trelen auch wieder die Kiinste, die sich vor Kampflérm zurtickzuziehen, aber nicht weniger in der Stille in ihren Vertretern weiter zu wachsen pflegen, sie ireten wieder hervor, und mahnen all’ den politischen Dishar- шопееп und Verwickelungen gegeniiber, in denen der Geist sich nur zu oft in ungemassigte Leidenschaft so wie in klein- liche Verstandesoperation verliert, an diejenigen Interessen des Geistes, welche ewig sind. Frankreich ist vor der Hand mit seiner UmwaAlzung fertig. Belgien blieb tiberhaupt von dem revolutionéren Wirbel der Zeit verschont. Belgien, das stédteblihende Belgien hat das Signal zur neuen Wiedergeburt der Kinste gegeben, sie auf- gerufen, zu zeigen, dass sie nicht untergegangen sind im Sturmhauch der neusten Zeit. Sie sollen den Tag ihres Wie~- dereinzugs feiern, und die Bithne wieder betreten, die sie der Durchibung eines Stadiums politischer Entwickelung, welche die Zeit forderte, hatten einrdumen miissen. Belgien hat ihnen den 5. Januar als Tag der Einzugsfeier angesetzt und ihnen in Briissel ihre Triumphbogen erbaut. In Brissel will es nicht nur seine Niederlénder, sondern auch aus Deutschland, Frankreich, England, von iberall her, Alle empfangen, Alle versammelt sehen, welche ein Herz fir die Kunst haben und cinen Glauben an ihre Zukunft. Fast kann man sagen, dass diejenigen irren, welche als den naheren Ort des Festes das grosse Konig]. Theater am Platz de la Monnaie bezeichnet haben. Es nahm vielmehr den ganzen Platz in Anspruch. Ja, man darf behaupten, dass das Innere des Theaters dem Feste durchaus fremd blieb; denn Niemand, auch der genaueste Bekannle nicht, wird den Ort wiedererkannt haben, der in mehrere Sale, Boudoirs, Garten, Boskets u. dgl. verwandelt war, welche letztere nicht etwa kinstlich consiruirl oder gar gemalt, nein, leibhaftig gepflanzt sind. Wir bilten unsere Leser, noch ecinmal mit uns den Schauplatz des Festes zu durchwandeln: Wir sprachen von Garten und Gebischen; wir fibertrieben Nichts. Denn wir treten auf einen mit Blumen geschmickten Boden: wirkliche Erde und wirkliche Blumen; wir gehen durch {сме Gebiische, wir wandeln in Alleen von Palmen, Granat- baumen, Orangen und Myrthen, bei dem sanften Gemurmel hochspringender und duftiger Wellen. Flur und Treppen des Theaters verschwinden unter dem Griin und den saftigen Blat- tern exotischer Gewachse. In der Mitte erfiilite ein mit Essenz de Portugal gemischter Springbrunnen die Atmosphare mit bal- samischem Hauche. Eine neue Art von Beleuchtung, wunder- bar angeordnet, warf auf diese kiinstliche Landschaft, hier ungewisse, geheimnissvolle und schwankende, dort lebhafte und brennende Lichter. Bewunderungswirdiger Prolog eines noch bewunderungswirdigeren Romans! Jetzt sind wir im Saale. Wir wollen einen Augenblick auf der Schwelle stehen bleiben. Das Auge ward geblendet. Man mussle sich betasten, um sich zu versichern, dass dies nicht Alles ein Traum, ein Gaukelspiel der Sinne sei. Auch hier fanden wir Blumen, Gebiische, Lichtstréme, murmelnde Spring- brunnen; aber neben den Blumen Gemilde, deren Colorit mit ihnen an Glanz und Frische welleiferte. Ueber diesen Gebiischen, welche Dekoration von strahlendem Golde! Gebeimnissvolle Akkorde unsichtbarer Orchester mischten sich in das Platschern der Kaskaden. Der Ruhm des Vaterlandes strahlie aus den Bildnissen seiner grossen Manner rings umher. Halten wir inne und versuchen wir, nicht Alles dies im Einzelnen genau zu beschreiben, sondern nur in grossen Zigen zu skizziren. Fir diejenigen unserer Leser, welche den prachtigen Thea- tersaal des Schlosses von Versailles kennen, wird unsere Fe- der minder ohnmachtig sein. Denn Herr Philastre, dieser geschickte und geriihmte Maler hat den Gedanken gefasst, das Theater nicht eben nach dem Muster, aber in dem Styl des Saales von Versailles umzuwandeln. Das heisst so viel, als die Dekoration ist ganz golden, ohne Mischung von Weiss, eine Vereinigung, mit der seit einigen Jahren so viel Miss- brauch getrieben ist. Aber diese Uniformitaét in der Dekoration schliesst keineswegs die Verschiedenheit der Tone aus; denn durch eine kluge Anwendung des gelben, rothen und griinen Goldes hat Hr. Philastre die glicklichsten Gegensalze hervor- gebracht. Und dann wird diese reiche Dekoration ja auch von den zahilosen Gemalden unterbrochen, denen sie zugleich als Einfassung dient. Steigen wir auf der breilen Doppeltreppe in den Saal hinab. Ueber derselben befindet sich eine Darstellung in grossen Di- mensionen, welche eine Gruppe von Genien zeigt, die das Portrait des Rubens krénen. Ueber dem doppelten Treppen- absatz standen grosse Vasen mit Blumen und Kugeln mit dop- 9.