Aber wer ist jene diistere und melancholische Figur, die sich von dieser Gruppe abléset? Hat sie kein Recht sich zu dem edlen italischen Kiinstlerkranz zu zihlen? Doch; denn die Poesie und Malerei sind ja Schwestern und jener ist ein Dich- ler, es ist der Singer der Armide. Begreift ihr nun warum er einsam geht? Er denkt an Leonorc! Aber Frankreich will seine Sterne sehen! Fragt ihr nach den Malern? Dort sind Poussin, Lesueur, Claude Lorrain, Greuze, David. Wollt ihr Bildhauer? Jean Goujon, Puget. Dichter? Moliére. Dieser Malerdichter, denn welch’ ein Por- lraiteur war er! — Ferner: Corneille, Racine, Lafontaine u. s. w. Aber warum sollen wir noch mehr Namen verkindigen? Ueberlassen wir es dem Genius Frankreichs, den Gaillait iber der letzigenannten glanzenden Gruppe schweben lasst. Mag er die Posaune an den Mund nehmen und sie hinein rufen in die Welt, die grossen Namen. Seht, er stiitzt zugleich das Por- trait jenes Monarchen, der glicklich genug ist, dass sein Name sie fast alle zusammenfasst, denn fast Alle verherrlichen scine Regierung: Ludwig XIV. Wer schliesst sich weiter an diese glanzende Gesellschaft an? Giebt es denn eine Nalion, die der Himmel so enterbt hat, dass sie nicht Ruhm gegen Ruhm, Genie gegen Genie zu setzen vermochte? Da isl Spanien mit seinem Murillo, Velasquez, Cervantes, Calderon u. A. Deutschland mit seinem Holbein, Direr, Goethe, Schiller, Beethoven, Mozart. England hat Reynold, David Wilkie, Milton, Byron, Shakespeare aufzu- weisen. Gallait wollte den Triumph des Genies malen. Da musste natirlich jede Nation den Platz finden, auf welchen sie ein Recht hat. Die durch die Deutschen, Spanier und Englander gebildeten Gruppen sind das Pendant zur zahlreichen Gruppe der franzésischen Schule. Und wie tiber dieser der Genius Frankreichs schwebt, der das Portrait Louis XIV halt, so lasst der Kinstler aiber jener den Genius des Ruhmes schweben, welcher Kraénze ausstreut. Im Vordergrunde endlich dieser grossen Composition ist die ,,Zeil, welche auf ihren Fligeln die ,,Wahrheit‘‘ und die ,aerechtigkeit* tragt, die den ,,Neid‘‘ mit seinen hagern, hoh- len Wangen niederdonnern und die dunkle ,,Unwissenheit“. Der Neid zerknittert einen vertrockneten Kranz, waihrend eine Schlange ihm an dem Herzen nagt. Die Gerechtigkeit dagegen, in heiterer Ruhe strahlend, halt mit der einen Hand ihre Wage, mit der andern die Sanduhr der Geschichte und einen Kranz mit griinen Blatiern. Das ist der Gegenstand des Bildes. Vergessen wir nicht zu bemerken, dass diese Decke von ovaler Form ist, dass alle Figuren kolossal sind und dass das Ganze von einem breiten, vergoldeten Friese eingefasst ist, von welchem dreissig Kron- leuchter herabhangen, die den Ballsaal erleuchteten. Die Bihne war also dieser Ballsaal, umgewandell, wie schon bemerkt, zu einem prachligen Saal im Style Louis XIV. Das Orchester fiir den Tanz, welches mit jenen unsichtbaren Musikchéren, von denen wir oben sprachen, sich abwechselte, war auf einer Galerie placirt, die eine schwebende Briicke tiber der Scene zwischen der 2ten und 3ten Logenreihe bildete. Es bestand aus nicht weniger als 150 Musikern, dirigirt von Sacre. Aber man hatte nicht bless an die Tanzer, man hatte auch an die Damen gedacht, die sich einige Augenblicke der Bewegung, dem Gerdusch und der Menge entziehen wollten. Zu beiden Seiten der Buhne sind 2 prachtige Sale cingerichtet, ebenfalls glan- zend yon Gold und Malereien und mit grossen Divans versehen, ber welchen grosse Composilionen ausgefihrt sind, wozu man die Gegenstande aus der Kunstgeschichte Belgiens genommen hat. Ausserdem finden sich zahlreiche Medaillons auf Gold- grund angebracht, welche Portraits — diesmal nicht von Kiinsl- lern, sondern von Beschitizern der Kunst enthalten. Wir sehen hier also Perikles, Leo X, Ludwig XIV, die ihrem Jahrhundert den Namen gaben, wir erblicken Macen, von dem der Dichter singt: et, praesidium et dulce decus meum! — Da ist Franz, der glorreiche Sieger von Pavia, da sind die edlen Medizeer, Julius If, da ist endlich Friedrich der Grosse, Catharina von Russland, Albert von Oesterreich. — Doch weiter, weiter! — Dort im Hintergrunde der Bihne, der grossen Haupttreppe gegentiber, ftihrt eine andere, nicht minder glicklich angelegte Treppe auf ftinf Foyers, von denen jeder eine andere Deko- ration hat, und in denen man Erfrischungen aller Art fand., Zu beiden Seiten der grossen Treppe, welche dahin fiihrt, sahe man 2 grosse Fenster, vor denen Statuen standen und Fontainen sprangen. Hinter diesen Statuen und Wasserkiinsten und die Scheiben ersetzend: Dioramen, welche von Stunde zu Stunde wechselten. Wir haben noch Nichts vom grossen Foyer gesagt. Er ist, gleich den Salons des Kénigs, des Birgermeisters und der Verwaltung, bestimmt, zum Ausstellungssaal fiir diejenigen Ge- genstande zu dienen, welche die Tombola bilden. Ueber diese Einrichtung sind wir unsern Lesern noch Bericht schuldig. Jeder Abonnent des Festes namlich erhielt mit seinem Billet, welches 20 Frs, kostete, eine Nummer, auf welche er einen Gegenstand der Kunst, einen Stich, ein Gemalde, ein Skulptur- werk, von den ersten Ktinstlern ausgefithrt, gewinnen kann; wer ein Billet de serie zu 200 Frs. nahm, dem ward auf zehn Nummern ein Gewinn garantirt. Diese Gegenstande bilden die Tombola und sind vom Reinertrage der Einnahme erworben, welche Letztere schon am 23. Dezember zwischen 80-—100000 Frs. betrug. In dem cbenbezeichneten Ausstellungssaal sind nun diese Gegenstande ausgestellt und waren durch die schon erwdhnten neuen Vorrichtungen tageshell erleuchtet, wahrend sich das Publikum im Halbdunkel befand. Die ernste und strenge Dekoration des allgemeinen Foyers bildete tibrigens einen an- genehmen Gegensatz zu all’ der Pracht drinnen. Waffen, Tro- phien, ja vollstandige Riistungen ersetzten die Vergoldungen und Blumen. An jeder Thiir standen vier Wachter, mit Helm und Lanze und Panzer, kurz von Kopf bis zu Fissen ge- wappnet, um die Kunstschatze zu bewachen, die sich in die- sen Silen vereinigten. Der grosse Foyer war ganz den Gemalden eingeraéumt, die Salons des Kénigs, des Birgermeisters und der Verwallung enthielten die Skulpturen, die Aquarellen, Pastelimalereien, Zeichnungen u.s. w. Der Styl der Dekoration war den Gegen- stinden der jedesmaligen Raume angemessen. Nachdem wir die Wunder drinnen zu beschreiben versucht haben, wollen wir noch ein Wort von denen sagen, welche draussen zu sehen waren. Denn nicht bloss das Innere des Theaters, nein, auch die dusseren Saulenginge, die Strasse, ja selbst die Strasse de la Reine, alles, alles war umgewandelt. — Die fusseren Gallerien waren geschlossen und mit einem Fussboden ausgelegt, man ging auf Teppichen. Man sahe Fen~ ster, Statuen, Blumen, Springbrunnen; die Strasse de 1a Reine ist ein grosser Saal geworden, um welchen herum die gross~ artigsten Biiffets sich entfalteten. Was bleibt noch zu erzahlen? Nur allzuviel! Wir haben noch Nichts von der Blumenausstellung und der damit verbun- denen Conkurrenz gesagt. Noch nichts von all’ den Kiinstlern von ganz Belgien, bei denen die Festkommission Bestellungen zur Tombola gemacht hat. Und da Gallait, Portaels, Philastre, auch der Dekorateur Tavernier, ihre Zeit und Talente der Com- mission uneigenniilzig zu Gebot gestellt haben, so hat die ganze nah re 3 ) nac Ein A zu me a g der ene e u den a m h h aleri И n st n a f Ank uf