13 nur in der Anordnung folgt er mehr einem malerischen Prinzip, indem er z. B. seine Fenster nicht einzeln in gleichgemessenen Abstinden, sondern in Gruppen geschlossen anbringt. Der in- teressanteste Theil des Gebaudes ist die Bahnhalle. Hier hat der Architekt eine, soviel mir bekannt, neue Construction ап- gewendet. Die Halle ist mit Ausnahme der Seitenmauern, welche in der obern Abtheilung Fensterreihen von kleiner Dimension mit halbkreisrundem Abschluss haben, von Holz gebaut. Die Dachriistung ist offen. Bei der grossen Weite der Halle, ware der Architekt gendthigt gewesen ein Hang- und Sprengwerk in der gewéhnlichen Weise anzuwenden, wobei die Haupttrag- balken immer noch tief genug kommen mussten, um den — selbst gefahrlichen — Einwirkungen der Locomotive ausgesetzt zu sein. Dem zu begegnen hat der Architekt grosse Bogen aus Holz construirt, auf deren obern Theil das Dach unmit- telbar aufliegt, wahrend ihr Fuss bis auf die untere Abtheilung der Seitenmauern herunterreicht. Die dreieckigen Zwischen- felder zwischen Dach und Mauer einer- und Bogen anderseits wurden zu Verzierungen benutzt, die bei der haufigen Wieder- kehr der Bogen dem Ganzen ein reiches und lustiges Aussehen geben, wenn man auch durch die vielen grossen Rippen unwill- kihrlich an das Innere eines Wallfischbauches erinnert wird — was indess zu den schnaubenden, schaufenden Ungethiimen, die da aus- und einlaufen, ganz gut passt. — Sehr geschickt hat Birklein durchgangig in diesem Bau Heizung mit heissem Wasser angebracht, und die Réhren in den Fussboden gelegt, so dass die Warme aus Canalen, die mit durchbrochnen guss- eisernen Platten tiberdeckt sind, aufsteigt. Schliesslich noch ein Paar Worte tiber den Einfluss, wel- chen die grossen 6ffentlichen Bauunternehmungen hier auf die Ausfihrung von Privatbauten geaussert haben. Eine Zeitlang blieb dieser Theil der Architektur fast ganz unberiihrt von den dort kundgewordenen Bestrebungen; man baute Hauser fast eigentlich nur als Rentenanstalten; selbst Bediirfniss und Be- hagen kamen nicht vorwiegend zur Sprache; Asthetische An- forderungen so gut wie gar nicht, wenn man nicht etwa das Compliment rechnen will, das man dem Gesetze der Symmetrie machte, indem man bei einer rechis an der Fronte gesetzten Thire eine zweite links fir unerldsslich шей, und ihrer Blind- heit durch ein eingesetztes Fenster abhalf. Leider fallr diese Gleichgiiltigkeit der Kunst gegen das Privatbediirfniss grade in die Zeit, wo dieses am staérksten war und Millionen zum Auf- bau ganzer Stadttheile verwendet wurden, die nun 6d’ und kahl und charakterlos dastehen als ein Vorwurf gegen die Zeit, die sie erschuf. Seit etwa zehn Jahren aber haben einzelne Ar- chitekien angefangen, abweichend von dem Herkommen, den ihnen zum Bau tbertragenen Privathéusern, ein bestimmtes, eigenthimliches Geprage aufzudriicken. Man griff zuerst nach den byzantinischen oder romanischen Formen, man suchte durch Gruppirung der Fenster, durch Erkern und Altane der Fagade Mannichfaltigkeit und Interesse zu geben; man versuchte ander- weilige Gliederungen, Eintheilungen, Schmuck, und schon zahlt Miinchen eine betrachtliche Anzahl solcher Wohnungen, die wenn sie auch noch nicht eine einheilliche Durchbildung im Styl, Freiheit und Neuheit in der Ornamentik, vor allem noch einen fahlbaren Mangel in den Verhaltnissen bekunden, doch das Auge wohlgefallig beschafligen und sich sclbst durch wirk- liche Theilnahme am Leben der Kunst tber das Alltagliche erheben. Ausser Biirklein haben in dieser Richtung vornehm- lich gewirkt Metzger, Reuter, Braunmihl, und mit ganz be- sonderem Glick Moninger, dessen mehr germanisch gehaltenes Haus in der Canalstrasse zu den schénsten nevern Baudenk- malen Miinchens zu zahlen 1st. (Fortsetzung folgt.) Die neuc Pinakothek von Voit ist im verflossenen Jahr sehr betrachllich geférdert worden. Dies Gebdude steht vor- erst sehr im Nachtheil gegen andere, indem es seinen Haupt- schmuck nicht von der Architektur, sondern von der Malerei erhalt, namlich von den stereochromischen Gemalden, welche nach Kaulbach’s Zeichnungen die Aussenwande bedecken wer- den. Bei einer Breite von 100 F., 368F. lang, hat es die Fronle und den Haupteingang an der schmalen Seite. Es hat nur ein Stockwerk fiber dem Erdgeschoss; aber dieses liegt hoch, und das obere Stockwerk ist in seiner mittlern Abthei- lung tiberhéht. Man tritt durch ein dreithoriges Vestibul in das Treppenhaus, das seiner ganzen Anlage nach der Pracht- theil des Gebiudes werden wird. Die Treppe fihrt in zwei Gangen rechis und links, parallel mit den einschliessenden Mauern empor zur Haupteingangsthtre der Galerie, von wo man riickwarts den Anblick ciner grossen offenen Loggia hat, die itber dem Vestibul steht. Nun folgen sich 5 grosse Sale von 40 F. Breite und 47 F. Tiefe, welche die mittlere Abthei- lung ausmachen; sie und die stidlich anstossenden fiinf Zimmer von 22F. Breile haben Oberlicht; die nérdlich anstossenden 14 Cabinelte (nebst der Stiege im 15. Raum) werden durch gewohnliche Fenster erleuchtet. Cabinette und Zimmer sind fir kleinere Gemalde bestimmt; die gréssern Sale sind wenig- stens theilsweis an bestimmte Werke vergeben; so wird den Mittelpunkt des ersten Saales Kaulbachs Bildniss vom Konig Ludwig machen; im zweiten ein grosses Oelgemalde von Hein- rich Hess; im dritten Kaulbachs Zerstérung Jerusalems; im vierten Schorns Siindfluth aufgestellt werden. Am Schluss die- ser dreifachen Abtheilung nimmt sodann ein grosser Saal die ganze Breite des Gebéudes ein mit einer Tiefe von 51 Fuss. Hier werden Rottmanns 23 griechische Landschaften aufgestellt werden und zwar unter einer architektonischen Vorkehrung fir die mdglichst starkste Wirkung des auch hier angewandten Oberlichtes. Kein Lichtstrahl и das Auge des Beschauers; dagegen wird die Lichtstrémung wie in einem Canal volllaufig auf die Gemalde gefiihrt. Die Wirkung ist freilich ausserordentlich. Dass die Basilica Zieblands ganz vollendet und nur dem religidsen Gebrauch noch nicht tibergeben ist, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Fir Benedictiner bestimmt, dirfte bei dem Gedanken an ihre Einweihung das Bedenken aufgeslossen sein, ob der urspriingliche Plan noch jetzt durch- gefiihrt werden solle. Der Architekt selbst, den wir mit Recht zu den ausgezeichnetsten, kenntnissreichsten und fahigsten unsrer Kiinstler zihlen, ist vorlaufig — am Actenpult der Re- gierungscanzlei beschaftigt! Der neue Friedhof Gariners, ein weites Todtenfeld mit nach innen offener, nach aussen hochummauerter Saulen- halle mit offener Dachristung, zu welcher eine Vorhalle Гав, die mit neun kleinen Kuppeln iberwélbt ist, wartet gleichfalls der Einweihung. Dem Vernehmen nach wird der Architekt selbst und der bald nach ihm verstorbene Schwanthaler den Reigen der stillen Bewobner dieser Prachiwohnung erdéffnen. Von den Schiilern Gartners hat zunachst Birklein eine ziemlich umfassende Aufgabe zu lésen gehabt in der Anlage des hiesigen Bahnhofs der Siid-Nordbahn. Das Feld war sehr gtinstig, indem sich keine Beschrankung darbot, und cin weiter Platz vor dem Gebaéude diesem selbst jede asthetische Wirkung sicher stellle. Die Stirnseite des Hauptgebaudes gleicht der einer altchristlichen Basilica, mit einer vortretenden Sau- lenvorhalle und einer grossen Rosette unter dem mit der Haupt- wand verbundenen Giebelfeld. Zwei Seitengebaéude treten mit in die Flucht der Vorhalle vor und geben dem Ganzen eine mas- senhafte Gruppirung. In denFormen hat sich Birklein ziemlich ge- nau an die sogenannten byzantinischen Formen Gartners gehalten,