ДВО ИСО. Organ der deutschen Kunstvereine. _ деи 5 г bildende Kunst und Baukun Unter Mitwirkung von Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien redigirt von Dr. Р. Eggers in Berlin. Ae 3. Montag, den 21. Januar. 1850. Zur Iconographie des Mittelalters. Von Dre. Karl Sehnaase. (Gitig mitgetheilter Auszug aus dem Manuscript des Herren Verlassers zum kinftig erscheienden IV. Bande, 1. Abth. des Werkes: ,, Geschichte der bil- denden Kunst.“ Dasseldorf bei Jul. Buddeus.) Grott Vater wird das ganze Mittclalter hindurch ohne Scheu dargestellt, obgleich zuweilen auch noch eine aus den Wolken reichende Hand ihn andeutet ). Anfangs gleicht er Christus vollkommen?) und wir kénnen z. B. bei der Darstellung in der Glorie, die iiber den Kirchthtiren gewdhnlich ist, oft nicht an- ] geben, ob Gott oder Christus gemeint ist. Im 13. Jahrh. be- ginnt eine kleine Verschiedenheit, die man am deutlichsten in Miniaturen bei der Darstellung der Trinitaét wahrnimmt; Gott Vater wird elwas bejahrter, voller, kraftiger aufgefasst. Noch im 14, Jahrh. stellt ihn Pietro von Orvieto im Campo santo von Pisa in der Schépfungsgeschichte jugendlich mit schwachem Barte dar, im Allgemeinen aber wird er alter gebildet, mehr als der ,, Alte der Tage“ betrachtel. Im 15. Jahrh. wird die Aehnlichkeit mit Christus schwacher; Ghiberti an den Thiren des Batlisteriums in Florenz und Benoffo Gozzoli im Campo santo in Pisa zeigen den Herrn mit langem fliessenden Barte, jener lasst sogar schon eine leise Einwirkung des antiken Jupiterideales bemerken, obgleich schlanker, milder, christ- licher behandelt. Im Ganzen hat die Darstellung in diesem spa- tern Jahrhundert nicht gewonnen, indem sie naliirlicher, ist sie auch greisenhafter, birgerlicher geworden, und verliert den Ausdruck der Hoheit, den die unvollkommenern Bilder des Mit- telalters erkennen lassen. Dazu kommt, dass nun auch an die Stelle des idealen oder antiken Kostiims, das bisher beibehalten war, eine reiche geistliche oder kaiserliche Tracht trat und dass man Gottes Haupt mit der papstlichen Tiara oder der kaiserli- chen Krone schmiicken zu missen glaubte. Erst die grossen italienischen Meister des 16. Jahrhunderts, Raphael und Michael 1) So auf dem Altar des Wolsinus in S. Ambrogio in Mailand (Agincourt Sc, tab. 26. C.), am Dom zu Ferrara und an dem zu Sens (Didron Icon. chr. p. 242), im Hortus deliciarum bei der Scligkeitsleiter (Engelhard, Her- rad von Landsperg. Taf. 9). 2) 7.В. in den Malereien von S. Savin im westlichen Frankreich selbst in der Schopfungsgeschichtc. Vgl. Peintures de 5. Savin mit Text von Mé- rimée. In Carolingischen Miniaturen ist Gott sogar zuweilen (Aginc. Mal. tab. 43.), aber nicht immer (daselbst tab. 41.) unbartig dargestellt. Angelo schufen einen wahrhaft bedeutenden Typus Gottes, der aber freilich wieder an das Jupiterideal streifte und bei den Эраеги leicht dahin dberging. In der Darstellung Christi herrschte das historische Ele- ment vor; er erscheint in menschlicher Gestalt und in bestimm- ien schriftmaéssigen Momenten. Yon allen blos symbolischen Zeichen hat sich nur die Figur des Lammes erhalten, die in den Bogenfeldern der Portale ziemlich oft vorkommt ). Der Fisch dagegen ist zwar als Arabeskenfigur sehr gewéhnlich, aber wohl schwerlich jemals als Symbol des Heilandes ge- braucht?). Auch der gute Hirte ist verschwunden*), und die Auffassung des Heilands als einen bartlosen Jinglings im Gan- zen nicht tiblich*). Ebenso wenig war es beabsichtigt, ihn hasslich darzustellen; jener Streit der alten Kirchenlehrer war verschollen, man dachle ihn als den schénsten unter den Men- schenkindern, und wenn das Bild dennoch hisslich ist, so tragt das Ungeschick des Bildners die Schuld, der ihn nur ernst, strenge, schreckend darstellen wollte. Denn dies ist nun die herrschende Auffassung; er wird als gereifter, kraéftiger Mann gedacht, oft mit dem unverkennbaren Ausdruck des Drohens. Man sieht ihn daher gewéhnlich nur in den pragnanten Momen- ten, wo seine GOttlichkeit und ihre Heilswirkung hervortrilt. Der griindlichste Symboliker des Mittelalters (Durandus im Ra- tionale lib. . cap. 3) spricht es geradezu aus, dass der Er- léser in den Kirchen nur in drei Momenten dargestellt werden diirfe, entweder auf dem Throne sitzend, oder am schmach- vollen Kreuze hangend, oder endlich auf dem Schoosse der Multer. Eine vierte Darstellung, die nicht minder hiaufig ist, fiigt er selbst an anderer Stelle hinzu, die nimlich, als Lehrer der Welt mit dem Buche der Wahrheit in der Hand. Es_ ist bald offen, und dann gewOhnlich mit den Schriftworten; ,, Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ beschrieben, odex geschlossen, wo es dann das apokalyptische Buch bedeutet, welches nur er, der Lowe vom Stamm Juda zu Offnen vermag °), 1) Z. B. in Wechselburg, Puttrich Taf. 6. 2) Ganz vergessen war das griechische Buchstabenbild doch nicht, aut dem Siegel des Doms von Aberdeen liegt Christus als Fisch in der Krippe Glossary of archit. s. v. fish. 3) An einem Kapital in S. Nectaire in der Auvergne soll er sich dennoeh finden Bull. du comité hist. des arts ete. I. 2. p,54, A) In einzelnen Fallen bildete man ihn bei der Nebeneinanderstellung am Kreuze bartig, nach der Auferstehung bartlos, Didron a. a. O. S. 281. 5) Durand. Rat. lib. 1. c. 3. Divina majestas depingitur quandoque cum 3