21 mit den vier Kardinallugenden zusammengesteilt’) und Sonne und Mond bei der Krenzigung nach wie vor durch menschliche von einem Kreise umschlossene Képfe bezeichnet. Hiermit ist aber auch der Kreis der symbolischen Gestalten, deren sich die bildende Kunst bediente, geschlossen. Man sieht, ihre Zahl ist klein und die Bildner gingen noch weniger als die Dichter tiber die Grenzen der Tradition hinaus. Selbst innerhalb derselben suchten sie nicht nach neuen, symbolisch bedeutsamen Gegenstiinden; die ausgefihrten Gleichnisse der Evangelien, welche im 16. Jahrhundert vielfach dargestellt wurden, gelangten noch nicht dazu, und noch weniger ver- suchte die Kunst sich an weiter entwickelte Allegorien, wie sie wohl bei Kirchenlehrern und Dichtern vorkamen. Vor Allem in der bildenden Kunst zeigt sich daher der Unterschied der mittelalterlichen Symbolik von der modernen Allegorie; diese giebt sich als eine menschliche Erfindung, jene, als eine der Willktr entzogene, auf die Offenbarung gegriindete Ueberlie- ferung. Daher nnterscheiden sich die symbolischen Perseni- ficationen des Mittelalters so wenig von den historischen Ge- stalien, dass ihre Zusammenstellung einen durchaus harmoni~ schen Eindruck macht, wahrend uns in modernen Bildern die Vermischung allegorischer Figuren mit wirklichen Gestallen verletzt, Freilich ist dabei noch eine andere Verschiedenheit beider Kunstepochen wirksam. In der modernen Kunst sind die historischen Gestallen naturalistisch aufgefasst, hier in einer idealen, sie den symbolischen Figuren annahernden Allgemein- heit. Dort sind sie von wirklicher Natur umgeben und mit den Allegorien in einen der Wirklichkeit nachgeahmten Zu- sammenhang gebracht; hier stehen beide nur nebeneinander auf einem architektonischen oder idealen Hintergrunde. Die Ver- schiedenheit liegt daher auch in dem Gesetze der Composition, welches in neuerer Zeit naturalistisch, in den Bildwerken des Mittelalters symbolisch ist. Die symbolische Auffassung der Gestalten steht daher mit dieser Raumsymbolik in nothwendi- gem innern Zusammenhange, beide erganzen einander. Auf anderm als diesem symbolischen Boden widen diese Gestalten fremdartig erscheinen und bei andern naturalistisch aufgefassten Gestalten wiirde diese Raumsymbolik ihre Bedeutung verlieren. Vereint aber verleihen beide der mittelalterlichen Kunst einen eigenthiimlichen Charakter und Werth. Sie versetzt uns we- niger in die Wirklichkeit und erweckt das individuelle Mitge- fiihl nicht in dem Grade, wie die moderne Kunst, sondern bleibt mehr im Reiche des Gedankens. Aber dadurch gestaltet sie der dichtenden Phantasie und dem sinnenden Verstande eine freiere Entfaltung, vermag in tiefere Gedankenbeziehungen einzugehen, sie mit plastischer Kraft vor die Seele zu fihren und zu einem harmonischen Ganzen zu gestalten. Einige Bei- spiele werden dies zeigen. (Schluss folgt.) TAunstliteratur. hunderts einige Aufmerksamkeit zugewendet haben, muss das obige Werk, welches die ganze Cullurgeschichte jenes Landes in dieser Epoche betrifft, als eine Erscheinung von der wich- tigsten Art mit Freuden begriisst werden. Graf Leon de Laborde, der sich durch seine ebenso geistreichen als griind- lichen Forschungen auf dem Gebiete anliker, wie miltelalter- licher Kunst einen europdischen Namen erworben, hat sich in diesem Werke die grosse Aufgabe gestellt, das bisher so un- gemein dirftige Material der niederlandischen Kunstgeschichte fir jene Epoche auf dem héchst mihseligen Wege urkundlicher Forschungen in der Weise zu bereichern, wie dieses in den letzten Jahrzehnien fir einen Theil der Kunstgeschichte Italiens, von Friedrich von Rumohr, Gaye und Ciampi geschehen ist. Der Verfasser beginnt seine Forschungen mit dem Jahr 1384, dem Regierungsantritt Herzog Philipp des Kihnen, als Grafen von Flandern, und schliesst dieselben mit dem Jahr 1482, als dem Todesjahr der Maria von Burgund. Unter den benutzten Quellen nehmen die erste Stelle die Rechnungen ein, zunachst kommen die allen Inventarien, endlich die Briefe in Betracht. Den eigentlichen Mittelpunkt der Untersuchungen machen die bildenden Kinste aus, einschliesslich der Baukunst, mit allen ihren Verzweigungen und manchen im Mittelalter so eng mit denselben verbundenen Handwerken. So schliessen sich den Nachrichten tiber die Baukiinstler, die tiber Zimmerleute, Schlos- ser, Schiffbaumeister u.s.w. an, so den fiber die Bildhauer, die tiber die Goldschmiede, die Juweliere, die Stempelschnei- der, die Giesser, die Waffenschmiede, so endlich denen tiber die Maler, die fiber die Miniatur-, die Glas-, die Emaille- Maler (welche letztere meist mit den Goldschmieden zusammen- fallen), die Teppichwirker und die Sticker, so wie tiber die Holzschneider und Kupferstecher, Nur die wichtigsten dieser Kunstzweige koénnen den Hauptgegenstand dieser Anzeige bil- den. Ueber den Zustand der Literatur gewahren die Nach- richten iiber die Gelehrten, Dichter, Geschichtschreiber, Ueber- seltzer, tiber die Gewerbe die Notizen von den Fabrikanten und Kaufleuten von Tuch, Sammet, Pelzwerk u.s.w., von den Uhrmachern, Schneidern, Schustern etc. mehrfache Auskunft. Um das reiche und lebendige Gesammibild des Hofes jener alten Herzoge von Burgund zu vervollstandigen, sind endlich auch Nachrichten iber grosse Feste, tiber von denselben ge- machte Geschenke, verliehene Jahrgelder, iber Sanger, Aerzte, Astronomen, Narren, Maitressen und Bastarde aufgenommen worden. Alle diese Gegensténde kann ich indess hier nicht in nahere Betrachtung ziehen. Ueber die fir die Geschichte jener Zeit so wichtigen Gesandtschaflen und einzelne Boten der Herzoge von Burgund wird der Verfasscr in einem beson- deren Werke handeln. In der Einleitung wird eine kritische Muslerung der Haupt- quellen gegeben. Die Archive zu Lille, Dijon und Brissel cnthallen zusammen alle Rechnungen, welche wir iber die Ausgaben jener Herzoge von Burgund besitzen. Dieselben haben wunderbarer Weise den Sturm der franzésischen Revo- lution fast unversehrt tiberdauert und ergénzen und conirolliren sich untercinander auf eine sehr glickliche Weise. Wenn die Archive von Lille und Dijon vorzugsweise die Rechnungen fir Flandern und das Herzogthum Burgund umfassen, so enthialt das von Briissel von Jahr 1404 ab die Rechnungen fir Bra- bant, Limburg, Luxemburg, Geldern, Hennegau, Namur, und ausserdem die Rechnungen uber die Verwallung der Stidte, der Abteien, Kléster und Kirchen jener Lander, indem diese gehalten waren, Abschriften derselben dahin einzusenden. Ausserdem ist aber in Brissel auch das Stadtarchiv wichtig, wie die aus demsclben geschépften Nachrichten von Herrn Waulers dber Rogier van der Weyden den alleren beweisen, Les ducs de Bourgogne etudes sur les lettres, les arts et Vindustrie pendant le XV° siecle et plus particulierement dans les Pays-Bas et le duché de Bourgogne par le comte de Laborde, membre de Tinstitut. Seconde Partie. Tome 1. Preuves. Paris Plon Freres 1849. Mit einer Einleilung von CLXI Seiten, 512 Seiten Text und 71 Seiten Register. Gross 8°. Von &. F. Waagen, Von allen, welche der hohen Bedeutung der Blithe der bildenden Kiinste in den Niederlanden wahrend des 15ten Jahr— {} So auf dem Taufbecken im Dom zu [ildesheim. Kratz, d OD. z. I. Taf 12.