in dieser Epoche Kirchen, wie den Dom von Antwerpen, Rath- hauser, wie die von Brissel und Léwen, auffithrten und jene grossen Maler beschaftigten. Ist ja doch auch das gepriesene Hauptwerk der Briider van Eyck, der Genter Altar, fiir die Patrizierfamilien der Vyts und Borluts jener Hauptstadt von Flandern ausgefiihrt worden. Dass jene Herzége dessenunge- achtet héchst ansehnlich zu jener Blithe der Kiinste, nament- lich in den Zweigen der Goldschmiedekunst, der Teppichwir- kerei und der Miniaturmalerei beigetragen haben, wird dagegen durch dieses Werk in das vollste Licht gesetzt. Einem so feinen Beobachter, wie dem Grafen Laborde, konnte diese Wahrnehmung natirlich nicht entgehen. Er verwahrt sich da- her in der Einleitung ausdrticklich gegen eine Ueberschatzung jener Beschiizung der Kiinste von Seiten der Herzége von Burgund. Sehr treffend sagt er: „„Па fort & dire sur la na- ture et l’esprit de cette protection et l’épiderme, c’est étour- dissant; en pénétrant plus avant, on s’élonne du peu de pro- fondeur d’un édifice aussi élevé.‘ Ich bemerke jetzt Einiges tiber die bedeutendsten Kunstler, die wichtigsten Denkmaler, von denen uns diese Urkunden Auskunft geben. Ob sich unter den Architekten Kinstler von Bedeutung befinden, ist bei der Unbedeutendheit ihrer Aufgaben schwer zu ermitteln. Von den Bildhauern dirfien nach den namhaften Werken, welche sie ausgefihrt, folgende zwei Kistler im héheren Sinn des Worlts gewesen sein. Gilles de Blackere, welcher ,,tailleur d’ymaiges d’albastre’* genannt, fir Philipp den Guten in den Jahren 1435-1436 das Grabmal seiner ersten Gemahlin, der Madame Michielle de France in der Kirche des heiligen Bayo zu Gent in jenem Material aus- fihrt und dafiir 285 Francs 10 Sous erhalt*), und Pierre Cou- stain, der im Jahre 1461 die Summe von 160 Livres fiir zwei Standbilder der Heiligen Philipp und Elisabeth empfangt**), welche derselbe First in seinem Schlosse zu Briissel aufstellen liess. Aus den Worten ,,pour avoir paint et ouvré deux ymai- ges geht hervor, dass nicht allein die Holz~, sondern auch die Steinscalpturen dort in jener Zeit bemalt wurden, aus dem Beisatz ,,paintre‘, dass dieser Kinstler vorzugsweise Maler war. Aus anderen Rechnungen erhellt auch, dass er besonders als solcher beschaftigt worden ist. Gleich dem Andrea Verroc- chio und dem Antonio Pollajuolo zu Florenz, wurden also damals gelegentlich auch in den Niederlanden Bildhauerei und Malerei von einem und demselben Kunstler ausgeitbt. Merk- wirdig ist noch in Betreff der dem P. Coustain fir jene Stand- bilder bewilligiten Bezahlung, dass es heisst, dieselbe sei ihm > taxirt und bewilligi worden von Meister Rogier, gleichfalls Maler (,,qui lui a été tauxé et ordonné par maistre Rogier, aussi paintre“), weil hiermit wohl sicher Rogier van der Wey- den der Aeltere gemeint ist, welcher bekanntlich in Briissel leble und damals, drei Jahr vor seinem Tode, als der grésste lebende Maler in den Niederlanden in hohem Ansehen stehen musste. Die iibrigen 106 vorkommenden Bildhauer diirften bis auf den Claux de Werme, der nach Dijon geschickt wird, um das von dem schon bekannten Claux Sluter gearbeitete Grab- denkmal Herzog Philipp des Kihnen von Burgund zu beendigen, grosstentheils nur Verzierungen und andere eigentliche Stein- metzarbeiten ausgefihrt haben. Auch unter den Goldschmieden, deren Zahl sich auf 328 belauft, lasst sich ein ahnlicher Unterschied machen. Wahrend einige gleich den grossen Goldschmieden Italiens, Bildhauer im Kleinen, und ohne Zweifel héchst geschickte waren, hat sich die Mehrzahl mit den gewohniichen Arbeiten beschaftigt, wie sie noch heut von den Goldschmieden gemacht werden. *) Belag 1196. %*) Belag 1868. Besonders beliebt waren goldene Altartafelchen mit kleinen Statuetten, und Reliefs, wobei die Prachtliebe durch Emaille- Malereien und den Besatz mit Perlen und Edelsteinen sich recht geltend machen konnte. So fihrt der von dem Herzog Johann ohne Furcht viel beschaftigte Jehan Mainfroy*) verschiedene solcher Altartaéfelchen (tableaux d’or) fiir dessen Capelle aus, so der Goldschmied Jehan Pentin**) ein dhnliches fiir den Herzog Philipp den Guten. Auch paces, Statuetten von heili- gen und welllichen Personen wurden vielfach gearbeitet. So erhalt Gerard Loyet, Goldschmied Philipp des Guten, von die- sem im Jahr 1467 die Summe von 1200 Livres fiir ein goldnes Standbild (ymage d’or), welches der Herzog der Kirche des В. Lambert zu Liittich verehrt hatte***), und derselbe von Maria yon Burgund im J. 1478 die Summe von 940 Livres 15 Sous und 6 Deniers fiir vier in Silber in Lebensgrésse ausgefithrte halbe Figuren, von denen zwei ihren Vater, den Herzog Carl den Kihnen, die zwei anderen aber angesehene Anfihrer seiner Heere darstellten****), Diese gaben durch Emaillemalerei, wie durch getreue Nachahmung ihrer Harnische und des sonstigen Kostiims in Form und Farbe ein méglichst getreues Abbild der Wirklichkeit. Solche Arbeiten sind natirlich mit sehr seltnen Ausnahmen in den Schmelztigel gewandert. Mir ist in den ganzen Niederlanden nur ein Werk der letzteren Art bekannt geworden, nadmlich das Stihnegeschenk, welches Karl der Kihne im Betreff der grausamen Zerstérung Liittichs im Jahr 1468 das Jahr darauf in die Kirche des heil. Lamberts gestiftet hat. Dasselbe wird nach der Zerstérung jener Kirche in der jetzi- gen, dem heiligen Paul geweihten Cathedrale aufbewahrt und stellt in Statuetten von gediegenem Golde den knieenden Her- zog und hinter ihm, im Waffenschmucke der Zeit, den heil. Georg mit dem schén emaillirten Drachen dar. Die Arbeit ist sehr fleissig und in den rohen, harten, grausamen und un- gliicksschwangeren Ziigen des Herzogs héchst charakteristisch. Ein anderes Gebiet ihre Kunst auszuiiben fanden die nieder- landischen Goldschmiede in den reichen Zierrathen der Har- nische, Helme, so wie der Griffe von Schwertern und Dolchen. Fir dergleichen Arbeiten erhalt der obenerwahnte Jehan Pentin im Jahr 1424 von Philipp dem Guten die grosse Summe von 13,938 Livres 5 Sous und 2 Deniers. Endlich macht auch das Stechen der grossen Wappen der Landesherren, welche be- kanntlich zu dem Schénsten gehéren, was man der Art aus dieser Epoche hat, einen Theil der Thatigkeit der Goldschmiede aus. Manche Kinstler scheinen sich indessen fast ausschliess- lich mit diesem Zweige beschaftigt zu haben. Sehr eng an die Goldschmiede schliessen sich die Kinstler an, welche in Elfenbein, in Knochen, in Holz kleine Gegen- stande ausfihrten, und Einzelnes noch Vorhandene der Art be- weist, dass die Niederlander auch darin héchst Ausgezeichneles geleistet haben. (Schluss folgt.) Mmektune. Herlin, 11. Jan, Der Preuss. Staats-Anzeiger bringt heute folgende Aufforderung zur Preisbewerbung vom Mi- изегиии der geistlichen etc. Angelegenheiten: Bei der grossen Schwierigkeit, den pekuniéiren Werth der Erzeugnisse der bildenden Kinste zu hestimmen, und bei dem Mangel fester An- haltspunkte fiir diesen Behuf hat sich das Beddrfniss geltend gemacht, in die entsprechenden Verhaltnisse friherer bedeutender Kunstepochen eine modglichst griindliche Einsicht zu gewinnen. Wenn es auch cinerseits nicht wohl thunlich ist, die Leistung des kiinst- lerischen Genie’s nach einem bestimmten numerischen Massstabe abzuschatzen, *) Веах 75—55. ***) Belag 1929. **) Belag 676, 690, 752 und sonst. ****) Belag 1976.