СЗО АОИ.

Organ
der deutschen Kunstvereine.
	4eitung
fiir bildende Kunst und Bankunst.
	Unter Mitwirkung yon
	Hugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — Forster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
			Zu deutschen Kunstgeschichte.
	Leben und Werke des Bildhauers Tilman Riemenschneider ,
eines fast unbekannten aber vortrefflichen Kiinstlers, am Ende des 415. und
Anfang des 16. Jahrhunderts Beschrieben und herausgegeben von C. Becker.
Mit 7 Kupfertafeln und 2 Vignetten, gezeichnet yon F. Leinecker u. A.
und gestochen yon L. Regnier. Leipzig, Rudolph Weigel 1849.
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	redigirt von Dr. EF. Begers in Berlin.
	Montag, den 28. Januar.
	besonders ein nahes Yerhaltniss zu A. Kralt an, ohne ihn doch
elwa zu dessen Schiller machen zu wollen. Ich méchte, so-
weit wenigstens die Eigenthtimlichkeiten des vorgenannten Bam-
berger Denkmales meiner Erinnerung vorschweben, auf eine
elwas abweichende Richtung hindeuten, die mir — vielleicht
in Folge des uns unbekannten urspriinglichen Bildungsganges
	des Kinstlers — mehr eine Verwandlschalt zu jener Richtung
UL Udinaligen ulcuciitetuischen Malurei zu bezeichnen schien,
	welche sich in den Bildern des (falschlich) sogenannten Israel
von Meckenen oder des Meisters der Lyversberg’schen Passion
ausspricht. Dass sich dann, zumal in den spaleren Werken
des Meisters, ein grésseres, und zum Theil allerdings ein ziem-
lich entschiedenes Eingehen auf die vorherrschende Richtung
der frinkischen Kunst bemerklich macht, kann bei seinem festen
Aufenthalt in Franken in keiner Weise befremden.

Auf die biographischen Notizen lasst der Verf. eine aus-
fihrliche Uebersicht der Werke Riemenschneider’s — derjeni-
gen sowohl, welche ihm auf den Grund urkundlicher Zeugnisse,
als derjenigen, welche ihm nach ihren stylistischen Eigenthtim-
lichkeiten mit Zuversicht zuzuschreiben sind, — und eine Cha-
rakteristik ihrer ktinstlerischen Beschaffenheit folgen. Sie be-
finden sich zumeist in und an den Kirchen Wirzburgs und der
Umgegend. Von umfassenderen Werken ist nur jenes Denkmal
des Bamberger Domes erhallen, wihrend leider zwei Werke,
die ohne Zweifel zu seinén bedeulendsten gehdrten, — das bis
zur Chorwélbung emporsteigende Sakramentshauschen und der
Tabernakel des Hochaltares im Dome zu Wirzburg — unter-
gegangen sind. Die beigegebencn Kupfertafelu, auf denen eine
Reihefolge von Einzelmonumenten Riemenschneider’s enthalten
ist, gewadhren in ihrer genauen und feinen Auffassung, in ihrer
sorgfallig charakteristischen Ausfihrung eine vollkommen zu-
reichende Anschauung der Richtung und der Kunsthéhe des
Meisters. Das ganze Werk erfillt hiedurch seine Aufgabe in
der erfreulichsten Weise. Von dem Bamberger Denkmal ist
ibrigens keine Darstellung darin enthalten. Es ist sehr zu
wiinschen, dass demsclben méglichst bald ein selbstandiges
Werk, gewissermassen als Erginzung des vorliegenden, ge-
widmet werden mége. Es wiirde hinreichen, wenn die zahl-
reichen Darstellungen desselben auch nur im Umriss wieder-
gegeben wirden.

Wenn ich schliesslich ein Bedenken gegen die Auffassungs-
weise des Verfassers aussprechen darf, so besteht dies darin,
	dass er, wie es mir scheint, bet dem gemithlichen Versenken
a
	Wis empfangen alle Miltheilungen zur Aufhellung unserer
valerlindischen Kunstgeschichte mit lebhaftem Danke, besonders
aber, wenn sie, in griindlich monographischer Behandlung,
cinen beachlenswerthen Einzeltheil derselben urkundlich fest-
stellen und, je nach ihrer Aufgabe, Boden und Fundament fir
den Weiterbau des grossen Ganzen sichern und ordnen helfen,
Zu solchen Arbeiten gehért die in der Ueberschrift genannie.
Der Name des Meisters, dem dieselbe gewidmet ist, wird den
heutigen Freunden der vaterlandischen Kunst nicht mehr unbe-
kannt sein. Es geniigt, daran zu erinnern, dass das schéne
Denkmal Heinrich’s П. und der Kunigunde im Bamberger Dome
von ihm herrihrt; ein Kinstler des Ranges, wie er sich in
diesem merkwirdigen Sculpturwerke kund giebt, ist eines na-
heren Eingehens unbedenklich in vollem Masse werth. So hat
auch der Name des Verfassers und Herausgebers bei den Freun-
den unsrer Kunslgeschichte cinen guten Klang. Es bedarf
hiernach keines weiteren Nachweises, um den Werth der Gabe
darzulegen.

Ueber das Leben Riemenschneider’s giebt uns der Verf. die
einfachen Mittheilungen, die aus den urkundlich erhallenen
Daten hervorgehen. Dirftig, wie diese sind, zumal in Bezug
auf die eigentlich ktinstlerischen Verhdltnisse, gewabren sic
doch einen Einblick in die, mit dem birgerlichen Leben eng
verflochtenc Lebensstellung des damaligen deutschen Kinsilers.
Das Geburtsjahr Riemenschneiders ist nicht bekannt. Er stammt
aus Osterode am Harz und kam 1483 als Gesell nach Wirz-
burg, wo er fir sein ferneres Leben verblieb. Er nahm an
der stadtischen Verwaltung in Krieg und Frieden Theil, beklei-
dete zeilweilig die Birgermeisterstelle, bethaligte sich beson-
ders bei den schwierigen stidlischen Massnahmen zur Zeit des
Bauernkrieges und litt unter den Leiden der Stadt persdnlich
mit. Er starb, hochbetagt, am 8. Juli 1531. Ueber seinen
kiinstlerischen Bildungsgang liegt keine Nachricht vor. Der
Verf. bezcichnet seine kiinstlerische Stellung zu den gleichzei-
tigen, namenilich frankischen Meistern der Bildnerei und nimmt