ВАЛА.
	Organ
der deutSchen Kunstvereine.
	A4eittung
fir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung yon
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — FOrster in Minchen — Hitelberger v. Edelberg in Wien
	redigirt von Dr. F. Eegers in Berlin.
	Montag, den 4. Februar. 1850.
	Die neuesten Kunstleistungen in Frankfurt a. M.
	Von J. D. Passavant.

l. Malerei.
	welche stets alle Herzen fur das Werk eines Kinstlers, der
mit ganzer Seele in seiner Schépfung gelebt und gewirkt hat,
gewinnen wird, und hier auch gewonnen hat. Das Gemalde
ist, wie wir vernehmen, Eigenthum des Kaisers von Russland.  )

Unser productivster Kunstler, Eduard Steinle, ist bei
Verwendung des Deutschen Hauses zu einer Kaserne, wieder
in das Stadel’sche Kunstinstitut eingezogen, und hat hier schon
mehrere treffliche Werke gefertigt. Besonders sind einige
отбззеге Zeichnungen in Sepia hervorzuheben, von denen drei
dem Rhein~Mahrchen von Clemens Brentano entnommen sind,
und die zu den schénsten Compositionen gehéren, womit der
treffliche Meister uns schon zum 6ftern erfreut hat. Auf dem
einen dieser Blatter sehen wir im Rhein beim Mondenschein
den freudigen Zug der sich in ihn ergiessenden Flisse und
Flisschen, alle reichlich mit Geschenken versehen, wie es in
der Dichtung so reizend beschrieben ist. Nach dieser Zeich-
nung haben wir von Karl Kapper mit nachstem einen schénen
Kupferstich zu erwarten. Auf einem andern Blatt sehen wir
Fanferlieschen mit ihrem Kinde in einen Thurm gesperrt und
wie zu ihrer erheiternden Tréstung alle Arten von Végel
schaarenweis vom Himmel hernieder fliegen. Auf der dritten
ist die Begegnung beim Mausethurm des Kénigs von Mainz
mit dem von Trier dargestellt, wie durch den Sprung der Katze
nach der Maus Verwirrung entsteht und was weiter sich daran
ankniipft. Eine jede dieser Zeichnungen hat eine architekto-
nische Einfassung, in welcher einige der Hauptpersonen der
Erzaihlungen héchst charakteristisch angebracht sind, wodurch
der Reiz der originellen und reichen Anordnung noch sehr er-
hoht wird. Eine vierte Sepiazeichnung ist Shakspear’s Kauf-
mann von Venedig entnommen. Sie zeigt uns Shylock in Ver-
zweiflung dem Gespélte des Volkes und der Knaben ausgesetzt,
wahrend seine Tochter mit Lorenzo in einer Gondel entflieht ;
der Richter (Porzia) mit den Seinen ihnen in einer anderen
nach Padua folgt. Alle Charaktere und die sie umgebende Lo-
kalitat sind von der ansprechendsten Wahrheit, die verschie-
denen Gruppen von der malerischsten Wirkung. — Bewunderten
wir bis jetzt in diesen Compositionen die lebendigen Darstel-
lungen der Freude oder der zarten Mutterliebe, oder die einer
	mahrchenhaften Phantasie, oder des Humors tm Leben, so zeigt
uns dagegen eine finfte Zeichnung in drei Abtheilungen den
	1) Das Bild hat auch im vorigen Jahre in Berlin die lebhafte Aufmerk~
	samkeit der Kunstfreunde erregt.
	Von dem Obristen von Reutern, einem Kinstler im wah-
ren Sinne des Wortes, war verflossenen Sommer das Gemalde
eines Opfers Abrahams in den Raumen des Stadel’schen Kunst-
instituts ausgestellt, welches trotz der durch die Tagesbege-
benheiten so sehr aufgeregten Zeiten dennoch die Aufmerksam-_
keit und Bewunderung des gesammten Publikums in Anspruch
zu nehmen vermochte; denn in ihm vereinigen sich tiefe Em-
pfindung mit naturgetreuer Ausfihrung auf eben so entsprechende,
als sellene Weise. In den drei Personen der dargestellten
Handlung treten uns ergreifend drei sehr verschiedenarlige Ge-
miithszustande entgegen: Der Erzvater, im Begriff das ihm: im
Leben Theuerste Gott opfernd hinzugeben, zeigt den Zustand
eines tief erregten Gemiithes, gemischt mit den Zweifeln bei
der Ueberraschung durch den gélilichen Boten; der Engel, licht~
umflossen aus gelriblem Himmel herabfahrend, prangt durch _
den milden Ernst héherer Erkenntniss des gottlichen Willens ;
endlich ist Isaaks zutrauungsvolle Ergebenheit, womit er auf
dem Holzstoss vom Vater gehalten, lauschend nach dem ihm
unbekannten Vorgang umblickt, wahrhaft rihrend. In Harmonie
mit diesen Gemiithszustanden verleihen die verschiedenartigen
Kérperbildungen und Farbungen dem Gedanken neue Starke
und einen eigenthimlichen Reiz: in ungebeugter Kraft steht
der Greis, in verklarter Jugend prangt der Engel, in zarter
Schinheit der feine Gliederbau des Knaben. Riicksichtlich der
Farbung, die zuweilen symbolisch wird, hier nur folgende An-
deutung: Aus dem Dunkel des Gewélkes dringt glanzumflossen
der Engel hervor und breitet seine regenbogenfarbige Fligel
aus, gleich einem Himmelszeichen der Verséhnung. Hochroth
ist dagegen das Gewand, auf welchem Isaak liegt, gleichsam
das blutige Opfer bezcichnend; zugleich aber gab es dem
Kinstler auch ein Mittel, durch Reflexe den schénen Korper
des Knaben in der Farbung so zu steigern, dass er vom jugend-
lichsten Leben durchstrémt erscheint. Was endlich das Bild
als ein wahrhafles Werk der Kunst stempelt, ist nicht sowohl
eine oft meisterliche Behandlung, als vielmehr des Meisters
volle Hingabe an die Sache bei grindlicher Kenntniss, und die
gewissenhafte Durchfihrung aller einzelnen Theile. Diese in
unserer zerrissenen Zeit so seltenen Eigenschaften sind es aber,