serer Bedeutung zu sein scheinen, oder welche uns uber die Stellung und die Honorirung derselben naheren Aufschluss ge- wahren. Jeder mit der Geschichte der Miniaturmalerei im Mit- telalter Bekannte weiss, dass fir gewéhnlich nicht allein der Schreiber und der Miniaturmaler eines Buchs zwei verschiedene Personen waren, sondern dass auch in der Regel die Initialen und Вапдег und wieder die eigentlichen Bilder in demselben Buche von verschiedenen Kunstlern ausgefthrt worden. Das erste heisst in der Sprache der Zeit ,,enluminer“‘, das zweite »bystorier“, Bisweilen findet man indess auch alle drei Be- schaftigungen in einer Person vereinigt, so bei dem von Phi- lipp dem Guten viel gebrauchten Jehan Drieux, welcher Tag- gelder von 12 gros erhalt, ,,pour lui aidier et entretenir en son service en occupation d’escriptures de livres et de les en- luminer ef faire histoires.“ ) Gelegentlich ist der Miniatur- maler zugleich Buchbinder, aber nicht Schreiber, so erhalt » Jehan enlumineur, demourant 4 Bruges“ im Jahr 1441 34 »salus dor?) de 48 gros monnoie de Flandres piéce, qui deve luy estoit pour son salaire d’avoir enluminé, hystorié et lyé deux Psautiers que Jehan Aubert, receveur de Gravelinghes, a fais et escrips pour Md§.*) In der Regel kann man anneh- men, dass die Miniaturen von solchen, welche auf solche Weise verschiedene Beschaftigungen vereinigen, von sehr geringem Kunstwerk und sehr handwerksmassigem Machwerk sind. Als eigentlicher Hofmaler Philipps des Guten wird aber im Jahr 1444 ,,Jehan le Pestinien, varlet de chambre et enlumineur de MS. le duc de Bourgogne“ aufgefithrt, welcher ein Gehalt von 6 francs den Monat erhalt*). Von Karl dem Kihnen werden besonders Loiset Lyeder, Pol Fruit und Guillaume Wyelandt beschaftigt. Von dem ersten und dem letzten weist der Ver~ fasser noch vorhandene Arbeiten in der Bibliothek der alten Herzoge von Burgund nach und findet sie sehr wenig originell, worin ich demselben auch vollkommen beistimme. Wenn er aber die simmtlichen Miniaturen des 15ten Jahrhunderts in zwei Klassen sondert, von denen die eine ausnahmsweise von grossen Malern herrtihrend, bewunderungswirdig, die tibrigen sehr zahlreichen, von geschickten Praktikern gemacht, einfér- mig und geistlos wiren®), so kann ich ihm darin nicht bei- pflichten, Nach meinen langjihrigen, auf das Studium von einigen Tausenden von Manuscripten begriindeten Erfahrungen hat es zu jeder Zeit, und mithin auch im 15ten Jahrhundert, Kistler gegeben, welche sich zwar nur mit der Miniaturma- lerei beschaftigt, dieselbe aber mit Geist und Gefihl ausgetibt haben. Ueber die sehr frih ausgebildete Wirkerei von Teppichen, welche schon in diesen Urkunden hautelisses genannt werden, enthilt das Werk sehr interessante Belage. Wegen der kost- baren, dabei in Anwendung kommenden Stoffe, als Seide, Gold und Silber nimmt dieser untergeordnete Zweig der Malerei in derselben eine ahnliche Stelle ein, wie die Goldschmiedearbeit in der Sculptur, und die darauf verwendeten Summen sind sehr betrichtlich. Als der Hauptort fiir diese Art von Arbeiten erscheint schon sehr friih Arras, Bereits im Jahr 1385 kauft der Herzog von Burgund, Philipp der Kthne, nicht allein dort dergleichen Teppiche von dem Birger Jehan Gosset, wohl ohne Zweifel dem Wirker 4егзе еп“), sondern zwei andere 1) Siehe die Belige 1336, 1391, 1395, 1396, 1398, 1429, 1456, 1004. 2) Eine Goldmiinze, welche 1431 22 sols parisis galt und ihren Namen von der Legende ,,Salus populi suprema lex esto“ hatte. - 3) Belag 1359, 4) Belag 1374. 5) S. Einleitung S. LXXXIII f. 4) Belag 23. A Jehan Gosset, bourghois d’Arras, pour Pachat d’un drap de hauteliche, ouvré a ог, de I’ystoire saint Jehan, contenant XXX aunes de long que MS. fist achater 4 lui Ja somme de VIIc francs. Bel. 24. Pour un autre drap de hauteliche, ouyré 4 Or, de l’ystoire des riches et vertus, сощепапЕ ХХУ [ аппез У[с Ёапс$, fasst, ist nicht der Knabe, den weiland Christophorus wie die Last der Welt auf seinen Schultern fihlte. Diese Bemerkung ist nicht kleinlich und nicht eigenwillig gesucht: — mit dem Heiligen soll man einmal nicht spielen, und wenn es auch in noch so frommer Sentimentalitét geschahe. — Der vierte Holz- schnitt, in bedeutend grossem Massstabe, enthalt eine Genre- scene nach Ph. Veit: das Geriist eines Actsaales, auf dem das Modell sitzt, ein Knabe in der bekannten Stellung des Dornausziehers; zur Seite, im Winkel stehend, ein aufgerich~ tetes Skelett, das auf den Knaben niederzublicken scheint. Neben dem Skelett finden sich allerlei lateinische Inschriften, auf die Verganglichkeit des Irdischen beziiglich. Die Darstel~ lung hat also wiederum symbolischen Inhalt. Einem solchen ware aber ohne Zweifel mehr Gentige geschehen, wenn statt der sinnlich dirftigen Knabengestalt ein méachtig gebildeter minnlicher oder ein iippiger weiblicher Kérper den Gegensatz zu dem Skelett bildete. So muthet das Blatt weder den mit Symbolen spielenden Gedanken villig an, noch auch den naiven kinstlerischen Sinn, da zur Befriedigung des letzteren jeden- falls die Andeutung einer staérkeren malerischen Wirkung né~ thig gewesen ware, als hier erstrebt ist. Das Blatt ist eben nur etwas leer. Die technische Behandlung der vier Blatter ist, wie schon angedeutet, nur erfreulich. Sie tragen durchweg den Charakter derber, skizzirender Federzeichnung, die bei Steinle, zumal in den beiden gréssern Blattern, neben aller Freiheit des Stri- ches ein schénes stylistisches Gefihl erkennen ldsst, bei Ph. Veit leichter und rascher hingeworfen erscheint. Der Holz- schneider hat augenscheinlich das in den Originalzeichnungen Gegebene mit lebendigstem Eingehen auf deren Intentionen nachzubilden gewusst. Die klare Haltung der beiden gréssern Blatter nach Steinle wirkt besonders erfreulich. In dem Blatte nach Veit ist ein stellenweises Ueberziehen mit einer hellgelb- lichen und einer etwas dunkleren Tusche (durch zwei Ton- platten, die erste mit ausgesparten Lichtern), sehr glticklich und ungezwungen nachgebildet. Die Andeutung einer eigent- lich malerischen Wirkung wird aber auch dadurch nicht erreicht; es ist nur ein ausseres Mittel zu einer solchen. Jedenfalls indess fihrt uns das Unternehmen eine ristige Praxis vor, und wenn dasselbe, wie doch wohl zu hoffen, auf die Composition und Handhabung noch anderer und miglichst verschiedenartiger Kiinstler unserer Zeit weiter hinausgeht, so wird es sich gewiss einer lebhaften und nachhaltigen Theil- nahme zu erfreuen haben. F, Kugler. Eé4unstliteratur. Les ducs de Bourgogne. Etudes sur les lettres, les arts et Vindustrie pendant le XV° sizele et plus particulierement dans les Pays- Bas et le duché de Bourgogne par le comte de Laborde, membre de Vinstitut. Seconde Partie. Tome 1. Preuves. Paris Plon Fréres 1549. Mit einer Einleitung von CLXII Seiten, 512 Seiten Text und {1 Seiten Register. Gross 8°. Von G. F. Waagen. (Schluss.) Ich komme jetzt auf die Miniaturmalerei. Bei der unge- meinen Beliebtheit dieses Zweiges der Malerei ist es begreif- lich, dass die Anzahl der in demselben als thatig in diesen Belegen aufgefiihrten Maler ziemlich ansehnlich ist. Ich hebe davon hier nur solche aus, deren Arbeiten entweder von grés-