in der Motivirung. Es ist in Beziehung auf die Aufstellung dieser Statue eine Verschiedenheit der Ansichten kund gewor- den, zwischen denen meines Wissens eine Entscheidung noch nicht erfolgt ist. Die Frage lautet: Sol! die Statue ihr Antlitz nach aussen, oder nach der Stadt kehren? Von einer Seite wird der Gedanke festgehalten, dass sie die allegorische Ge- stalt einer Bavaria sei und das siegreiche Heer bei seinem Hinzug in die Hauptstadt begriisse oder zum Siege fihre; von der andern, dass das Siegesthor die Ludwigstrasse abschliesse und als Gegeniiber der Feldherrnhalle dieser und ihren Ge- stalten nicht den Ricken zukehren diirfe. Ware das Sieges- thor, wie die alten Triumphbogen, das Denkmal eines bestimm-— ten Hreignisses, so wire gewiss ein Zweifel nicht entstanden, da ist die Stellung vorgezeichnet. Hat man aber die Form entlehnt von den Rémern, wieviel wichtiger ist es, sich an den Gedanken zu halten, der die Form geschaffen hat! Es ist der Sieg, der vor dem Heere herzieht, ihm die Wege der gliick- lichen Heimkehr bereitet und in die Hauptstadt zurickfihrt. Abgesehen also selbst von dem ganz gerechten Verlangen der architektonischen Anordnung, erscheint die Richtung gegen die Stadt nothwendig; denn auch als Bavaria ist die Géttin: Ba- varia victrix, und das kann sie nicht beim Auszug sein, son- dern erst bei der Heimkehr. In der Erzgiesserei steht vollendet die fir Prag bestimmte Reiterstatue des Kaisers Franz, modellirt von Max. Wie Miller, der Vorstand der Giesserei, diese Arbeit, aller wi- drigen Verhaltnisse ungeachtet, zu Ende gefihrt, so fahrt er auch unverdrossen fort, in den fiir die béhmische Ruhmeshalle des H. Veit bestimmten Arbeiten, theils aus Firsorge fir seine Leute, theils in der Hoffnung, die Mihe werde doch nicht ver- gebens sein, obwohl gegenwarlig der Unternehmer sich zu- rickgezogen. Auch wurde der Guss der Statue des verstor- benenHerzogs von Koburg, nach dem Modell von Schwan- thaler, vor nicht langer Zeit ausgefihrt, und das Ehrendenk- mal Herder’s, nach Schaller’s Modell, ist in Angriff genommen und wird hoffentlich im Laufe dieses Jahres in Weimar aufgestellt werden. Der Kopf ist bereits gegossen und in grosser Vollkommenheit aus der Form hervorgegangen. Was nun die Bildhauerei insbesondere betrifft, so méchte ich mit Engelszungen reden kénnen, um ohne Anmassung und Verletzung, die mir im Innersten zuwider sind, erfolgreich fir die gefahrdete Kunst das Wort zu ergreifen. Nicht als ob es dieser Kunst ganzlich an Beschafligung fehle; nein! zwei und dreissig Colossalgestalten sollen in Marmor, zum Theil in Carrara-Marmor, und sechszehn eben so grosse in Kalk- (oder Sand-) Stein ausgefiihrt werden. Aber gerade diese Aufgabe bedroht den Genius der Kunst mit unverkennbaren Gefabren. Zwei und dreissig colossale Victorien nach sechs unter sich nur nebensichlich verschiedenen Modellen ausgefihrt, sollen wie ein geschlossener Reigen im Innern der Kehlheimer Be- freiungshalle, und sechzehn 18 Fuss hohe freistehende Kane- phoren nach einem einzigen Modell am Aeusseren derselben aufgestellt werden, In welchem Verhallniss — muss man fra- gen — steht das Ergebniss zu dem dafir bestimmten Kraft- aufwand? Die beabsichtigte Wirkung ist offenbar eine wesent- lich architektonische; denn nur die Architektur ist an die Gleichartigkeit ihrer Theile gewiesen. Wenn sie aber, wie in den Felsengrabern von Ipsambul, oder in den thebanischen Tempelvorhéfen die Menschengestalt wie Séulen verwendet und jede dieser vielen riesigen Priesterfiguren nur Spiegelbilder um und neben sich sieht, so hat das eben von jeher als das Zeichen der noch nicht erfolgten Scheidung von Architektur und Sculptur, als Merkmal des noch unenlwickelten Bildungs- standes vom 4gyptischen Volk tiberhaupt gegolten, Wo in der freieren Zeit die Baukunst sich der menschlichen Gestalt als Ornament bedient, thut sie es nur in dem kleinen Massstab der Ornamente, an Friesen, Metopen u.s.w. Ueber dieses Mass hinaus gebietet tiberall das Gesetz der selbstandigen Bildnerei, und nur sparsam und in seltenen Fallen halt sie die Ueberlieferung aus alter Zeit fest, weist sie aber in der Form der Karyatiden mit Entschiedenheit auf das architekto- nische Gebiet. Denken wir uns aber das Innere eines monu- mentalen Gebaudes mit zwei und dreissig, zum Theil ganz glei- chen, jedenfalls ganz ahnlichen Colossalfiguren ausgestellt, so kénnen wir uns keinen andern Eindruck versprechen, als den der kahlen, kalten Einformigkeit; denken wir aber gar an den Einfluss, den eine so umfangreiche Arbeit, und zwar als die bedeutendste von allen, welche gegenwartig die Schule be- schaftigt, auf die Kunst selbst haben muss, die sie unwider- stehlich auf den Boden des Handwerks niederzieht, so kann man sich des Wunsches, ja der Hoffnung nicht erwehren, es werde der urspriingliche Plan noch einer Abanderung unter- worfen werden, wie denn z. B. mit Leichtigkeit die voliendeten Victorien so aufgestellt werden kénnten, dass sie zwischen den verschiedenen deutschen Stammen als Schutzgottheiten erschie- nen. So oder auf dhnliche Weise kénnte das Inleresse des Kinstlers, wie des Beschauers gerettet werden. Jedenfalls hat die Kunst mehr Gewinn von wenigen Werken ihrer Art, als von noch so vielen des Handwerks. Eine zweite grosse Arbeit im Auftrag des Kénigs Ludwig ist begonnen, aber vorliufig noch nicht weiler gefihrt wor- den. Die Giebelfelder fir die beabsichtigien Propylaen sollen mit Statuengruppen aus Marmor geschmiickt werden, wozu noch der verstorbene Schwanthaler die Entwiirfe zu- riickgelassen. Im einen soll Hellas dargestellt werden, umge- ben von seinen Freiheitkimpfen zu Land und zu Wasser; im andern Kénig Otto als Beschiilzer und Pfleger des Friedens und jeder geordneten Lebensthatigkeit, wo denn die Repraésen- tanten von Wissenschaft und Kunst, Handel und Schifffahrt, Ackerbau, Viehzucht,; See~ und Landmacht sich um seinen Thron schaaren. Zwei Gestalten des letztgenannten Giebelfel- des sind seit langerer Zeit von Xaver Schwanthaler als Gyps~ modelle ausgefihrt. Weiteres ist noch nicht geschehen. Aus den einzelnen Bildhauerwerkstatten ist vorlaufig awe- nig zu berichten, Der Nachfolger von Schwanthaler an der Akademie ist Widemann. Von ihm ist das Modell der Erz- statue von Orlando di Lasso, welche neben der von Gluck von Brugger auf dem Odeonsplatz steht und mit derselben noch immer um den Preis ringt, da die Urtheile der berufen- sten Kiinstler tiber beide Werke einander entgegenstehen. Ge- wiss ist, dass beide Kinstler den oft an Schwanthaler geriigten Mangel einer sorgfaltigen Durchfithrung im Einzelnen zu ver- meiden gesucht, dass aber Schwanthaler in der Bestimmung des monumentalen Charakters einer Stalue ihnen sich noch iiberlegen zeigt. Widemann fibrigens, von dessen Hand wir die Biisten ausgezeichneter Schriftsteller: Schubert, Hormayr, Liszt, Hanemann u. s. w. und die Statuetten mehrerer der hervor- ragendslen hiesigen Kiinstler (Klenze, Gartner, Schnorr и. 5. w.) besitzen, beschiiftigt sich mit einer grossen Gruppe, die er in Marmor auszufiihren gedenkt: Ein Mann vertheidigt die Seinen, Frau und Kind, gegen den Anfall eines Tigers. Das Werk, im Styl der Antike gehalten, verspricht sehr lebendig und in- teressant zu werden. — Wegen seiner sehr naturwahren Biisten ist Halbig zu nennen; er ist jetzt mit dem Marmor -Bildniss von der Pforten’s beschaftigt, das in der bayrischen Ruh- meshalle (nicht, wie es in No. 2 des D, Kunstbl. heisst, in der Walhalla) seine Stelle finden wird, und hat die sehr gelungene. Ва ist e <= т . al th У ег’ 8 gef erti ligt, n ach м elch er er a a uch § ein ne