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рота.
Organ
der deutSchen Kunstvereine,
		“Zeitung
fiir Dildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldor! — Schnaase
in Berlin — Schuiz in Dresden — Forster in Minchen — Bitelberger v. Edelberg in Wien
		` 1850.
		redigirt von Dr. EF. Eggers in Berlin.
	Montag, den Ll. Marz.
	erst jetzt, gerathen sein, gleichzeitige Schriftwerke zur Hand
zu nehmen, auch wohl die historischen Erinnerungen zu Hilfe
zu rufen, die sich an das Einzelne kniipfen. Thut man dies
friiher, so kann man zwar sehr rasch gelehrt scheinen, aber
sich auch leicht das wahre und unbefangene Verstandniss fitr
immer verricken. Denn man kommt dann in den Fall, allerlei
in die Darstellungen hineinzutragen und sich seine eigene Un-
kunde zu verschleiern, statt sich tiber die Fragepunkte und die
Granzen unscres Wissens recht klar zu werden. — Einseitig-
keit der Kunstbewunderung ruft bei andern, die anderen Mei-
stern ihre Verehrung und ihr Studium zugewandt haben, an-
fangs heftigen Widerspruch hervor. Dieser kann so schneidend
sein, dass er keine Ausgleichung, gar keine Verstandigung zu-
gulassen scheint. Méglich aber wird sie gerade nur dadurch,
dass man sich von seiner Vorliebe fiir das, was man ftir un-
vergleichlich schén erkannt hat, nicht abbringen lasst, sondern
sich desselben wie eines allgemeinen Masses bedient. Dadurch
wird die Vergleichung, welche sonst immer etwas Irrationales
behalt, zur Reduction. Hat man sich in dieser Zurickfithrung
auf einen festen Nennwerth einige Uebung verschafft, so darf
man dann wagen, sich den allerverschiedenartigsten Kunstge-
bilden zu nahern, ohne Zerstreuung fiirchten zu miissen. —
Nur schr wenige indess erkennen die Richiigkcit des Grund-
satzes an, beanspruchen frihzeitig Virtuositaét der Kennerschaft
und bringen sich durch die damit verbundene Uebung der ne-
gativen Kritik um allen Genuss. Das miéchte noch sein. Ве-
klagenswerther aber ist es, dass sie auch andere von dem ltie~
feren Verstindniss ab- und auf dic Betrachtung von Aeusser-
lichkeiten zuriicklenken. Daher sehen wir auch hiufig selbst
diejenigen, welche wirklich zum Kunststudium berufen waren,
von demselben ganzlich zuriickkommen. Es gewahrt ihnen eben
nichts mehr, als das ewige Einerlei von Tadel und Restaura-
lionsnachweisungen. — Echte und wahre Kunsthegeisterung
schligt ganz andere Wege cin. Unbekiimmert um Fehler und
Gebrechen, von denen kein Kunstwerk in der Well absolut frei
ist, die langweiligen und ungeniessbaren ausgenommen, giebt
sie sich den Eindriicken des Schénen ruhig und vorurtheilsfrei
hin und giebt sich nicht eher zufricden, bis itr das ganze
Kunstwerk in allen seinen Theilen durchsichtig geworden ist.
Dies ist freilich manchmal nur dann mdglich, wenn man dic
Erscheinung bis in ihre aussersten Verzweigungen verfolgt hat.
Selbst Gegensitze miissen mit in Betracht gezogen werden,
	sollte es auch nur der sein, in welchen die schule allezeit mit
jo
	Aller Kunstgeschmack ist einseitig und braucht sich seiner
Beschrinktheit nicht zu schimen.
	Die Einrichtung unserer modernen Kunstsammlungen, in
_welchen die verschiedenartigsten Schatze aufgekauft sind, ver-
leitet uns leicht zu dem Wahn, als seien wir verpflichtet, alles
das bei uns zur Anerkennung zu bringen, was wir von ver-
schiedenen Seiten her riihmen und preisen héren. Fiir die Bil-
dung des Geschmacks, fir die Anbahnung eines grindlichen
Kunstverslindnisses und fir die Vorbercitung ungestérten Kunst-
genusses ist dies sehr nachtheilig. Obne irgend cinen einzel-
nen Meisler oder ciner besonderen Kunstgattung fiir den Anfang
den Vorzug zu geben, scheint uns daher fiir diejenigen, die
sich mit der Kunst nicht blos ergétzlich die Zeit vertreiben
wollen, die Beschaftigung mit irgend ciner grossartigen Er-
scheinung der Vergangenheit winschenswerth. Hat sich ange-
	borene Neioung oder zufalliges Zusammentreffen fur irgend einen  
	Meister entschieden, so wird sich das eindringlichere Verstand-
015$ sehr bald nach Hiilfen umsehen, deren es bendthigt ist.
Gefordert kann dasselbe auf sehr verschiedene Weise werden,
durch nichts aber so sehr,.wie durch das Studium neuerer
Kistler, die unter dem Einfluss desselben Vorbildes arbeiten.
Kann man dabei auch noch ihres Umgangs geniessen, so ist
dies doppelt werthvoll. Denn dabei kommen unbewusst viele
von den theils zufalligen, theils wesenilichen Punkten zur Sprache,
die das Verstindniss alter Meister erschweren und die daher
fest und mit Absicht ins Auge gefasst sein wollen. Gleichzeitig
aber muss der Studirende ebenso wohl wie der nachahmende
oder schaffende Kinstler alles auf die Natur zurtickbeziehen,
um auf diese Weise durch vergleichende Beobachtung zur Auf-
findung der inneren Griinde zu gelangen, die einer jeden Er-
scheinung dauerndes Interesse sichern. — Wenn man auf sol-
chem Wege den Gegenstand seiner Kunststudien méglichst be-
granzt, diesen selbst aber von den verschiedensten Seiten her
in Angriff nimmt, so wird man sehr bald mit dem Ideengang
vertraut, welchen diejenigen Werke nehmen, dic man sich ein-
zuprigen vorgesctat hat. Erst wenn sich dieser geistige Ver~
kehr in uns hergestellf hat, beginnt der cigentliche Genuss,
zu dem man es indess nicht kommen lassen darf, bevor man
sich der Wahrhaftigkeit der Auffassung, dic man gewonnen,
versichert hat. Zu solchem Zweck mag es jetzt, aber auch