Kritik vorhanden, als in dem oben angefiihrten Werkchen Nau-
mann’s. In kurzer und rascher Uebersicht fiihrt der Verfasser
пи §. 1. dem geistigen Auge des Lesers die Personificirung des
Todes durch bildliche Darstellung desselben im classischen, im
scandinavischen und slavischen Alferthum, wie im Mittelalter
vor, bespricht §. 2. die Idee des Todtentanzes, zundchst das
Vorkommen antiker Lemurenbilder, sucht und findet den Ur-
sprung jener Idee im Morgenlande, weist die Bezeichnung des
Wortes Macabre aus dem Arabischen nach, und kommt bei
Besprechung der eigentlichen Todtentanze wieder auf das
satyrische Element derselben zurick, wie es Rosenkranz
mit allerdings klar und scharfsinnig durchdachter Auffassung in
jene hineingeheimnisst hat, und welcher der Verfasser in sei-
ner poetischen Auffassung folgen zu miissen glaubie, womit
derselbe auch im vélligen Rechte ist, nur muss der Glaube an
die Rosenkranz’schen, in Hegel’s Philosophie wurzelnden ab-
stracten und apodictischen Orakelspriiche nicht als allein selig-
machender gepredigt werden.

Sehr anziehend erscheint nun im §. 3. ,der T. T. als Ge-
genstand der bildenden Kunst“ die Hinweisung auf mittelalter-_
liche theatralische Bearbeitungen dieses Stoffes und die Anfith-
rungen nebst Quellennachweisungen der Altesten Todesreigen,
dann die in Holz geschnittenen T. T. alles cursorisch tiber-
blickend, griindlichen Forscherfleiss beurkundend. Bei Erwah-
nung der Bilder zu und nach Petrarca’s Triumph des Todes
hatte allenfalls noch des Georg Pencz gedacht werden kénnen,
der die sechs Triumphe jenes Dichters Dildlich wiedergab und
in Kupfer stach. §. 4. Bespricht Hans Holbein’s gréssere T. T.
Hier werden Urschnitte und Nachschnitte aufgefiihrt, und es
gewahrt dieser Abschnitt fiir den, der tber die T. T. Klares
und Wahres vernehmen will, und den Massmann’s Werk viel-
leicht zu sehr bibliographisch gehalten erscheint, den Genuss
der Belehrung im hohen Grade.

¢. 5. bespricht die Hauptsache: das Todtentanz— Alphabet.
Zunichst wird der Holbein’schen Dolchscheide erwahnt,
welche Mechel in den Oeuvres de Holbein und Douce in sei-
nem Dance of Death abbildeten, die aber noch iibertroffen wer-
den soll von einer andern in gleichem Geist, von der nur we-
nige Originalexemplare sich erhielten und die bisher noch durch
keine Copien dem Publikum zuganglich wurde. Dabei lasst
sich der Wunsch nicht unterdriicken, es mége Herrn Loedel
gefallen, mit dieser Arbeit, wenn sie ihm zuganglich, uns ein
ebenso dankenswerthes Geschenk zu machen, als sein Initialen-
Alphabet ist. Es folgen nun literarische Nachweise jener Bi-
cher, welche vereinzelt die Holbein’schen T. T.-Initialen ent-
halten, zum Theil wohl auch in Abklatschen.

Der Probedrucke des ganzen oder theilweisen Alphabets
ohne Text auf der Rtickseite werden in allem nur sechs nach-
gewiesen; der alte Streit iber die Eigenhindigkeit des Form-
schnitts durch Holbein oder Liitzelburger wird erwahnt, und
die unbestreithare Vortrefflichkeit des Kunstwerks des Origi-
nals , wie der vorliegenden Nachschnitte, die wirklich ein Tri-
umph deutschen Kunstfleisses sind, in klares Licht gestellt.
Auch muss dem Verfasser beigepflichtet werden, dass durch
diese kleinen Bilder ein noch grésserer keckerer Humor geht,
als durch die grosse Reihe Holbein’s, und es wird kein Leser
so hefangen sein, an seinen deutschen Versen ein frommes
Aergerniss zu nehmen (wie er in der Vorrede befiirchtend
andeulet) oder mit ihm rechten zu wollen, wenn er sich darin
als politischen Haretiker zeigen sollte. Sind doch nach Rosen-
kranz Freiheit und Geist nur cin Begriff, und so ist auch
das Reich der Poesie das Reich der Freiheit — daher aber auch
nicht einzuengen und abzugrenzen durch Autoritaétsglauben und
kritische Dictatorausspriiche.
	Hinige Kleinigkeiten vermissen wir bei dieser so griind=
lichen Abhandlung unsers Verfassers. Es geschieht mit keiner
Silbe des Umstandes Erwahnung, dass zu diesem Todtentanz-
alphabet auch noch einige griechische Buchstaben gehéren werden.

Diese miissten sein: I. 4. 4. ©. П. Ф.Ф. 9: Uns sind
jedoch nur -Z. TZ. und @. vor Augen gekommen. Und zwar
zeigt das JI. einen unter dem Querbalken auf einer Trommel
sitzenden Tod, welcher eine Sanduhr halt; am Boden liegen
die Schligel und eine Querpfeife. Stati des 2. begegnet uns
ein verkehrt eingesetztes V, muthmasslich wurde statt des I,
wenn dies gebraucht wurde, ein L. verkehrt eingesetzt. Ausser-
dem begegnet ein zweites -4. von gleicher Grosse und gleicher
Feinheit des Schnittes, auf dem sich aber blos zwei in einan~
der verschlungene bliihende Straucher finden. Das ®. zeigt
ebenfalls keinen Tod, sondern blos kriegerischen Apparat. Die
librigen Lettern finden sich wohl verstreut in den Werken der
Baseler Drucker. In dieser Bezichung, dass auch griechische
Buchstaben vorhanden, kénnte Fiorillo S. 143. Anmerk. Recht
haben, von zwei Alphabeten in Lettres grises zu reden, er
meinte dann ein lateinisches und griechisches, deren Buchsta-
ben freilich in der Hauptsache zusammenfallen, oder er sah
eine vergrésserte Nachahmung neben dem kleinen Alphabete.
Auch dieser Nachahmungen des T. T.-Alphabets hatte ausftthr-
licherer Erwahnung geschehen dirfen. Es begegnen hie und
da dieselben auch in vergrésserter Forni.

Das deutsche Buch: Feldbuch der Wundarzney samt vielen
Instrumenten der Chirurgey, aus dem Albucaso conterfeit, Chi-
romantia Jo. Indagim ete. Strassburg, Hans Schott, 1540. Fol.
enthalt folgende Nachschnitte: 1, eines grésseren T. T. 1,5; Par.
Zoll hoch und eben so breit, die Buchstaben C.G. 7. Z. MN.
5. Т. simmtlich gegenseitig. 2. Eines kleineren T. T. die Buch-
staben A. rechtseitig, B. C. D. gegenseitig, E. F. rechtseitig,
G.I. gegenseitig, K. rechtscitig, Z. gegenseitig und frei, zwei
Todtenfiguren statt einer, MZ. R. gegenseitig, S. rechtscitig, ТГ.
V. W. cegenseitig, Z. rechtseitig. Diese Nachschnitte sind meist
	schwach und die Abdrucke schlecht.

Es hat auch das Werk der Herren Heinrich Loedel und
Adolf Ellissen in No. 300. der Blatter fir literarische Unterhal-
tung, 15. Decbr. 1849, 8.1199 ff., unter der Aufschrift: Zur
Geschichte der Todtentanze, eine gediegene Besprechung
erhalten, in deren Verfasser wir wohl ohne Zweifel Niemand
als Prof. Dr. Massmann zu suchen haben. Wir erfahren man-
ches Anziehende aus dieser griindlichen und lesenswerthen Be-
urtheilung, z. B. dass die in Oberitalien hie und da entdeckten
T. T. nach den Baseler entstanden, und deutsche Abkunft be-
urkunden, so wie dass der T. T.-Alphabete drei existiren;
auch wird die Verbindung des Holbein’schen Bauern - Alphabets
und Kinder-Alphabets in eben so kleinen trefflichen Initial-
Zeichnungen und Schnitten mit dem T. T.-Alphabet geistvoll
nachgewiesen. Auch diese beiden Alphabete verdienten die
	Nachbildung. Aber am Text der ,Freund Hains Fibel* фаае! аег .
	Recensent, ,dass er in einem Ton voll beitzender Sarkasmen
sich fortzieht, wie verschieden auch die Stimmung ist, die in
den verschiedenen Bildern weht*, und fihlte wohl mit uns,
dass es nicht stichhaltig set, bei poetischen Todtentanzschilde-
rungen oder Erliuterungen unbedingt die Ader des Humors
springen, den strengen Ernst nicht gelten zu lassen. —

Endlich erschienen

ЖЕУ. die so eben besprochenen Initialen unseres deut-
schen Kinstlers auch auf einem Einzelblalt, tiberschrieben:
Holbein’s Alphabet mit dem Todtentanz in getreuen
Nachbildungen, nach dem im Dresdner Kupferstichkabinet auf-
	bewahrten Originale. Leipzig bei RK. Weigel. Goltingen  bei
	H. Loedel. Hier steht nun in vier Reihen im saubersten rein-
10*