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	Fur reisende Franzosen und Englander scheint denn auch
das ganze Werk, da die friiheren Ausgaben der Nachbildungen
sich wohl mégen vergriffen haben, berechnet, und mégen jene
in wohlthuender Einbildung, Hans Holbein’s Todtentanz in
sehr schénen Lithographien auf weissem Papier und gut gebun-
den fir 14 Gulden rh. schwarz auf weiss zu besitzen, diesen
Basler Todtentanz getrost nach Hause tragen.

Der griindliche Deutsche wird nach dem ungleich billige-
ren, ungleich kiinstlerischer ausgestatteten Werke Massmann’s
uber die Basler T. T. greifen, und der englische und franzé-
sische Kenner wird wohl ohne Zweifel dasselbe thun.

BM. Ueber die Entstehungszeit und den Meister
des Groshbasler Todtentanzes von Prof. F. Fischer.
(Aus dessen Denkschrift zur Einweihung des neuen Museums in
Basel.) Kaum war von uns die Besprechung des vorhergehenden
Werkes aus der Hand gegeben, als uns diese anziehende Schrift
vor Augen kam, welche, das gebend, was das Hasler’sche
Werk vermissen lasst, den Gegenstand mit Kenniniss und
Griindlichkeit aufs Neue erfasst, priifend zergliedert und kri-
tisch beleuchtet. Es ist in dieser Schrift von nur 19 Viertel-
bogenseiten eine Fiille griindlicher Forschung niedergelegt, und
jeder Kenner, jeder, welcher dem Basler T. T. einigen Antheil
widmet, wird sie mit Befriedigung lesen. Diese Schrift mildert
gar sehr das strenge Urtheil tiber den an der vorhin bespro-
chenen neuen Hasler’schen Ausgabe geriigten Missbrauch, Hol-
bein’s Namen als Aushingeschild vor den Basler T. T. zu
seizen, ja sie entkraftet dasselbe véllig, wenn die Behauptung,
welche das Ergebniss der vor Augen gelegien Forschung bildet,
sich als unumstdsslich wahr erweisen sollte.

Es ist allerdings allbekannt, dass Holbein’s d. J. Name im
Volksbewusstsein nicht blos der Einwohnerschaft von Basel,
sondern allgemein, mit dem , Tod von Basel*, dem T. T. auf
der Kirchhofmauer des Predigerklosters innig verschmolzen ist.
Der Herr Verfasser setzt das Verhaliniss dieses T. T. mit sei-
nen Erneuungen und Ausbesserungen zu den T. T.-Holzschnitten
Holbein’s, deren freier Nachschnitt von C. 8. schon 1576 frih
genug und dann immer aufs Neue von Speculanten fiir die Bas-
ler Mauerbilder ausgegeben wurden, véllig ins Klare, erwahnt
die fortdauernden Verwechselungen, die auch dem Glauben an
den Holbeinschen Ursprung des Basler T. T. stets neue Nahrung
gaben, und fihrt iberall auf die vorhandenen Schriftquellen zu-
riick, die freilich meist schwankend und unbestimmt die alte
Verwirrung niahrien. Der Grund lag eben darin, dass schon
bald nach dem Erscheinen und der ungeheuren Verbreitung der
Holbeinschen T. T.-Holzschnitte sich die Speculation des Basler
Т. Т. bemachtigte, um mit ihm bei Holbein borgen zu gehen,
und mit seinem Credit einen ergiebigen Markt zu machen. Diess
ist denn auch gelungen bis auf unsere Tage. Die Kunstkenner
waren anderer Ansicht; ihnen konnte nicht unbewusst bleiben,
dass lange vor Holbein schon einer oder mehrere T. T. zu Basel
vorhanden waren, deren Enistehung man, nicht ohne Wahr-
scheinlichkeit, doch auch nicht ohne Willkiir, in die Zeit des
Basler Concils und des Pestjahres 1439 setzte. Sind auch un-
umstéssliche, datirte, urkundliche Beweise fiir diese Annahmen
nicht vorhanden, wenigstens noch nicht aufgefunden und bei-
gebracht, so diiften sie doch auch nicht unbedingt verworfen
und beseitigt werden, um neueren Ansichten vélligen Raum
mm geben.

Der Hr. Verfasser kommt auf Prof. Massmann’s oben von
wns erwahntes Werk iiber die Basler T. T. zu sprechen, und
erortert niher die Verhalinisse und Zeitunterschiede zwischen
dem Klingenthaler T. T. (in Klein-Basel) und dem Gross-Basler,
welche der Massmann’sche Atlas neben einander stellt, wobei
seine Ansicht von jener Massmann’s etwas abweicht. Prof. Fi-
	scher stellt den Klingenthaler T. T. in den Anfang des 14. Jahr-
hunderts, was auch eine friiher vorhanden gewesene Jahrzahl,
1312, die mit Worten geschrieben war, bestatigt, wozu Selbst-
anschauung der geringen noch erhaltenen Ueberreste, — die sich
urspriinglich jedenfalls weniger zartlinig zeigen werden, als die
geatzten Umrisse, und vor allem die Tracht der Bilder — be-
rechtigen. Ueber diese Tracht wird Anziehendes mitgetheilt,
und dann der Gross-Basler T. T. dem 16. Jahrh. zugewiesen.

Diesen lJetztern T. T. nun méchte der Hr. Verfasser — ob-
schon ersterer eine zeit- und trachtengemiss verjtingte. Ueber-
tragung des Klingenthaler (neben mancher wesentlicher Umar-
beitung und der Schépfung neuer Figuren) ist und bleibt, — als
wirkliches Werk Hans Holbeins des Jingern hinstellen.

Der Beweis dieser Behauptung wird mit Vorliebe, Scharf-
sinn und Kenntniss gefiihrt, und wir folgen mit Antheil dem
leitenden Fithrer, wenn wir auch noch manches Bedenken,
manchen bescheidenen Zweifel hegen.

Die genaue Anwendung der zu Holbein’s Zeit tiblichen
Tracht, wie sie auch die T. T.-Holzschnitte uns zeigen, die
manchen Figuren gegebene Fiille und Kérperrundung, der da-
durch sich aussprechende Humor, das Alles scheint unserm Ver-
fasser fiir H. Holbein und nur fiir diesen zu sprechen, so dass
er sogar fragt: ,welcher Ktinstler — — ausser Hans Holbein,
hatte diese runde hehagliche Kochsgestalt zeichnen kénnen?“

Darauf wiirde sich doch, ohne Holbein, den wir ja selbst
aufs Héchste verehren, im Entferntesten zu nahe treten zu
wollen, antworten lassen: Begegnen uns nicht solche humo~
ristischfette Bursche zahlreich bei A. Diirer: Bad (der Trinkende,
rechts), grosse Passion 6. (der mittelste Zuschauer im Vor-
grund), 12. (der schlafende Grabeshiiter rechts), Leben der Ma~
ria, 4. (wieder der Mittelste der Zuschauergruppe), 6. der
Handler im Tempel mit dem untbertrefflich schlauen Gesicht, —
bei L. Cranach in den Apostelmartern aus dem Hort. animae
Bi. 2. die Figur in der Mitte, und auf andern Blattern. Bei
Scheuflein mehrere Figuren im Passional, sogar in der Abend-
mahlsgruppe, Bl. 9(?). Diirfen wir an H. Baldung’s schlafenden
Stallknecht erinnern? —

Ueber den Humor, den die T. T.-Bilder aussprechen, sagt
der Verfasser: ,es mag uns der Humor derselben kalt lassen,
ja anwidern® — er nennt diesen Humor ,zweideutig“ und fiigt
hinzu: ,Indessen scheinen Holbein selbst die springenden und
tanzenden Todtenfiguren entleidet zu sein; denn in seinem Holz-
schnittwerke verwandelt er die Tanzspriinge des Todes in Ein-
griffe ins Menschenleben.* — Eine sehr klare, einleuchtende
Ansicht! Fiir entscheidend, dass der Gross—Basler T. T.
ganz bestimmt der Meisterhand H. Holbein’s d. J. zugewiesen —
werden diirfe, fiihrt der Verfasser die neu hinzugekommenen
Figuren der Kénigin, der Herzogin und des Rathsherrn an, und
leitet seinen Beweis abermals aus der Tracht. Die Tracht aber
bestimmt doch wohl nur die Zeit, nicht den Meister. Malten
nicht alle Zeitgenossen Holbein’s die Personen, die sie dar-
stellten, im Gewand ihrer Zeit und der herrschenden Mode,
nur bisweilen mit Ausnahme solcher heiligen Personen, die nicht
gerade ritterliches Gewand trugen?

Verwandtschaften der Kleidung auf dem Gross-Basler T. T.
mit der Gewandung im Holzschnitt-T. T. lassen sich allerdings
auffinden — allein beweisen sie mehr, als dass die Entste-
hungszeit des Basler T.T. und jene der Holzschnitte nicht fern
yon einander liegen? oder mehr, als dass Holbein einiges vom
Gross-Basler T. T. entlehnt, oder dessen Erneuer von Holbein?
Uebrigens ist héchst anziehend und belehrend, was Prof. Fischer
uns, in die Frauentracht jener Zeit eingehend, mittheilt, und
wir stimmen ihm vollkommen bei in seiner Zeitbestimmung.
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