gabe der einzeinen Massbestimmungen und mit Darstellung der Ponderation; ferner die Proportion des Kopfes, die Hauptbe- stimmungen tiber die Verhaltnisse der Hand und des Fusses. Zu den ,Nationalphysiognomien* gaben Camper’s Vorle- sungen iiber den Ausdruck der verschiedenen Leidenschaften durch die Gesichtsziige etc. (aus d. Holl. Bln. 1793) die Ver- anlassung. Eine Fiille hochst anziehender Beobachtungen sind in diesem Werke niedergelegt. Die Ragenunterschiede begriin- det Schadow auf die Formation des Schadels, welchen er im naturhistorischen Museum in Berlin, in der Blumenbach’schen Sammlung zu Gdttingen aufs Fleissigste untersucht hatte. Eine ausfiihrlichere Besprechung dieser Werke hat Kugler im Museum 1836. No. 5. gegeben. (Schluss folgt.) Nachtrige zur zweiten Ausgabe von Kugler s Handbuch der Geschichte der Malerei, vornehmlich in Bezichung auf Deutschland, und ganz besonders auf Béhmen. Von G. F, Waagen. Il. grammatischen Regeln des Donat und Anderer (Nr. 877) aus dem 9. Jahrhundert besonders bemerkenswerth. Das Motiv der Gestalt, von gutem, schlanken Verhiltniss, ist so frei und edel, wie es in jener Zeit in abendlandgischen Bildern dusserst selten vorkommt. In der sehr anmuthig bewegten Rechten halt er das lange Kreuzesscepter, in der ausgestreckten Linken die offne Schrift, worin die Worte: Ego sum via, veritas. Die Arme sind in der Zeichnung fir die Zeit bewunderungswiirdig, die nackten Fiisse ziemlich gut gezeichnet. Bis auf das freiwallende Ober- gewand von schénen, antiken Falten von braungriiner Farbe ist das ganze nur eine Federzeichnung. Da sich S. 75 der Name Notker findet, so ditirfte diese merkwitrdige Leistung leicht von ihm herrihren. Unter den verschiedenen bertihmten Personen dieses Namens ist hier wohl ohne Zweifel derjenige zu ver- stehen, welcher den Namen balbulus (der stammelnde) hatte. Fir tectonische Verzierungen, namentlich aber fir Initialen ist ein Psalterium in einem grossen, sich dem Quarto nahren- dem Folio (Nr. 23) aus dem 9, Jahrhundert unbedingt die schénste, in Deutschland gemachte Handschrift, welche ich kenne und der sich von franzésischen Handschriften nur die Bibel Kaiser Carls des Kahlen in der Nationalbibliothek zu Paris, so wie die be- kannte Bibel in der Kirche des heiligen Calixtus in Trastevere zu Rom vergleichen lassen. Dieses prachtyolle Denkmahl ist in einer grossen, sehr kraftigen und schénen Minuskel in zwei Columnen geschrieben und enthalt 368 Seiten. Auf Seite 7—14, mithin auf acht Seiten, befindet sich die Litaney des Heiligen in derselben Weise angeordnet, wie die Canones in den Evan- geliarien. Auf jeder Seite sind drei, an Stammen, Basen und Capitellen tberreich in Gold, Silber, Blau, Griin und Mennig- roth verzierte Saulen, welche zwei Archivolten tragen. Wenn die mittlere Sdule auf §.12 noch ziemlich in der corinthischen Ordnung gehalten, so sind andere von sehr abweichenden For- men, wie denn die neben jener eine Schlangenlinie beschreiben, und mehrere Capitelle nur stengelartig gebildet und mit Blumen oder Bandern umwunden sind. Einige Basen, wie die von dem ‘VYordertheil eines Lowen gebildeten, auf S. 13, sind von eben so eigenthimlicher, als schoner Erfindung. Die Litaney ist auf einem Grunde von dem dunkelsten violetten Purpur in Gold und Silber mit schéner Capitalschrift geschrieben. Innerhalb der reich mit goldnen und silbernen Mustern auf mennigrother Fil- lung gezierten Archivolten befinden sich auf einem Grunde von schénem Griin, dieser Lieblingsfarbe der Deutschen, bald in halben, bald in ganzen Figuren, verschiedene Vorstellungen von Personen des alten und neuen Testaments, wie von Heiligen. Unter diesen zeichnen sich besonders die Darstellung Christi im jugendlichen Typus, mit nach Art der Alten zum Gebet erho- benen Handen, und der den ihm von einem Diener gehaltenen Psalter spielende David auf $8.12 aus. Charakter und Gebahrde verschiedener Heiligen, z. B. auf S. 10, so wie die gelben und grinlichen Fleischténe der soliden Quaschbehandlung verrathen entschieden byzantinischen Einfluss. Die sehr einfachen, antiken Gewandmotive entbehren meist des Versténdnisses. Durch zwei prachtvolle Purpurseiten (26. 27) wird der Text des Psalters eingeleitet. Aut der ersten, in abwechselnden Reihen von gol- dener und silberner Capitalschrift von sehr reinem, romischen Charakter: Incipit praefatio Hieronymi Presbyteri ad Paulum et Eustochium super Psalmos. Auf der zweiten der Anfang dieser Vorrede mit einem sehr grossen, die Hohe aer ganzen Seite ein- nehmenden, / von kraftigem und schénem Gerlemsel in Gold mit Umrissen in Mennig, welche gegen das Gold wieder einen sehr zarten, weissen Strich haben. Die Fillungen des Geriemsels sind hier ein hellerer Purpur und ein schénes Blaugriin. Die Rinder beider Seiten sind ebenso in Gold und Mennig mit einer geschmackvollen Verzierung Im romanischen Character versehen. 12% Vorcarolingische Miniaturen des Frankenreichs, Um indess sowohl den relativ bedeutenden Kunstwerth die- ser irischen, so wie der carolingischen Miniaturmalerei nach Wiirden schatzen zu lernen, muss man die Miniaturen in einigen Handschriften ansehen, welche im frainkischen Reiche geschrie- ben worden, ohne von den Besirebungen Carl’s des Grossen die Kunst zu heben beriihrt worden zu sein. Dahin gehért eine Handschrift, welche Theile des Theodosianischen Gesetzbuches enthalt, No. 731 in der Bibliothek von St. Gallen. Die darin vorhandenen Figuren sind fliichtige Umrisse mit dicken Strichen und von einer wahrhaft kindischen, aller Kunst baaren Roh- heit. Dessohngeachtet hat es dem Kistler nicht an Selbstge- fihl gefehlt, denn unter der elenden Gestalt des Kénigs vor dem salischen Gesetz (S. 234) steht die Inschrift: ,uandal- garius fecit hec.* Derselbe nennt sich am Ende der Hand- schrift auch als den Schreiber des Werks. Desgleichen sind die Initialen im Riemselgeschmack sehr kunstlos und roh in schwarzen Umrissen gemacht und theilweise mit Mennig und Citrongelb illuminirt. Doch finden sich hier wenigstens einige gute Erfindungen, so 8. 31 ем С, месвез von einem sich kriimmenden Fisch, S.54 ein J, welches von einem Drachen, endlich S. 242 ein S, welches von zwei sich kimpfenden Hah- nen gebildet wird. Aus Inschriften erhellt, dass der letzte Theil des Codexes, nimlich das salische und alemannische Gesetz, den 30. und 31. October und den 1. November des Jahres 794 geschrieben worden sind. Nicht minder roh ist der bildliche Schmuck einer Handschrift mit den grammatischen Regeln des Servius, Donat und anderer, No. 876 derselben Bibliothek, so wie zwei Evangeliarien in der Nationalbibliothek 2u Paris. Suppl. latin No. 624 und St. Germain No. 664, welche ungefahr der- selben Zeit angehéren. il. Deutsche Miniaturen des 9. und 10. Jahrhunderts. Ausser in der Bibliothek zu Minschen dirften sich nirgend so viele Handschriften mit Miniaturen, welche fir die Austibung der Malerei in Deutschland wahrend des 9. und 10. Jahrhun- derts ein so rithmliches Zeugniss ablegen, vorfinden, als in der Bibliothek von St. Gallen. Ich begniige mich hier nur das Be- deutendste hervorzuheben. Ейг die menschliche Gestalt ist ein die ganze Seite 369 ein- nachmender Salvator im bartigen Typus in einem Codex der