maler unserer Vorzeit eine gesetzliche Grundlage gegeben sei
und dieselbe durch die betreffende Staatsregierung gewahrt
werde. Aber dies ist nur die eine Seite der Sache, und wird
nur yon hier aus eine Abhiilfe in Anspruch genommen, so
méchte die Wirkung leicht illusorisch bieciben. Kommt der
Regierung in dieser Angelegenheit keine individuelle Theil-
nahme entgegen, so muss ihre Thatigkeit beim besten Willen
gelihmt bleiben. Diese individuelle Theilnahme aber kann
nur durch Privat - Wirksamkeit hervorgerufen werden, und
die letztere wird sich aller Orten am zweckmissigsten durch
Vereine bethatigen kénnen, wozu, wenn man nicht ausschliess—
lich Denkmaler~Vereine stiften will, die grosse Menge der vor-
handenen Geschichts~ und Alterthums-Vereine die bequemste
Ankniipfung gewahren dtirfte. Ich meine aber, dass die Ver-
eine fiir den in Rede stehenden Zweck wirklich thétig sein und
sich nicht bei gelehrten Vortragen, gelegentlichen Editionen und
gelegentlichen Klagen tiber den Mangel des Sinnes fiir ihre
Interessen beruhigen miissen. Sie miissen praktisch auf den
Sinn des Volkes einwirken, populére Belehrungen tiber den
Werth der Denkmialer verbreiten (in selbstandigen Schriftchen
und ganz besonders in den kleinen stadtischen Wochenblattern)
und mit ihren Agenten tiberall zur Hand sein, um im einzelnen
Fall durch gitliches Besprechen mit den Betheiligten das Wiin-
schenswerthe und Mégliche zu vermitteln.

Und noch Eins erlaube ich mir dabei zu bemerken. Man
sei tberall sorglichst auf der Hut, dass man in solchen Bestre-
bungen nicht um ein Haar breit zu weit gehe. Der die Be-
diirfnisse der Gegenwart missachtende archdologische Kifer, der
einseitig ibertriebene Purismus hat der schénen Sache der
Denkmiler ~ Conservation schon unermesslich geschadet. Sehr
haufig steht die letztere mit dringenden Bedirfnissen der Ge-_
genwart im Conflict: oft wird sich durch verstandige Untersu-
chung und Besprechung ein Mittelweg finden lassen, der bei-
den Interessen gentigt; oft aber muss auch das unbedingte
Recht der Gegenwart (denn was sollte aus der Zukunft wer-
den, wenn man immer nur nach der Vergangenheit blicken

_wollte!) vorangehen, und da gilt es, sich mit Heiterkeit in das
Unvermeidliche zu faigen, nicht aber durch unniitzes Klagen den
Zwiespalt zu vergréssern. Ein wesentlichés Element der Denk-
miler ist sodann ihr geschichtlicher Zustand, die Art und Weise,
wie oft eine Reihe von Jahrhunderten ihnen ihren Stempel auf-
gedrickt hat. Mége man doch bei allen Restaurationen darauf
bedacht sein, hiervon méglichst wenig zu verwischen! Es ist
eine unglickselige pedantische Liebhaberei, die alten Bauwerke
uberall auf ihren primitiven Zustand zuriickfihren zu wollen:
im besten Falle erhalt man dabei ein Exempel fiir einen klei-
nen Punkt der kunsthistorischen Wissenschaft; aber allen spa~
teren Epochen, die das Denkmal auch zu dem ihrigen gemacht
hatien, ist bitter Unrecht geschehen, und dem Beschauer ist
das Band, das ihn mit dem Werke verbinden soll, zerrissen
und seine persénliche Theilnahme abgekiiltet. Wer nicht an
diesem oder an jenem Abschnitt der kunstgeschichtlichen Stu-
dien hangen geblieben ist, wer auf der Hohe der geschichtli-
chen Anschauung steht und, weil er ein Herz fir die ganze
Vergangenheit hat, auch die Gegenwart fihlt und die Zukunft
ahnt, dem gleichen sich dic einzelnen Umwandlungen, die die
Jahrhunderte mit den einzelnen Denkmalern vorgenommen ha-
ben, zu einer héheren Harmonie aus und sein zur einfachen
Natirlichkeit zuriickkehrendes Gefithl wird nicht verletzt, mag
auch einer gothischen Fagade ein Portal im Renaissancestyl  
vorgebaut oder ein romanisches Innere mit einer Roccoco-De-  
coration tiberzogen sein. — Sapienti sat, und vielleicht ein  
ander Mal mehr. Bw. Kugler.  
	Aur alteren Kupferstichkunde.
	Yon Sotzmann.
	(Fortsetzung.)
	C. Nachbildungen. Einen Beweis, dass uuser Kupfer-
stich, tiber den sonst alles schweigt, doch ziemlich verbreitet
und noch lange nach seiner Entstehung bekannt genug gewesen
sein muss, giebt ein dem Kupferstich-Kabinett des hiesigen
Museums angehdriges, leider nicht ganz vollstandiges Manuscript
auf Papier, in Kanzelleyschrift, mit illuminirten Federzeichnun-
gen, von 268 Blatt, aus dem 16. Jahrhundert. Wilhelm Wer-
ner Graff ynd Herr zue Zimbern (Simmern), wie Bl. 201
iiber seiner vor Christus knieendeu Figur steht, derselbe den
Seb. Minster in der Vorrede zu seiner deutschen Kosmographie
(Basel. 1578. fol.) unter den Beférderern seines Werks der
Wolgeboren Herr, Herr Wilhelm Werner, etwann
ein Freyherr, jetzt aber Graue zu Zimbern nennt, hat
darin alles, was bis dahin schriftlich oder bildlich, in Prosa
oder in Versen, ber und in Bezug auf die Macht und Eigen-
schaft des Todes erschienen und ihm bekannt geworden war,
in deutscher Sprache theils vollstandig, theils auszugsweise,
meist jedoch tiberarbeitet, zusammen tragen lassen. Es kann
hier der Ort nicht sein, eine ausfiihrliche Beschreibung dieses
interessanten Manuscripts und seines Inhalts im Einzelnen zu
geben, worunter auch ein ganzer Todtentanz von 37 Personen
mit seinen Bildern und Versen ist; ich beschranke mich daher
auf dasjenige darin, was unsern Kupferstich betrifft. Dies sind
nun zwei von einander getrennte Abbildungen, jede von Blatt-
grésse und unabhingig von den vor und nach oder zwischen
ihnen stehenden schriftlichen Traktaten. Jede enthalt nur eine
Halfte des Kupferstichs mit denselben lateinischen Spruchzetteln
in etwas abweichenden Lesarten, die meist daraus entstanden
sind, dass der Zeichner fiir das, was ihm im Original zu undeut-
lich war, etwas anders, aber selten das richtige oder bessere
hingesetzt hat, daher sie hier tibergangen werden. Die Figuren
sind nicht ganz schlecht mit einigen Veranderungen frei nach~
gebildet. Die Halfite mit dem Tod erseheint Bl. 41. Dieser
steht hinter der Grube, worin der Leichnam liegt und schiesst
in den Baum, in welchem oben, nach der Reihe, Abt, Kar-
dinal, Papst und Bischof, darunter Rath, Ritter, Kaiser und
Kénig und unter diesen eine Frau, ein Richter und ein Bauer
sitzen. Vier andre Getroffene fallen vom Baum herab. Die
Thiere, die unten den Baum benagen, sind Mause, eine schwarz,
die andre weiss, ohne Beischrift. Bei dem Tod steht Ego sum
mors, tiber ihn sieht man den Ménch mit der grossen Schrifi~
rolle wie im Original, der Zettel mit in spectatores pictor fehlt.
Erst Blatt 57 folgt die andre Halfte mit dem Gliicksrad, wo die
Fortuna mit verbundenen Augen, eine grosse Uhr mit Glocke
auf dem Kopf und einen Zaum vor dem Munde hat, dessen
Riemen nach Christus hinauf gehn. Die Herzen mit den Mono-
grammen und die Stelle aus Boethius oben in der Mitte fehlt.
Die tibrigen Schriftzettel sind dieselben, wie im Original. Man
sieht, der Zeichner hat alle Anspielungen auf historische oder
bestimmte Personen weggelassen oder verwischt, entweder weil
ihm ihre Bedeutung zu dunkel war, oder weil sie bei ihm nicht
zur Sache gehorten. (Schluss folgt.)
	вирей си.
	La Maddatena det Corregio. Gest. von Friedr. Kno lle.
1849, hoch 11 Z., breit 145 Z. 3 L.
	Das Original in der Dresdener Gallerie, eines der geist-
reichsten und feindurchgebildetsten Cabinetbilder héherer Gat-