ren ihrer Brtiderhauser, z. B. zu Gouda, Briissel 1474, Ja sogar
zu Rostock 1476, unter den ersten Buchdruckern erblicken, so
haben sie gewiss nicht unterlassen, schon friher, als der Holz-
oder Tafeldruck aufkam, sich dessen zu ihren Zwecken zu be~-
dienen und auch Formschneider oder Printers zu werden. Es
ist nicht unwahrscheinlich, dass sie, um den Schulunterricht zu
erleichtern und wohlfeiler zu machen, die ersten xylographi-
schen Donate und kleinen Schulbiicher druckten, dic den Hol-
lindern den Ruhm gebracht haben, die Vorliufer der Buch-
druckerkunst zu sein und eben so nahe liegt es, dass sie behufs
ihres biblischen Religionsunterrichis auch die oben angefiihrten
xylographischen Bilderbicher von sich haben ausgehen lassen.
Alles dies diirfte die Vermuthung hinlanglich rechtfertigen, dass
der Pictor unsers Kupferblatts mit dem Gliicksrad und dem Tod
bei den Brtidern des gemeinsamen Lebens zu suchen sei und
dies fliegende Blatt zu den erbaulichen Produkten gehért habe,
die den Druckwerkstatten ihrer Briiderhauser zuzuschreiben sind.

Ich schliesse mit dem Wunsch, dass der hier zuerst be-
kannt gemachte Kupferstich und was im Obigen dariiber gesagt
wurde, den Kunst- und Alterthumsforschern in Holland und
Belgien einigen Anlass geben mége, dem Felde der alten ein-
heimischen Xylographie und Chalkographie dieselbe Aufmerk-
samkeit und denselben Eifer zu widmen, die namentlich in Bel-
gien fir Poesie und Kunst, fair Geschichte und Bibliographie
schon so schéne Friichte getragen haben. Fir den, der zu
suchen weiss, lasst sich dort gewiss eine belohnendere Aus-
beute erwarlen, als die jlingst der angebliche Holzschnitt von
{418 dem Baron von Reiffenberg gebracht hat.
	Aeitune.
	Feder tretenden Nadel und des Grabstichels, eime Strichmanier
hervorzubringen, welche sich von Gedrangtheit und Steifheit
der Schraffirung losmacht und ihr mehr Niancirung und eine
freierc Bewegung giebt, wodurch die Gegenstinde sich nach

ihrem Stoff und den Formen ihrer Oberflache deutlicher unter-
 gcheiden und ins Licht treten. Dagegen entdecken wir in den
hier far sich allein betrachteten Kupferstichen, neben einer stei-
fen gothischen Zeichnung, eine zwar ahnliche, aber noch wenig
entwickelte unbehiilfliche Strichmanier und noch abweichender
ist das Blalt mit Glick und Tod, indem die Schattirung hier,
ohne Zerlegung in Striche, sich wie ein dichter in einander
gewirrter Filz an die Umrisse legt und der Arbeit ganz das
Ansebn eines ersten Versuchs giebt, dessen Urheber ohne Wahl
nicht das Beste, sondern nur das Nachste ergreift, um zu sei-
nem Zweck zu gelangen. Diese Manier ist so eigenthiimlich,
dass ich unter den andern anonymen Kupferstichen des 15. Jabr-
hunderts, so weit es die geringe Anzahl der mir zu Gesicht
gekommenen und die Beschaffenheit der Abdrticke zuliess, nur
wenig gefunden habe, was sich derselben annahert. Entschie-
den von demselben Stecher ist jedoch ein Blatt, welches ich
unter andern Inkunabeln vom Rhein her besitze und nirgend
angezeigt gefunden habe. Es ist eine Auferstehung Christi mit
vier beim Grabe liegenden Soldaten, nur unten und am Fuss
der beiden Seiten mit einem Einfassungsstrich versehn, die Platte
oben etwas rund, hoch 4’ 3”, breit 4’ 7” ohne alle Schriftzettel.
Der sehr alterthiimliche Charakter dieser Blatter lasst also schlies—
sen, dass neben und nach so bedeutenden Meistern und Pein-
tres-Graveurs, wie der von 1466 und Martin Schén, auch
Goldschmiede und andre mehr handwerksmassige Kiinstler sich
auf eigne Hand und ohne von jenen Notiz zu nehmen, im Ku-
pferstich versuchten, und auch wohl gestochene Volksblatter,
wie sonst nur die Formschneider, lieferien. Ein auffallendes
Beispicl dieser Art sind der oder die noch spéteren westphali-
schen Goldschmiede Israel von Meckenen, bei denen auch
Schrifizettel nicht selten sind, und die neben dem, was sie
nach eigner Zeichnung stachen, Kupferstiche andrer Meister
kopirt haben, die in ihren Kopicen oft alter als die Originale
aussehen.

Was nun aber den Stecher des Blalts mit Glick und Tod
insbesoudere beirifft, so spricht er nicht nur in diesem Blatte
zu den Beschauern, sondern er giebt sich ihnen in der Figur,
die den Hauptzettel halt (siehe das Faksimile oben), als Ménch
zu erkennen. Da die Zeit langst voriiber war, wo die Kunst in
den Kléstern allein ihren Sitz hatte, so drangt sich uns die Ver-
muthung auf, dass wir hier einen Bruder jener erst im 14ten
Jahrh. von Gerhard Groote gestifteten Gesellschaft der Cleriker
des gemeinsamen Lebens vor uns haben. Diese Briiderschaft,
weniger streng als die eigentlichen Ménchsorden, indem es den
Mitgliedern frei stand, in die Welt zuriickzutreten, ging von
den oberysselschen Stadten Deventer, Kampen und Zwoll aus
und erwarb sich in dem 15. Jahrhundert in den Niederlanden
und dem nérdlichen Deutschland die gréssten Verdienste um die
Volks~ und Jugendbildung, indem in ihren Schulen, die auch
den Kindern der Birger nnd Armen offen standen, ausser Lesen
und Schreiben, der Unterricht in der lateinischen Sprache, in
der Bibel, den Kirchenvatern und einer Auswahl alter Klassiker,
die Hauptsache war und diese Schulen den Humanisten zu An-
fang des folgenden Jahrhunderts den Weg bahnten. Dabei be-
schaftigten sich die Briider, sowohl zum eignen Gebrauch als
gewerblich, mit der Anfertigung von Biicherhandschrifien, die
sie, um davon einen Theil ihres Unterhalts zu ziehn, verkaufen
durften. Dies gab ihnen Anlass sich alles anzueignen, was mil
dem Manuskriptenwesen in Verbindung sland, namentlich waren
sic Miniatoren, Buchbinder yu. s. w. So wie wir sie in mehre-
	(x Hamburg, 13. Marz. Heute wurde hier die 6ffentliche
sladlische Gemalde-Gallerie erdffnet, wodurch Hamburg, zwar
spater als manche kleine Stadt, einen Anfang gemacht hat, auch
der bildenden Kunst die gebiihrende Anerkennung zu Theil wer-
den zu lassen. Wie in Residenzen durch fiirstliche Sammlun-
gen, Privatpersonen der Impuls zur Nacheiferung gegeben wird;
so ist im hiesigen republikanischen Gemeindewesen den dffent-
lichen Zwecken durch Privaten vorangegangen; wie die Kunst-
freunde wissen, welche, wahrend ihres Hierseins, die kostbaren
Sammlungen neuerer Bilder der Herren Gottlieb und Martin Jo-
hann Jenisch, Dr. August Abendroth п. a. sahen, oder die Ken-
ner, welche den gewahlten Sammlungen dlterer Meister, der
Herren Nicolaus Hudtwalcker und J. C. A. Western ihre Auf-
merksamkeit zuwandten. — Die erste Veranlassung zu gegen-
warliger Gallerie gab die testamentarische Bestimmung des Frau-
lein Susette Sillem, welche ihr wohlgewahltes Cabinet neuerer
Bilder zur dereinstigen Begriindung einer 6ffentlichen Gallerie
bestimmte; worauf zu solchem Zwecke, im Februar d. J. 1846
mehrere Privatpersonen Schenkungen einzelner Bilder machten,
und der Kunst- Verein den Beschluss fasste, mindestens zwei-
jahrig, ein Gemalde der Gallerie zu bestimmen. Ehemalige
Reichsstadte, wie Niirnberg, haben die durch Abbruch oder
anderweitige Einrichtung der Kirchen und 6ffentlichen Gebdude,
ohne Bestimmung gebliebenen Bilder, zum Stamme ciner 6ffent~
lichen Sammlung benutat. Sind diese Kunstwerke, seien es
Altarbilder oder Votivtafeln, gleich ganz auf ihre urspriingliche,
bemalte und vergoldete, architectonisch -plastische Umgebung
berechnet; so dass sie, aus derselben herausgerissen , gleichsam
der Bedingungen zu vollgiiltiger Existenz beraubt erscheinen,
geben sie doch auch in dieser spolirten Gestalt der Nachwelt
noch Zeugniss von dem Geiste und der Thatkraft der Vorfahren.
Bisher waren hiesige, stidlische und Gemeinde -Behorden, so