Productionen dieses Kunstlers nicht selten begegnet; es fehlt
némlich dem Sonnenlichte und den mit ihm kaémpfenden kihlen
Luftreflexionen der Gegensatz tiefer und saftiger Schattenpar-
tieen, wodurch die Wirkung ungemein geschwiicht wird, indem
ja in Malerwerken nicht nur alle Téne nur einen relativen Werth
haben, und erst durch den Gegensatz wirken, sondern itberdies
die Farbenscala der Oelmalerei in der Tiefe, und nicht, wie
der Fresco-Malerei, in den hohen, lichten Ténen liegt. Bei
einer inneren Kirchen-Ansicht von Max Ainmiller ist, mit
glinstigem Erfolge, bei einem schén verkiirzten Altarschreine,
in den Lichtern wirkliches Gold angewandt, welches, nach van
Eycks Zeit, der zuerst entschieden naturalistischer Richtung
folgend, es principiell verbannte, etwa anderthalb Jahrhunderte
lang noch vorkam, spéter gar nicht mehr geschah. Eine be-
schrénkte Anwendung des Goldes vergréssert, freilich nur, wenn
ein Bild ginstig hingt, die Farbenleiter. In einer Ansicht der
Taufcapelle von St. Marco zu Venedig, von A. Hermann, sind
die Goldmosaiken, zwar allein durch Farbe, sehr befriedigend
ausgedrickt, der Kiinstler war aber nun gezwungen, die warm-
gelblichen Tinten des Parischen Marmors der Wandbckleidungen
	in einen unscheinbaren, grauen Ton herabzustimmen.
(Schluss folgt.)
	А бити, па Мёги. In neuester Zeit ist in unserm
Lande ein Werk in Anpriff genommen, welches in der beab-
sichtigten Durchfiihrung uns um ein interessantes Denkmal der
Architektur reicher machen wird: der Thurmbau und die
Kirchen-Restauration zu Rébel, einer kleinen mecklen-
burgischen Stadt, nicht weit von der markischen Grenze, in
der Nahe von Wittstock. — Mecklenburg-Schwerin besitzt
einen unendlich reichen Schatz alter Ziegelbauwerke, wie
jingst Stiiler in Beziehung auf die Spitzbogendome des 14.
Jahrhunderts und die Renaissance -Pallaste des 16. Jahrhunderts
wiederholt diesen Reichthum richtig gewiirdigt hat. Aber, was
weniger bekannt ist, Mecklenburg-Schwerin ist voll von kiei-
neren Kirchen, von denen jede eine individuelle Sché-
pfung, ein Kunstwerk ist. Namentlich besitzt es eine sehr
grosse Menge solcher kleineren Kirchen aus der Zeit des
Uebergangsstyles (1220— 1240), von dem der Chor des
Magdeburger Domes ein so prachtiges Zeugniss giebt; ja man
kénnte sagen, die Mehrzahl der Land- und kleineren Stadtkir-
chen ist in diesem Style erbaut. — Die kleine Stadt Rébel
besitzt zwei Kirchen dieser Art, welche viel Interessantes ha-
ben, da die Stadt im 13. Jahrhundert der Sitz einer zahlreichen
und vornehmen Geistlichkeit war. Die Kirche der Altstadt Ré-
bel, welche auf einem hohen heidnischen Burgwalle hart an
dem Ufer des grossen Miiritzsees steht und diesen, die Stadt
und das Land weithin tiberragt, war baufillig geworden; der
Thurm musste ganz abgetragen, das alte geschmacklose Mobi-
liar aus dem vorigen Jahrhundert entfernt werden. Da beschloss
die Landesregierung, da die Kirche ausreichende Mittel besass,
das alte Kirchengebaude in wiirdiger Gestalt herzustellen, und
beauftragte mit der Einleitung und der obern Leitung den Bau-
rath Bartning und den Archivar Lisch zu Schwerin, um die
baulichen und historischen Interessen bei jedem etwa méglichen
Wechsel der Personen festzuhalten. Zur Ausfiihrung des gan-
zen Baues ward der Bau-Conducteur Kriiger, einer unserer
geistreichsten und tichtigsten Baumeister, gewonnen, welcher
Zeichnungen und Risse vollendet lieferte, dass sie ohne Be-
denken angenommen wurden. Es war von vorne herein als
Gesetz festgestellt, den ganzen Neubau im Geiste und Style des
alten Baues durchzufiihren, ohne jedoch den Flug der neuesten
Kunst hemmen zu wollen. Der Thurm, ganz von Ziegeln aus-
gefithrt, auch in der Bedeckung der Spitze, wird tiber 200 Fuss
	 

 

hoch Ist im Geiste des fiir so hohe Bauwerke allerdings
schwierigen Uebergangsstyles, der nicht viele ausgezeichnete
Musterbauten aufzuweisen hat, sehr glicklich und geistreich
entworfen und wird, wie zu erwarten steht, ebenso durchge-
fiihrt werden; der Bau ist bereits in dem ersten Stock vollendet.
— Ein zweites glickliches Ereigniss fir diesen Bau war die Ge-
winnung des Hofmalers Gaston Lenthe zu Schwerin, der mit
einer innigen und erhabenen religiésen Anschauung eine be-
deutende Ausbildung in Bezug auf technische Ausfihrung ver-
bindet und der vor mehreren Jahren im Atelier von Cornelius
den Tod Jesu fir den grossen Dom zu Schwerin malte. Zu-
nachst hat Lenthe fir den Rébelschen Kirchenbau die Cartons
zu einer Gruppe gezeichnet, welche in Sandstein ausgefiihrt und
ber dem Thurm~Portale aufgestellt werden soll: den gekreu-
zigten Christus mit Maria und Johannes Ev. beide anbetend zur
Seite, beinahe in Lebensgrésse. Statuenschmuck an Kirchen
ist bisher bei den mecklenburgischen Ziegelbauten ohne Bei-
spiel. Die Figuren sind einfach, wie es sich fir eine solche
Architektur ziemt, aber tief und wahr gefiihlt und zu dem Bau
vortrefflich passend. — Die bedeutendste Thatigkeit der Kunst
ist natirlich fir das Innere entfaltet. Die Kirchen im Ueber-
_gangsstyle, so auch die Rébelsche, sind nur niedrig, und da-
her und weil man die alten kirchlichen Formen beizubehalten
beschlossen hatte, war cine zweck- und stylgemasse Durch-
fiihrung mit besonderen Schwierigkeiten verkniipft, die jedoch
durch Kriiger sehr gliicklich tberwunden sind. Der Altar-
schrein wird nach alter Weise niedrig werden, so dass
das vergoldete Laubwerk der aus Holz geschnitaten Baldachine
in das gemalte griine Laubwerk der niedrigen und sehr schmalen
Fenster hinéinspielt. Die ganze Ostwand des Chors iiber dem
Altare wird an Schnitawerk, Oelmalerei und Glasmalerei ein
einziges, zusammenhingendes Kunstwerk werden. Tritt
man durch das mit dem gekreuzigten Christus gezierte Haupt-
portal, so hat man die Altarwand vor sich. Das Altarblatt
wird die Hinsetzung des Abendmahls darstellen, zu welchem
Lenthe gegenwirtig den fiir den niedrigen Raum berech-
neten Entwurf schafft. Die drei Fenster tiber dem Altare und
dem Altarbilde werden frei stehen und mit Glasgemalden
geziert werden, welche der auf diesem Gebiete sehr gewandte
und erfahrungsreiche grossherzogliche Glasmaler Ernst Gill-
meister zu Schwerin auszuftihren tibernommen hat, derselbe,
welcher vor einigen Jahren die drei grossen Fenster im Dome
zu Schwerin nach herrlichen Cartons von Cornelius gemalt hat
und gegenwirtig die 18 bekanntesten mecklenburgischen
Fiirsten fir die Fenster des Hofsaales in dem im Bau begrif-
fenen Residenzschlosse zu Schwerin nach Cartons von Schu-
macher ausfiihrt. Zu den Roébelschen Fenstern hat Lenthe so
eben die Cartons geliefert und ausgestellt: fiir das mittlere
Fenster den himmelfahrenden Christus, hoch, in ganz
lichtem Grunde, und in jedem der beiden Seitenfenster, nie-
driger, zwei Evangelisten in bedecktem Grunde. Die Com-
positionen sind meisterhaft: der siegende Christus klar und er-
haben, die Evangelisten paarweise eng an einander geschlossen
herrlich gruppirt, kraftig entworfen. Den Fuss der Fenster
fillt Weinlaub nach alter, symbolischer Weise; in demselben
stehen in kleinen Medaillons: unter Christus Maria (die Kirche
war der J. Maria geweiht), unter Matthius und Marcus Moses,
unter Lucas und Johannes Ev. Johannes der Taufer. So
bildet diese ganze Wand eine zusammenhingende Darstellung
der reinchristlichen Kirche, den Anfangs- und Schlusspunkt des
Erlésungswerkes. Dem Geiste dieser Arbeiten entsprechend
wird Kriger das Innere der ganzen Kirche durchfiihren, dessen
Ausbau im Ganzen auf 4 Jahre berechnet ist.