Aeltung
fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Organ
der deutSchen Kunstvereine.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Hitelberger v. Edelberg in Wien
		Ae 15.
	redigirt von Dr. EF. Begers in Berlin.
	Montag, den 15. April.
	er sein Leben in den Katakomben Roms. Am Kreuzgewdlbe
der Decke brachte Schraudolph vier Heilige an, die ebenso
durch ihr Leben (wie die beiden Stephane durch ihren Tod) fiir
Christus Zeugniss gegeben: Katharina von Siena, Johann von
Gott, Paul der Einsiedler und Elisabeth von Thiringen. Daran
reihen sich noch eine Anzahl Heiliger tiber dem Altar, denen
von Alters her hier eine besondere Verehrung gesichert war.

Der Nordchor ist dem heiligen Bernhard geweiht, und hie~
bei kam dem Maier der Umstand zu Statten, dass der genannte
Heilige im Dome zu Speyer selbst das Kreuz gepredigt und den
Kaiser Konrad Il. zum Kreuzzug bewogen hat, wodurch we-
nigstens eine Verbindung zu dem Ehrennamen der Kirche ,, Kai~
ser-Dom“ gefunden war. Schraudolph stellte die Ankunft des
heiligen Bernhard in Speyer und die Begriissung desselben durch
den Kaiser, sein Gebet vor dem Altar der Mutter Gottes, die
Ueberreichung des Kreuzbanners an den Kaiser, die Vision des
Heiligen und sein Abschied von Speyer in Verbindung mit einer
wunderbaren Heilung an einem kranken Knaben. — Unter den
Geschichten sind sodann noch angebracht die Bilder Kaiser Kon-
rads II., des Stifters vom Dom, und des heiligen Konrad, Bi-
schof von Konstanz; ferner des heiligen Laurentius und mit
Beziehung auf den gegenwirligen Wiederhersteller des Domes,
des heiligen Ludwig. Mit den vier Heiligen der Decke hat
Schraudolph die Beziehungen des Christenthums zur Familie (S.
Chlotilis), zum Staat (S. Heinrich, Kaiser), zur Kunst (8. Hil-
degard) und zur Wissenschaft (S. Chrysostomus) andeuten wollen.

Der Hauptchor ist, wie gesagt, mit dem Mittelschiff in Ver-
bindung gedacht. Die Bilder des Letzteren sind noch nicht ent-
worfen. Im Chor aber ist das Meiste vollendet; alle Darstel-
lungen beziehén sich auf Maria und zwar auf die Zeit nach dem
Verlust ihres Sobnes. Da folgen sich an den Seitenwanden des
Chors die Heimkehr der Maria von der Kreuzigung, in Beglei-
tung des Johannes; ihr Tod, ihr Begrabniss, ihre Aufnahme in
den Himmel. Um je zwei dieser Bilder sind acht Heilige ge-
stellt, in denen einestheils die Seligpreisungen der Bergpredigt,
anderntheils die Momente des Marianischen Lobgesangs bezeich-
net sind. Die Chornische wird zuoberst eingenommen von der
Krénung Maria; darunter stehen die zw6lf Apostel,.und unter
diesen, zwischen den Chorfenstern die vier Kirchenvater Augu-
stinus, Hieronymus, Gregorius und Ambrosius. Oberhalb der
Krénung folgen alsdann vier Ordensstifter, Franz, Ignatius von
Loyola, Benedict und Basilius. An der Decke des Chors ist
	Gott Vater dargestellt, umgeben von den neun Choren der Engel.
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	Stand der Kunst in Miinchen beim Beginn des Jahres 1850.
	Vou Dr. Ernst Forster,
(Vergl. No. 2. 7. und 13.)
	il.
Malerei.
(chluss.)

Johannes Schraudolph, im Auftrag des Kinigs Ludwig
beschaftigt mit der Ausmalung des Speyrer Doms, hat dies sehr
grosse Werk zur Hialfte geférdert und arbeitet mit seinen Ge-
hilfen an den Cartons zur Forisetzung desselben. Der Dom, in
seinen wesentlichen Theilen ein Bau aus der Schlusszeit der
romanischen Periode, bietet an den Wanden des Mittelschiffs
und der drei Chére, so wie in der Kuppel tiber der Kreuzung
ausgedehnte Raume fiir Gemalde. Bei Anordnung derselben
	hat sich der Kimstler durch die allgemeine Bedeutung der Kir-_
	che und durch die dreifache der Speyrer insbesondere teiten
lassen. Da sie den Namen der heiligen Jungfrau tragt, so wid-
mete er ihr die Wande des Mittelschiffs und den Hauptchor; die
Nebenchére sind einer Zahl anderer Heiligen geweiht und als
Kaiser~Dom muss die Kirche wenigstens das Gedachtniss an
die Kaiserkrone, die in ihren Mauern geglainzt, bewahren: dies
gab die Motive der Gemalde im Nord- und Siidchor. Der Auf-
blick zur Kuppel sollte sodann die Verbindung des alten und
des neuen Bundes, und darin die Gewahr der Ewigkeit der
Kirche finden. Den Schlussstein der Kuppel ziert das Symbol
des Lammes. In Beziehung darauf stehen in der Wélbung die
Bilder der vier grossen Propheten, die das Opfer voraus ver-
kiindet, und vier Begebenheiten, die als Vorbilder gelten: das
Opfer Abels, die Opferung Isaaks, die Speisung Abrahams durch
Melchisedech und das Manna in der Wiiste. Unterhalb der Pro-
pheten sind die sitzenden Gestalten der vier Evangelisten ange-
bracht. Der Maassstab ist colossal, die stehenden Gestalten der
Propheten messen 16 Fuss, und die sitzenden der Evangelisten
ebensoviel.

Der Stidchor ist dem Martyrer und dem Papst Stephan, der
nordliche dem heiligen Bernhard geweiht. Daher ordnete Schrau-
dolph fix den ersteren die Bilder aus dem Leben Stephans, des
ersten Blutzeugen, seine Weihe als Diaconus, sein Verhér vor
dem Hohenpriester und seine Steinigung. Wie dieser Heilige
den Kampf mit dem Judenthume, so reprisentirt der Papst glei-
ches Namens den Kampf mit dem Heidenthume; auf sein Gebet
stiirzt ein Heidentempel ein, und durch ein Heidenschwert endet