und anziehender machte. Leider anderten sich schon in der zweiten Halfte des 16. Jahrhunderts die Umstinde zu ihrem Nachtheil. Der Kunstgeschmack wurde ausschweifender, niich- terner, sinnlicher, die grossen religidsen und politischen Spal- tungen beschaftigten tiherwiegend die Gemiither, der Wachs- thum der Fiirstenmacht bei grésseren Landerbesitzungen und die Ausbildung der absoluten Regierungskunst, wenn sie den Reichsstidten auch noch nicht den Todesstoss gab, entzog ihnen doch nach und nach ihre edelsten Lebenskrifte, endlich kam der dreissigjahrige Krieg hinzu und alles dies machte die neue Zeit immer gleichgiiltiger, unempfindlicher, zerstérender fiir die alte. Obgleich nun auch in den Reichsstadten die allgemeine Nichtach- tung gegen Alterthum und friiheres Kunststreben dieselbe war, so blieben doch hier, wo sich die mcisten Denkmale desselben befanden, viele davon erhalten, mehr weil man sich gar nicht, als weil man sich mit Vorlicbe um sie bekiimmerte. Ebenso er- hielten sich hier die mit dem birgerlichen Handwerk mehr in Verbindung stehenden Kunstzweige, theils aus alter Anhéng- lichkeit an den miitterlichen Boden, theils wegen des leichteren Absatzes ihrer Produkte im Wege des noch immer regen, wenn gleich geschwachten Handels und Verkehrs dieser Stadte; aber die vornehmeren, wie Malerei und Skulptur, gingen den Re- sidenzen oder dem Auslande nach und schlugen daselbst vor- zugsweise den Sitz ihrer Thatigkeit auf. Auf Kéln hat die ent- schiedene Feindseligkeit und Strenge, mit der es unter vor- herrschendem geistlichen, ménchischen und jesuitischen Einfluss der Reformation und ihrem Fortgang entgegentrat und das Vor- herrschen der materiellen Interessen so nachtheilig gewirkt, dass es vom Ende des 16. bis 18. Jahrhunderts in Wissenschaft, Literatur und Kunst hinter andern Reichsstadten weit zuriick- geblieben ist und eine unerfreuliche Rolle spielt, obwohl Koln fast die einzige von ihnen war, die unter Religionsspaltungen und verwiistenden Kriegen rund umher, von Eroberung, feind- lichen Zerstérungen und Opfern frei blieb, die dem Wohlstand der meisten andern so schwere Wunden schlugen. Der kol- nische Patriotismus hat diesen Mangel durch Hervorheben der friiheren Kunstherrlichkeit daselbst zu ersetzen gesucht und der Enthusiasmus, den, als Kéln wieder an Deutschland kam, die ersten Entdeckungen des dortigen Reichthums an alten nieder- landischen Bildern, namentlich des Dombildes, so wie der Wun- derbau des unvollendeten Domes selbst, erregte, tst jenem Be- streben sehr zu Statten gekommen. Seit man aber mit der Blithe der flandrischen Malerei des 15. Jahrhunderts in den irefflichen Werken der Gebriider van Eyck und ihrer grossen Schiller naher bekannt geworden, hat sich die Warme fir die sogenannte kélnische Malerschule sehr abgekthit und da es den bisherigen Bemiihungen nicht gelungen ist, ihre ersten Meister ins Klare zu bringen, die folgenden sich aber bald in der eyck- schen verwandte und andre hollandische und belgische Rieh- tungen verlieren, so lasst sich das eigenthiimliche Dasein einer kélnischen Schule kaum noch und nur als eine bald verschwin- dende Erscheinung geltend machen. Es ist viel von Aufschliis- sen tiber sie gehofft worden, welche aus der uralten Hypothe- ken- oder Schreinseinrichtung daselbst und deren weit in die Vorzcit zuriickgehenden Registern, so wie aus dem dorligen Maler-Zunftbuche, wenn solches wieder aufzufinden ware, wtr- den zu schépfen sein, zumal da die Birgeraufnahme-Bicher bis zum 17. Jahrhundert nicht mehr vorhanden und aus den rathhauslichen Archiven schon friher weggekommen sind. Der Verfasser giebt zwar in den Zugaben I. und IL seines Werkes zwei Kinstler-Verzeichnisse aus jencn Quellen, die aber den Erwartungen wenig entsprechen. Das erste Verzeichniss ist aus cinem Zunftbuch des Maler- amts bis 1794 entnommen, aber dieses beginnt erst mit 1622 und ist aus einer andern Handschrift bis 1600 zurtick erganzt. Bei den Namen ist das Datum der Einschreibung in die Zunft bemerkt, jedoch nicht angegeben, ob sie Malern oder andern Kinstlern angehéren. Aus letzterer Handschrift werden auch noch die Namen von 1527 bis 1600 gegeben, welche darin aus iilteren Registern, jedoch blos alphabetisch ohne alles nahere Datum tibernommen sind. Ueber die Einrichtung der kélnischen Malerzunft wird nur beildufig in ciner Note S. 460 nach Wallraf gesagt, dass dazu ausser den Malern, auch Bildhauer, Glas- macher, Sticker, Teppichmacher, Fahnenschneider u. dgl. ge- hért hatten, ja wir erfahren nicht cinmal, ob das Amtsbuch Original oder Abschrift und wie letztere beglaubigt ist. Die Zugabe Il. enthalt einen Extract aller Kiinstlernamen, die von 1056 an bis 1614 in den Schreinsbiichern und andern im landgerichtlichen Archiv befindlichen Urkunden vorkommen. Ich habe aber darin unter beinahe 500 Namen nur 16 von Ma- lern gefunden. Desto grésser ist die Anzahl der Goldschmiede, Waffenschmiede, Steinmetzen u. a. Der Verfasser sagt in der Vorrede, es sei damit die reiche Quelle der alten Schreinsur- kunden keineswegs erschépft und wirklich mtissen die alten Schreine entweder sehr gepliindert worden sein, wie denn auch von vielen Urkunden aus denselben in Privathinden die Rede ist, oder die von einem Gerichts~Auskultator, wie es scheint, blos gelegentlich andrer Forschungen gemachten Extrakte mis- sen sehr unvollstandig sein. So kommen, nach einer mir vor 30 Jahren in Kéln gewordenen authentischen Mittheilung, im Scrinium Columbae, lata platea folgende Malernamen vor: Rein- kinus {367, Petrus dictus Grone 1367, Reynardus et Durginis uxor ejus 1368, Wilhelmus de Herle et Jutta uxor 1371, Herm. dictus Heffenmenger et Mette uxor 1372, von welchen der hier gegebene Extrakt nur den P. Grone unter 1381 — 1409 und H. Heffenmenger unter 1326 aus andern Schreinsbiichern ета. Ueber die altesten Maler der kélnischen Schule und deren Werke hat der Verfasser das von andern Kunstschriftstellern, als Fr. Schlegel, Wallraf, Passavant u.a. Gesagte gut, nur oft zu weillaufig zusammengetragen, ohne indess neue Aufklarungen hinzuzufiigen. Selbst die Namen, welche einigen derselben ge- geben werden, sind unsicher. Am wahrscheinlichsten ist noch, dass der Meister Wilhelm, der nach der Limburger Chronik beim Jahr 1380 der beste deutsche Maler damaliger Zeit war, derselbe Wilh. v. Herle gewesen sei, den die hier wortlich ab- gedruckten Schreins-Urkunden von 1370 und 71 nennen. Bei Meister Stephan, der auf den Grund der Diirerschen Reisenotiz, er habe sich in KéIn die von Meister Steffen gemachte Tafel aufschliessen lassen, fiir den Meister des Dombildes gilt, macht der Verfasser von einer Stelle in M. Quad’s ,Herrlichkeit deut- scher Nation eine ganz unhaltbare Anwendung auf jenen. Quad erzihlt, dem Diirer sei auf seiner niederlandischen Reise in einer gewaltigen und namhaften Stadt, die jener nicht nen- nen will, ein ausnehmend schénes Bild gezeigt und ihm, als er es nicht genug bewundern konnte, gesagt worden, der Maler sei im Spital gestorben, um ihm damit die Armseligkeit des Kinstlerge~ werbes zu verstehn zu geben, worauf Diirer aber in einer derben Antwort den Vorwurf auf die Rathsherren, die einen solchen Mann verschmachten liessen, zurtickgeschoben habe. Dieses Geschichtchen, welches, wenn etwas daran ist, wohl eher auf Briigge und Hemling, der hier nach einer Tradition als kranker Soldat ins Spital gekommen sein soll, zu deuten ist, wird nun auf Kéln und Meister Stephan bezogen und aus der angeblichen Armuth des letzteren erklart, warum sein Name weder in den Schreinsbiichern, noch in andern das Eigenthum betreffenden Ur- kunden zu finden sci, welches letztere freilich fir die Behauptung, dass er ein kélnischer Maler gewesen, cin verdriesslicher Um-