dinn ist erfreut herbeigeeilt, die Kinder schmiegen sich an sie an, die Eltern bezeigen ihre Theilnahme, von der Seite eilt ihr Mann herbei. Ausdrucksvoll und malerisch angeordnet, wie diese Gruppe ist, haitten wir ihr nur noch etwas grissere Kraft in der Modellirung gewiinscht. Auch in der Gasammthaltung des Bildes filhlt man das Studium der Fresken, freilich zugleich mit den daraus entspringenden Vorziigen, durch. Auf der entgegen-— gesetzten Seite stéren die ziemlich in einer graden Linie hinge- siellten K6épfe der Alten und der Hascher, welche sie fortfiihren sollen. Uns an dem Geleisteten erfreuend, welches ein so ernstes Streben darlegt, wollen wir allerdings nicht laugnen, dass der Kiinstler durch ein lebendigeres Hereinzichen des Volkes in die nicht bloss 6ffentlich vor ihm vorgehende, sondern mit durch das- selbe vollbrachte Handlung noch manches wirksame Motiv hatte gewinnen kénnen. Allein es ist auch kein Mangel an den zur Handlung nothwendigen Figuren, von denen wir noch als schon und gelungen den jugendlichen Daniel und einige der altern Richter hervorheben. Das Bild macht den wohlthuenden Eindruck eines mit liebevollem Fleisse durchgefuhrten Werkes, (Fortseizung folgt.) Е. Е. Nachiraége zur zweiten Ausgabe von Kugler’s Handbuch der Geschichte der Malerei, vornehmlich in Beziehung auf Deutschland, und ganz besonders auf Béhmen. У\Уоп &=. Ш. Wasgen. А Zur deutschen und béhmischen Malerei von 1100—1350. (Schluss.) Prage (sic) anno domini millesimo, trecentesimo duodecimo sexto kalend. septembris.“ und darauf Tytulus (sic): Hic est clipeus, arma et insignia invictissimi militis, qui cognominatus est victor cum quinque vulneribus, fultus lancea, decoratusque corona. Die Seite gegentiber enthalt demgemiss in einem gros- sen Wappen in farbiger Ausfiihrung in der Mitte das Kreuz, umher alle Passionswerkzeuge. In den nun folgenden Bildern wallet in den Képfen im Ganzen noch der Typus des 13. Jahr- hunderts vor, indess mischen sich schon manche individuelle Ziige ein. Die Verhaltnisse sind meist gut, die Formen, mit Ausnabme der nur wenig mageren Unterbeine und Arme, von natirlicher Fille und guter Zeichnung. Besonders setzt die Freiheit und Lebendigkeit der Bewegungen, das Gelingen schwie- riger Verkiirzungen in Verwunderung. Die Gewander sind in dem gothischen Geschmack, héchst edel und in breiten Massen geworfen. Einige Bilder verrathen indess eine schwachere Hand. Die Umrisse sind mit der Feder gezeichnet, Schatten und Halb- tone leicht in Farben mit dem Pinsel angegeben; in den Lich- tern ist das Pergament benutzt, welches auch durch die nicht deckenden Farben durchschimmert. Das Fleisch hat einen hell- bréunlichen Ton. Ich kann hier nur die, wegen cigenthiimlicher Erfindungen und Motive, merkwiirdigsten Bilder hervorheben. Die Seite 3.b. enthalt auf der Halfte nach der Aussenseite in sechs Vorstellungen die Parabel von Christus und der Kirche, als Brautigam und Braut. 1. Christus, als schlanker Jiingling von Zierlichem Gesicht, vermahlt sich durch den Ring mit der gekronten Braut. 2. Ein Mensch ven individuell-verruchten Ziigen mit der Beischrift ,,Latro“ tberreicht der thronenden Kirche einen mir undeutlichen Gegenstand, womit er sie, wie die Inschrift ,,deceptio sponsae“ besagt, beriickt. 3. In Folge davon hat er ihr die Augen verbunden und stiésst sie in einen Kerker, woraus Flammen schlagen. 4. Christus hier als Ritter zu Pferde, auf dessen Schild das rothe Kreuz, rennt jenen Rau- ber mit der Lanze durch den Hals. Er sitzt vortrefflich zu Pferd, das Pferd selbst aber ist in Zeichnung und Wahrheit der Bewegung mit dem fliegenden Schweif unbedingt das Beste, was ich bisher aus dieser frihern Zeit gesehen habe. 5. Der Brau- tigam holt die Braut aus dem Flammengefangniss. 6. Er setzt der Thronenden wieder die goldne Krone auf. Blatt 4.a. ent- halt, wieder nach dem Seitenrande zu, Gott Vater, ganz im Mosaikentypus Christi und mit dem Kreuzesnimbus, wie er, die Rechte segnend erhoben, in der Linken den Kopf der Eva hiit, von welchem die aus dem Adam gezogene Rippe noch an den Leib desselben stésst. Der schlafende Adam ist aber in Zeich- nung, in Wahrheit und Bequemlichkeit der Bewegung eine Fi- gur, welche sich in diesen Sticken mit jeder des gleichzeitigen Giotto dreist messen kann. Das Gewand des Gott Vater ist nicht minder vortrefflich. Nach der Verstossung aus dem Ра- radiese ist mir die Vorstellung Bl. 5.a. neu, dass der Teufel (Belial rex), in menschlicher Gestalt mit langen Zotten, indem er sehr ausdrucksvoll héhnisch die Zunge herausstreckt, Adam und Eva mit verbundenen Augen in das Flammengefangniss treibt. Die Gebelirde des Ungliicks in Adam ist wieder so sprechend, wie sie nur bei Giotto vorkommt. Bei der Geburt Bl. 5.b., hat es etwas Herziges, dass das Kind der neben ihm auf dem Bette liegenden Maria die Hand reicht. Bei der Ge- fangennehmung Christi, Bl. 6.b., ist seine Stellung eben so wir- dig und demiithig, als Bildung und Ausdruck eines verspotten- den Juden individuell. Merkwiirdig ist die Darstellung BI. 7.b., wo Christus der knieenden Aebtissinn Kunigunde seine Wunden zeigt mit der Beischrift: ,, Aspice vulnera sevaque verbera quae toleram,“ und sie darauf erwidert: ,,Fili Christe Dei tu mise- rere mei.“ Die Kreuzigung findet sich zweimal vor. Das erste- mal, Blatt 8.a., erscheint der mit drei Nageln befestigte Chri- 20* Emen glanzenden Beweis ftir die hohe Ausbildung, zu wel- cher die Malerei in Béhmen schon bald nach Anfang des 14ten Jahrhunderts, mithin noch vor der Zeit Kaiser Carls IV gelangt war, liefern die zahlreichen Miniaturen in einem Passionale der Prinzessin Cunigunde, Aebtissin des Klosters von St. Georg zu Prag, auf der dortigen Universitatsbibliothek, welches von dem Dominicaner Colda verfasst und ihr gewidmet worden ist. Da diese Aebtissin eine Tochter des Kénigs Ottokar IT von Béhmen war, so kann man fiiglich annehmen, dass hier einer der ge- schicktesten béhmischen Kiinstler seiner Zeit verwendet worden ist. Leider ist dieser kostbare Codex in gross Quart zwar nur noch ein 36 Blatter enthaltendes Fragment, doch dirfte das Feh- lende dem ganzen Inhalt nach schwerlich noch Bilder von Be- deutung enthalten haben. Das Titelblatt, Bl.1.b., stellt die in ihrer schwarzen Ordenstracht thronende Aebtissin, leider mit verwischtem Gesichte, vor, wie sie die Hand nach dem ihr von dem kleinen, knieenden Colda dargereichtem Buche ausstreckt. Dabei die Inschrift: Chunegundis abbatissa monasteris sancti Georgi in castro pragensi serenissimi boemie regis domini Ot- tocari secundi filia. Neben ihm:.Frater Colda lector de santo (sic) Clemente ordinis fratrum predicatorum egregius dictator hujus libri.“ Hinter ihm eine noch kleinere Figur mit der Bei- schrift: Benessius, canonicus St. Georgii scriptor ejusdem libri.“ Ueber dem Haupt der Aebtissin zwei Engel, welche die kénig- liche Krone halten. Dariiber ein Traghimmel, wordber in der Mitte das Wappen des Klosters, der heilige Georg zu Pferde mit einem rothen Kreuz im Schilde, rechts das béhmische Wap- pen, der weisse Lowe im rothen Felde, links das Wappen des heiligen Wenzel, ein schwarzer Adler im weissen Felde. Zur Linken der Aecbtissin neun Nonnen mit der Ueberschrift: Prio- rissa cum conventu, und ein ebenfalls als Nonne gekleidetes Kind mit dem mir undeutlichen Namen und ,,perclita dominae abbatisse filie (sic) regis gnava.“ Auf der Seite gegeniiber die Dedication, am Ende derselben auf der folgenden Seite: Datum