Von Band III. sind angefangen und nur theilweise beendigt:

a. Militair~ Baukunst; b. Privatleben in Schléssern, Stad~
ten und auf dem Lande; c. Ceremoniel der Kirche, des Adels
etc.; d. Waffen zum Schutz und Trutz, Feuerwaffen; e. heim-
liche Gerichte.

Man ersieht aus dieser Eintheilung, dass die Redaction des
Werks sich eben nicht an ein strenges System gebunden, son-
dern die Abhandlungen, wie solche von den einzelnen Mitar-
beitern vollendet waren, in irgend eine Abtheilung, so gut es
gehen wollte, eingeschaltet hat. Die Mitarbeiter haben sich ihre
Aufgaben, hinsichtlich des Textes, bald mehr bald minder leicht
gemacht. Einzelne Abhandlungen, wie jene tiber die Juden,
von Depping, tiber Aberglauben und Spielkarten, von Lacroix,
uber Zigeuner, tiber Schifffahritskunde, von Jal, tiber Romane,
von P. Paris, itber Militair-Baukunst von Merimée u. a. sind,
vom franzésischen Standpunkte aus, griindlich bearbeitet, so
weit es der enge Raum des Unternehmens gestattete. Andere
Artikel sind ausserst lickenhaft, blos auf oberflachliche Salon-
Lectiire berechnet und enthalten durchaus nichts Neues. Der
Leser, welcher sich tber irgend einen Gegenstand genau 2u
unterrichien vermeint, wird sich gewaltig tauschen. Im nich-
sten Conversations - Lexicon findet er manche Gegenstiinde bes-
ser behandelt. Der Verfasser des Artikels iiber heimliche
Gerichte, ist véllig in eine terra incognita gerathen und hat
kaum einen Begriff von dem Wesen der Vehme. Er nimmt an,
dass das Land der rothen Erde sich sogar tiber die ganze
Didzese Utrecht erstreckt habe. Die sofortige Bestrafung ei-
nes, von drei Freischéppen, auf frischer That betroffenen Ver-
brechers, d. h. nach dem Ausdrucke der Rechtsquelle: ,,mit
hebender Hand, blinkenden Scheines und gichtigen
Mundes* wird tibersetzt ,,ayant la main garnie et la bouche
emprisonnée“!! Die deutschen Orts— und Personen~Namen hat
der Verfasser so verdorben und verstiimmelt, dass er dieselben
mit Recht: ,,un peu barbare, de nature & effrayer le lecteur le
plus intrépide,* пеши.

Der Artikel: Waffen, so weit er bis jetzt vorliegt, um-
fasst hauptsichlich nur das franzdsische Waffenwesen.

Der Artikel: Tapeten, von Jubinal, ist sehr dirftig, mit
steter Berufung auf sein Werk: ,,les anciennes tapisseries hi-
storiées, “.

Was nun die artistischen Beigaben betrifft, so sind diesel-
ben grosstentheils befriedigend gefertigt. Die zwischen Text
eingedruckten grésseren und kleineren Holaschnitte, Anfangs-
buchstaben und Randverzierungen aus seltenen Handschriften,
kleinere Kunstsachen etc. darstellend, sind vorztiglich geschnitten.
Die chromolithographischen Blatter geben Miniaturen, Gemilde,
Emaillen, Holzsculpturen, Metallarbeiten, Costiime etc. mit gros-
ser Treue wieder und gehéten zu den besten Werken dieser
Art. Dieser artistische Theil des Werks steht, wie bereits
oben bemerkt ist, unter der Leitung von F. Seré. Es ist je-
doch zu bedauern, dass die Kunstblatter, ohne alle Riicksicht
auf den beschreibenden Text gefertigt und in demselben nicht
einmal erwahnt werden. Wie es scheint, werden die Gegen-
stinde, wie sie sich vorfinden und der Abbildung werth er-—
scheinen, abgebildet, alsdann mit irgend einer Rubrik der in —
das Werk aufgenommenen Abhandlungen versehen und ausge-
geben. Und diese Blatter mit dem Werke selbst einigermassen
in Verbindung zu bringen, miisste am Schlusse eine beschrei-
bende Uebersicht der dargesiellten Kunstgegenstande folgen.
Mitunter kommen auch st6rende Irrthimer vor. So sind eine
Anzahl Buchstaben aus dem hdchst seltenen, in Kupfer gesto-
chenen Alphabet des deutschen Meisters E. 8. von 1466, als
Copieen von Holzschnitten, in der Unterschrift der Blatter
angegeben. Bei den, zwischen dem Text abgedruckten Holz-
	stocken, mit schonen Initialen und Randverzierungen, waren
die Farben anzugeben gewesen, worauf es bei derartigen Ma-
lereien doch sehr ankommt. Unter den Holzschnitten befinden
sich eine Anzahl von Copieen nach Darstellungen aus Schedels
Chronik von 1493, nach Blittern aus einem Flavius Josephus,
in T. Stimmers Manier und nach den Darstellungen der Hand-
werker von J. Amman, welche weder selten, noch wichtig ge-
nug sind, um aufgenommen zu werden. Die verkleinerten Co-
pieen von Dirers h. Hubertus und von Meckenen’s Tanz der
Herodias, sind zwar gut gestochen, indessen zeigen sie weder
die Technik noch den Geist dieser Meister. Eine Anzahl schon
chromolithographirter Costumebilder sind aus von Hefners
Trachtenbuch, ohne Angabe der Quelle copirt. Bei diesen
Gegenstanden findet sich blos deren Herkunft und diese noch
zuweilen unrichtig nachgewiesen, damit es den Anschein ge-
winne, als seien diesclben unmiltelbar nach den Originalen ge-
zeichnet, Andere Gegenstinde sind aus Becker’s und von
Hefners Kunstwerke und Geradthschaften des Mit-
telalters, ebenfalls mit Verschweigung der Quelle copirt.
Ein aus diesem Werke eninommenes Reliquiengefass, wovon
das Original auf der Veste Marienberg existirt, ist als ein
Kelch, auf dem Schlosse Mainberg befindlich angegeben.
Der Cepist hat dabei die am Fusse des Gefiisses angebrachten
Eidechsen in nichtssagende Schnérkel verwandelt. Zwei Léffel,
wovon einer mit Tunschirarbeit, im Besitze des Verfassers die-
ses, sind als im Rathhause zu Liimeburg vorhanden, angegeben.

Als sehr gelungene chromolithographische Abbildungen
merkwtirdiger Gegenstinde, verdienen folgende Blatter hervor-
gehoben zu werden.

I. Kunstwerke in Metall. a. Merkwirdiges Reliqua-
rium, reich mit Edelsteinen verziert, aus dem XII. Jahrhundert,
in Ambazac; b. ein anderes von 1444, in Limeburg; c. sehr
interessante Bicherdeckel aus dem XI. und XIII. Jahrhundert,
ehemals in der Ste. Chapelle zu Paris; d. ein emaillirtes Salz-
fass von Pierre Rexmon; e. die emaillirte Grabesplatte des
Geoffroi Plantagenet, genannt: le bel, vom J. 1113, in der Ca-
	.thedrale zu Mans; f. eine gravirte Grabesplatte in der Kirche
	zu Minster auf der Insel Sheppey; g. voratiglich schéner Tafel-
aufsatz von vier Kriegern getragen, in zwei Blattern, auf dem
Rathhause zu Liineburg; h. ein Niello auf ciner Buchdecke,
aus der Ste. Chapelle; i. eine Anzahl schén verzierter Uhrge-
hause; k. mehrere eciserne Kastchen mit Gravirung und schéne
Schlosserarbeiten aus dem XY. Jahrhundert.

Il. Kunstwerke aus Holz. Altire mit Schnitzwerken,
aus Paris, Gent etc., Chorstiihle und Schreine aus Paris, Céln
und Antwerpen, Bettstellen und anderes Gerathe.

Ш. Riistungen und Waffen, aus der Armeria in Ma-
drid und aus dem Musée dartillerie in Paris, u. a., die Ri-
stungen Carls V. und Gonsalvo’s von Cordova, der sogenannte
Sattel des Cid, ein getriebener Schild und Sporn aus Madrid,
das Schwert Franz 1. vom J. 1526, aus Prag.

IV. Glasgemalde, aus Mans, Auxerre, Rouen, Evreux,
Troyes, Chalons, Bourges, Canterbury, Freiburg, Strasburg,
Céln etc., worunter ausgezeichnete Arbeiten.

У. Costime aus verschiedenen Landern und Zeiten, zum
Theil aus andern Werken copirt, u. a. 17 Figuren und eine An-
zahl Schmucksachen aus v. Hefners Trachtenbuch.

Es ist zu bedauern, dass die Redaction des Werks, wel-
cher grosse Mittel und namhafte Mitarbeiter zur Seite stehen,

keine sorgfaltigere Auswahl des Materials trifft, woran es bei
den in Frankreich und in den Nachbarlaindern zahlreich vor-

handenen Sammlungen mittelalterlicher Kunstwerke, nicht fehlen
kann und sich nicht lediglich auf bisher unedirte Gegenstainde