risches und werthvolles Genrebild, das an sich den Gedanken
einer geistreichen, heitern Tischgesellschaft an fiirstlicher Tafel
und in den Raumen eines kéniglichen Schlosses auf’s gelun-
genste wiedergiebt, nicht zu rechnen, dass wir an den Gesich-
tern der Gegenwartigen lebendig aufgefasste Portraits merkwtir-
diger und beriihmter Personen, an der ganzen Umgebung und
allem Beiwerk bis in’s kleinste Detail einen vollen Griff in die
Zeit, einen feinen Moment aus dem Hofleben des Philosophen
yon Sanssouci haben. Die witzige Bemerkung, welche Voliaire,
gegen seinen kéniglichen Freund gewendet, so eben ausspielt,
beschaftigt einen Theil der Tafelrunde. Wahrend der nachste
Nachbar des geistreichen Gastes den wohlgesetzten Worten des-
selben unbewusst mit den Lippen nachfolgt, muss sich von drii-
ben der wackere, lachlustige Keith Mihe geben, sie ebenfalls
mu héren, denn neben ihm beweist ein gleichfalls heiteres Ge-
sprach der Zunachstsitzenden, dass die sprudelnde Unterhaltung
aus mehr als einer Quelle munter strémt. Durch die gedffnete
Thir sieht man in den zierlichen Garten von Sanssouci. — Die
Arbeit in dem Bilde ist trotz aller Leichtigkeit, man mdchte
sagen, trotz der witzigen Behendigkeit, womit sie hingeworfen
zu sein scheint, bis in’s Geringfiigigste gewissenhaft und sorg-
sam; die Farbung, welche tiefe Schatten vermeidet, entfallet in
dem hellen Ton, worin das Ganze gehalten ist, cine so reiche
Niancirung, dass man glaubt, es habe sich auch der Beleuch-
tung etwas von dem geistigen, feinen Wesen, von dicsem hei-
tern Spiel des Witzes mitgetheilt, das in der Tischgesellschaft
so gliicklich zum Ausdruck gekommen ist.

Rechlin hat, gestiitzt auf friihere glickliche Bestrebungen
in der Schlachtenmalerei, den Moment nach der Schlacht bei Kulm,
wo den Siegern die gefangenen franzésischen Generale und die
eroberten Kanonen und Fahnen vorgestellt werden, in lebens-
erossen Dimensionen ausgefiihrt. Die Aufgabe des Sclilachten—
malers hat der Kiinstler durch kecke Behandlung und lebhaften
Ton gliicklicher geléset, als die des Historienmalers. Dafiir
zeugen besonders die mit tichtiger technischer Bravour durch-
gefiihrten Details des Vordergrundes. Die Helden der Напа-
lung indessen, Kaiser Alexander und Kénig Friedrich Wilhelm Ш
gegeniiber dem Vandamme und seinen Mitgefangenen, haben
alle miteinander mehr oder weniger etwas sehr Steifes und Un-
begeistigtes. Durchaus misslungen in der Charakteristik scheint
uns der zuerst genannte First, der ohnedies, obwohl direkt
von dem Gefangenen angeredet, ganz theilnahmlos und nichts-
sagend aus dem Bilde herausreitet. Es fehlt dem Bilde an gei-
stiger Belebung, es macht einen panoramenhaften Eindruck.
Nicht sorgfiltig genug komponirt erscheint der Miltelgrund.

Vor dem Muthe einer Dame, Fri. Clara Oenicke, sich an
einen geschichtlichen Stoff in lebensgrosser Ausdehnung zu wa-
gen, haben wir allen Respekt, erkennen auch bereitwillig in
dem Bilde, welches die Verséhnung Karl’s des Grossen mit dem
erblindeten Herzog Thassilo vorstellt, eine gute Farbe, eine
fleissige, solide Ausfithrung, welche in Einzelheiten glicklich
und gelungen zu nennen ist; allein, ganz abgesehen davon,
dass wir das dramatische Gebiet auch in der Malerci fiir cine
ungeeignete Sphare der Damen halten, so scheint uns im Be-
sondern dieser interesselose Stoff ein Fehlgriff, ftir den wir hier
auch nicht etwa durch ein durchgedrungenes kulturgeschicht-
liches Studium entschadigt werden. (Forts. folgt.) FF. E.
	Zur Kunde der altesten Kupferstecher und ihrer Werke.
Von J. D. Passavant.
	Mit vielem Interesse werden die Freunde der alfdeutschen
Kupferstiche die Mittheilungen des Herrn Sotzmann gelesen
	der Maler Eduard {If vor Calais citirt zu werden. Seit 1647,
wo er mit dieser Leistung hervortrat, haben wir gréssere Ar-
beiteit von ihm nicht gesehen. Nachdem er die Ausstellung von
1848 niit einigen Bildern beschickt hatte, die, aus dem Gebiet
des Genre genommen, in bravowrmassiger Durchfihrung zugleich
mehr Studien des Lichteffects zu sein schienen, erblicken wir
ihn jetzt wieder auf dem Gebiete, Гаг welches ihm nach unse-
rem Erachten sein Talent den Heimathsschein ausgestellt hat,
dem der Historienmalerei. Denn wir rechnen ,, Wallenstein und
Seni bei ihren astrologischen Studien“, ein Kniestiick, zu den
geschichilichen Bildern. Schiller bereitet die Erscheinung dieses
„т der Geschichte schwankenden Charakterbildes “ durch die
Schilderung des Lagers, seiner Schaubiihne, vor. Der Maler
sucht den rathselhafien Mann, tber dessen Unschuld und Schuld
noch nicht das letzte Wort geredet ist, da auf, wo er sich die
Bestitigung zu Beiden geholt hat, da, wo er sich yom Schicksal
die Rolle geben liess, die er zu spielen hatte — auf der Stern-
warte. Wiissten wir’s nicht von der Biihne, iber die wir den
Gewaltigen so oft haben schreiten sehen, wir wiirden aus dic-
sen unheimlichen Augen, aus diesem blassen, gefurchten Ant-
litz, von dem der Ehrgeiz die innere Ruhe hinweggenommen
und dafiir die dussere hineingelegt hat, wir wiirden an dieser
zusammengenommenen Haltung bemerken, dass wir es mit dem
Ungewéhnlichen zu thun haben. Der stets Gegiirtete und Ge-
riistete sitzt in der Kleidung des Kriegers und Herzogs vor dem
Pulte mit dem Folianten. Ey ist nur eben von der Kriegsar-
beit hereingetreten, hat nur einen Handschuh ausgezogen und
den rothbefederten Hut ther den Stuhlpfosten geworfen. Seni
lehnt tiber den Globus, .der neben dem Folianten steht,
und bringt den vorbereiteten Aspect vor Aug’ und Ohr des
Herrn. Der Astrolog ist von etwas orientalischem Typus mit
kleinen, rothgewachten Augen und gutmiithig tiefsmnigen, doch
etwas unheimlichen Ztigen. Man sieht, dieser Stoff ist seem
Wesen nach mehr Situation als Handlung, aber es ist dem
Ktinstler durch die lebendigste Charakteristik, durch die posi-
tive Wahrheit seiner Dichtung gelungen, ihn dramatisch wirk-
sam vorzutragen. Man fiihlt sich mit hineingezogen in den
Ideenkreis des gribelnden Mannes. — Was die Farbung anbe-
trifft, so abstrahiren wir aus Schrader’s Werken folgende Ent~
wickelung. In Edward III wiegte er sich in einer Farbenprach-
tigkeit, welche erfreute, ja entziickte, in den schon erwahnten
Bildern der vorigen Ausstellung ging er in den Schein und
Klang der Farben bis zur aussersten Linie des Statthaften. In
dem gegenwartigen Gemalde kehrt er zu einer kraftigen Rea-
litét zuriik, welche, unterstiilzt durch ein sorgsames Studium
des Kostims der Zeit, der Gegenstinde, selbst bis zu dem un-
bedeuténdsten herab, von der gréssten Wirkung ist. {Ohne
Schrader’s Talent fiir das Portrait- und Genrefach zu verken-
nen, kénnen wir doch den Wunsch nicht unterdriicken, ihn
vorzugsweise auf dem Gebiete der geschichtlichen Malerei be-
schaftigt zu sehen.

Adolf Menzel hat sich durch ein fleissiges Studium und
die geistreiche Anwendung desselben als Illustrator so durch-
aus in die Zeit Friedrichs des Grossen hineingearbeitet, dass
er in Bezug auf den ganzen dussern Apparat derselben als Auto-
ritét betrachtet werden kann. Rechnet man hierzu sein gleich-
zeitig beurkundetes Kompositionstalent und seine frappante Art
der Charakteristik, legte er ferner in seinen kleineren Genre-
bildern und Oelskizzen das Zeugniss ab, dass er auch die Far-
bentechnik in seiner Gewalt und einen lebhafien Sinn fiir die
Wirkung derselben habe, so liess sich Bedeutendes von dem
angezeigten Bilde: ,,Friedrich der Grosse unter seinen Freunden
und Gesellschaftern“ (1750) erwarten. Darin sind ‘wir nun auch
nicht betrogen worden. Es ist ein héchst anziehendes, histo-